Tim Kleindienst wechselte vor der Saison vom 1. FC Heidenheim zu Borussia Mönchengladbach, entschied sich somit bewusst gegen das internationale Geschäft - und für einen der großen Namen in der Bundesliga.
„Das muss Herr Nagelsmann bewerten“
SPORT1 traf den 28-Jährigen in seinem ersten Trainingslager als Borusse am Tegernsee. Im Interview verriet der Stürmer, welcher Teamkollege ihm sofort geholfen hat, welche Ziele er in seiner Debütsaison in Mönchengladbach hat - und ob es bereits Kontakt mit Bundestrainer Julian Nagelsmann gab.
SPORT1: Herr Kleindienst, es läuft Ihre erste Saisonvorbereitung als Gladbacher. Wie haben Sie sich mit Ihren neuen Teamkameraden akklimatisiert?
Gladbachs „brutale Strahlkraft“ als Wechsel-Grund
Tim Kleindienst: Ich bin allgemein nicht der Typ, der damit Schwierigkeiten hat. Die Jungs machen es einem auch sehr einfach. Rocco (Reitz; Anm. d. Red.) hat mir am Anfang ein paar Sachen gezeigt. Aber ich laufe ja nicht hier rum und sage ‚Ich brauche jemanden an meiner Hand‘, sondern das ergibt sich sowieso.
SPORT1: Was waren letztlich die ausschlaggebenden Gründe für Ihren Wechsel von Heidenheim nach Mönchengladbach?
Kleindienst: Ich hatte mich schon relativ früh festgelegt, dass ich das machen möchte. Natürlich hatten wir im vergangenen Jahr auch schon Kontakt und Gladbach hatte danach keine berauschende Saison. Man muss trotzdem immer beachten, dass man über Borussia Mönchengladbach redet. Das ist ein riesiger Verein und da herrschen sicherlich auch andere Ambitionen als Platz 14. Deswegen war es für mich auch klar, dass ich zu dem Verein möchte, weil er eine brutale Strahlkraft hat. Es ist ein Wahnsinns-Verein mit einer riesigen Fankultur, was auch total schön ist. Und das war etwas, bei dem ich gesagt habe: ‚Das möchte ich als Spieler auch noch mal erleben.‘
Kleindienst will wieder zweistellig treffen
SPORT1: Ihr Ex-Verein Heidenheim spielt nun international, Gladbach nicht. Gibt es diesen Traum auch bei Ihnen noch?
Kleindienst: Natürlich. Jeder Sportler, egal über welche Sportart wir reden, will so erfolgreich wie möglich sein. In Heidenheim war es jetzt die Qualifikation und die musst du auch erstmal überstehen, was nicht so leicht ist. Ich habe das damals in Gent, als wir die Champions-League-Quali gespielt und nicht geschafft haben, selbst erlebt. Ich wünsche den Jungs in Heidenheim wirklich alles Gute, dass sie das erreichen. Das würde mich wahnsinnig freuen, gerade nach so einer Saison. Aber das sind auch erstmal zwei Spiele, bei denen du dich durchsetzen musst und wenn du das nicht schaffst, hast du kein Europa. Das war aber für meine Entscheidung nicht mehr ausschlaggebend.
SPORT1: Nun wollen Sie mit Gladbach erfolgreich sein, was ist das konkrete Saisonziel?
Kleindienst: Es wäre erstmal schön, wenn wir einen einstelligen Tabellenplatz erreichen. Eine solide Saison, ohne dass man viel nach hinten gucken oder rechnen muss.
SPORT1: Und Ihr persönliches Toreziel?
Kleindienst: Ich setze mir eigentlich jede Saison das Ziel, dass ich zweistellig treffen möchte. Vergangenes Jahr in Heidenheim habe ich das geschafft, deshalb wäre es komisch, wenn ich mir jetzt nicht das gleiche Ziel setzen würde. Ich bin überzeugt, wenn wir unser Spiel vielleicht ein bisschen anpassen und ich vorne in der Mitte stehe, dass ich das auf jeden Fall schaffen kann.
SPORT1: Spielen Sie lieber als alleinige Spitze oder könnte ein Doppelsturm mit beispielsweise Tomáš Čvančara helfen?
Kleindienst: In jedem System gibt es unterschiedliche Aufgaben und die gilt es zu erfüllen. Ich kann mich mit beidem anfreunden.
SPORT1: Ihr neuer Sportdirektor Roland Virkus sagte uns, sie würden der Mannschaft eine neue Lautstärke - und hoffentlich Tore bringen. Wie können Sie das Team noch bereichern?
Kleindienst: Ich würde von mir selbst sagen, dass ich ein ganz guter Pressingspieler bin. Ich mache das auch sehr gerne. Ich bin sehr lauffreudig und körperlich sehr intensiv. Das ist mein Spiel, das zeichnet mich aus. Ich bin vielleicht nicht der Edeltechniker, ich brauche nicht fünf Übersteiger oder auf engstem Raum den Ball, das ist nicht mein Spiel.
Nationalmannschaft? „Mich hat noch nie einer angerufen“
SPORT1: Sie sind nicht den klassischen Weg gegangen, erst recht spät auf Bundesliga-Niveau angekommen. Wie würden Sie Ihren eigenen Werdegang beschreiben?
Kleindienst: Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um zwei nach vorne zu gehen. Natürlich bin ich nicht mehr der Jüngste, umso mehr freut es mich, wo ich jetzt angekommen bin. Jeder möchte das Optimum aus seiner Karriere herausholen und das ist in Deutschland die Bundesliga. Als Spieler fällt mir nichts Schöneres ein, als in der höchsten Spielklasse aktiv zu sein.
SPORT1: Sie hatten auf dem Weg dorthin besondere Trainer wie Frank Schmidt in Heidenheim oder Christian Streich in Freiburg. Gab es einen Trainer, der Ihnen am meisten weitergeholfen hat?
Kleindienst: Am meisten weitergeholfen hat mir Frank Schmidt in Heidenheim! Das hat mich in meiner Karriere richtig gepusht. Natürlich habe ich mit Christian Streich einen genauso guten Trainer gehabt, der auch wusste, was er da macht und der nicht umsonst so lange an der Seitenlinie stand. Aber es war nicht so, dass ich in Freiburg so derbe viel gespielt habe. Deshalb würde ich nicht sagen, dass das mein großes Sprungbrett war. Frank Schmidt hat dafür gesorgt, dass ich da stehe, wo ich jetzt bin.
SPORT1: Stichwort Trainer: Gab es schon einmal den Kontakt mit Julian Nagelsmann?
Kleindienst: Ne, mich hat noch nie einer angerufen (lacht).
SPORT1: Könnten Sie sich vorstellen, einmal in der Nationalmannschaft aufzulaufen? Eine Vergangenheit in der U20-Auswahl haben Sie ja bereits.
Kleindienst: Wer sich das nicht vorstellen kann, der macht irgendetwas falsch. Selbstverständlich kann ich mir das vorstellen. Mehr als meine Leistung zu bringen, kann ich aber nicht. Und entweder gefällt es jemandem oder nicht. Ich sage jetzt nicht, dass ich das unbedingt schaffen möchte, das löst nur einen unnötigen Druck aus, den man nicht gebrauchen kann. Wenn‘s passiert, passiert‘s, wenn nicht, dann nicht.
SPORT1: Gibt es denn Argumente, die den Stürmer Tim Kleindienst für die Nationalmannschaft wertvoller machen würden als andere Stürmer?
Kleindienst: Das muss der Herr Nagelsmann bewerten, nicht ich (lacht).