Auf dem Platz schon voller Selbstvertrauen, abseits davon noch etwas schüchtern. „Erst einmal freut es mich, dass ich der Mannschaft helfen konnte“, sagte Paul Wanner nach Heidenheims 2:0 gegen St. Pauli mit leiser Stimme - im Fußball längst eine typische Floskel.
Bei ihm schaut Bayern genau hin
Dass sein Tor, welches das Team nach 66 Minuten in die richtige Bahn lenkte, aber ein ganz spezielles war, wollte er dann doch nicht verheimlichen. Immerhin war es sein erstes in der Bundesliga.
„Es ist daher schon ein besonderes“, meinte der 18-Jährige, der im Anschluss einen Tick forscher wurde und seine wichtige Rolle beim neuen Arbeitgeber betonte: „Das ist mein Anspruch. Ich will mich auch weiterentwickeln.“
Und das klappte bereits so gut, dass FCH-Coach Frank Schmidt regelrecht ins Schwärmen geriet. „Er hat ein sehr gutes Passspiel, auch ein gutes Auge, und fußballerisch ist er schon auf einem sehr hohen Niveau“, sagte er über die Leihgabe des FC Bayern München.
Schmidts Worte über seine neue Nummer zehn wundern nicht, ging für Wanner doch eine perfekte erste englische Woche zu Ende. Schon im Pokal trug sich der Youngster, letzte Saison an die SV Elversberg in der 2. Bundesliga ausgeliehen, wo er restlos überzeugte, in die Torschützenliste ein.
Bei der Europapokal-Premiere der Heidenheimer am vergangenen Donnerstag saß er zwar auf der Bank, durfte aber den 2:1-Erfolg bei BK Häcken in der Qualifikation zur Conference League bejubeln. Und nun schoss Wanner seine Farben auch noch zu den ersten drei Punkten in der Liga.
Wanner: Eines Tages bereit für den FC Bayern?
Natürlich sehe Schmidt bei Wanner noch einiges an Verbesserungspotenzial, vor allem körperlich. So müsse er bereit sein, „mit Rückschlägen umzugehen“, genau deswegen bekamen sie in Heidenheim jedoch den Zuschlag. In der Vergangenheit stellte der Klub bereits unter Beweis, Spieler in diesem Bereich weiterentwickeln zu können. Schmidt wünsche seinem Schützling, dass er seine Chance wahrnehme und „irgendwann den nächsten Schritt gehen kann“, sagte er.
Es sei überaus wichtig, sowohl mental als auch athletisch die nötige „Widerstandsfähigkeit“ zu erhalten, um dauerhaft auf oberem Niveau zu agieren. Auch Wanner ist bewusst, dass das Ende der Fahnenstange längst nicht erreicht ist. „Ich glaube, im gesamten Defensivverhalten habe ich noch Luft nach oben“, sagte der Neuzugang: „Aber auch dabei, Verantwortung zu übernehmen. Das ist hier ein guter Verein.“ Ob ihm das langfristig gelingen wird, werden nicht nur Schmidt und die restlichen Heidenheimer genau beobachten, sondern auch der FC Bayern.
Man werde ihn „weiter eng begleiten“, teilte Bayern-Sportdirektor Christoph Freund im Rahmen des Leihgeschäfts an Heidenheim mit. „Paul Wanner entwickelt sich kontinuierlich weiter, ist bei Elversberg auf viele Einsatzzeiten gekommen, hat Tore und Vorlagen gemacht und ist bereit für das nächste Level. Jetzt lautet das Ziel, sich dauerhaft das Niveau in der ersten Liga anzueignen.“
Auch Wanners Ziel ist klar definiert: eines Tages bereit zu sein für den FC Bayern. Sein Vertrag in München läuft noch bis 2027. Er stammt aus der Jugend des Rekordmeisters, für den er 2022 als bis heute jüngster Spieler der Klubhistorie mit 16 Jahren und 15 Tagen in der Bundesliga debütierte.
Es folgten noch fünf weitere Kurzeinsätze - weshalb auch die Nationalmannschaften früh auf ihn aufmerksam wurden. Da Wanner sowohl die deutsche als auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, kann er sich zwischen diesen beiden Nationen noch entscheiden.
Wanner früher auch in der Kritik
Wegen von Adduktorenbeschwerden und einer Zahn-OP war Wanner zunächst gar nicht einsatzfähig. Im Trainingslager während des Sommers gab es dann einen Einlauf seines Trainers. Nachdem sich Wanner auf engem Raum zwei, drei leichtsinnige Aktionen erlaubte, schimpfte Tuchel: „Paul, du schläfst! Das ist der dritte Ball, den du verlierst. Paul, wach auf jetzt!“ Mehr als Einsätze in der 2. Mannschaft in der Regionalliga Bayern waren für ihn danach nicht mehr drin, so ging es per Leihe nach Elversberg.
„Für Pauls weitere Entwicklung ist es nun wichtig, kontinuierlich Spielpraxis in einer Profiliga zu bekommen“, sagte Jochen Sauer, Direktor Nachwuchsentwicklung, damals. Ein Plan, der voll aufgehen sollte. Wanner wurde in 27 der 29 Zweitliga-Spiele eingesetzt und stand dabei 20 Mal in der Startelf. Dazu kam er auf sechs Tore und vier Vorlagen. „Er hat eine gute Entwicklung genommen und fühlt sich jetzt wohl“, erklärte Elversbergs Trainer Horst Steffen in einem Gespräch mit web.de.
Bayerns Hoffnung in Wanner
„Er hat ein bisschen gebraucht, um die Intensität so anzunehmen, wie ich sie gerne hätte und die Mannschaft sie braucht. Das hat er relativ schnell gemerkt“, berichtete Steffen. „Nach der Winterpause ist er noch stärker geworden und hat die Vorbereitung gut genutzt. Er hat alles rausgehauen, was in ihm steckt. Und dann ist er eben auch aufgrund seiner individuellen Qualität, die er ins Spiel einbringt, sehr gut.“
In München hoffen sie, dass Wanner das Ganze wiederholt - eben nur eine Liga höher. Denn klar ist auch: In den vergangenen Jahren schaffte keines der Bayern-Talente aus der eigenen Jugend den Sprung in die Profi-Mannschaft. Doch Wanner, so haben es zumindest schon mal der Pokal sowie der 1. Spieltag der Bundesliga gezeigt, befindet sich auf einem sehr guten Weg, die lange Durststrecke der Bayern zu beenden.