Die Jugend des BVB ist in diesem Jahr das Maß aller Dinge. Sowohl die U19 als auch die U17 schaffte den Sprung ins Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Während sich die U17 zum Meister krönte, unterlag die Dortmunder U19, die im Finale die meiste Zeit auf Augenhöhe war, knapp der TSG Hoffenheim. Allerdings standen beim BVB nur drei Spieler des älteren Jahrgangs auf dem Feld.
Woher kommt der BVB-Talentschwund?
Die Dortmunder Talente gehören zu den hoffnungsvollsten in Deutschland, die Aussichten auf eine schillernde Zukunft im Profifußball sind gut. Und doch sehen einige genau diese Zukunft nicht beim BVB.
BVB-Talente verlassen den Verein – zu wenig Geduld?
U17-Keeper Leon Herdes wechselt zu Eintracht Frankfurt, seine Titel-Teamkollegen Fritz Fleck und Len Wörsdorfer gehen zur anderen Borussia nach Mönchengladbach. „Da blutet mir das Herz“, bedauerte U17-Trainer Marco Lehmann den Abgang seiner Schützlinge.
Den Weg an den Niederrhein geht auch Charles Herrmann, der im Finale für die U19 auflief, zuletzt mit der deutschen U17-Nationalmannschaft für Furore sorgte und Welt- und Europameister wurde. Nachwuchsspieler Rafael Lubach, der das Endspiel um die deutsche Meisterschaft wegen einer Sperre verpasst hatte, schließt sich im Sommer dem 1. FC Nürnberg an.
U19-Coach Mike Tullberg übte auf SPORT1-Nachfrage Kritik: „Am Ende ist es so, dass durch die EM und WM ein Riesen-Hype um die Jungs, nicht nur um Charles, entstanden ist […]. Ob es richtig ist oder falsch, will ich nicht beurteilen. Grundsätzlich finde ich, dass die Jungs heutzutage mehr Geduld mitbringen müssen.“
BVB Talentschwund: „Man kann nicht jedem den gleichen Weg aufzeigen“
Die U17 des BVB steht mit insgesamt acht deutschen Meisterschaftstiteln an der Spitze. Bei der U19 holte sich nur der VfB Stuttgart (10) mehr Titel als die Dortmunder (9). Doch gerade in den vergangenen Jahren waren die A-Jugendlichen, auch unter Führung des langjährigen Nachwuchsleiters und neuen BVB-Geschäftsführers Lars Ricken, unangefochtene Nummer eins.
Zum zwölften Mal insgesamt und zum dritten Mal in Folge standen sie im Finale. Eine bessere Perspektive kann ein Verein seinen Nachwuchsspielern eigentlich nicht bieten und dennoch sehen einige Talente ihre Zukunft bei anderen Klubs. Lars Ricken meinte am Rande des U19-Finalspiels auf SPORT1-Nachfrage: „Man kann nicht jedem den gleichen Weg aufzeigen. Das sind Normalitäten.“
Dass ein Wechsel aber auch in die andere Richtung geht und funktioniert, zeigte zuletzt Jan-Luca Riedl, der die Dortmunder U17 zur Meisterschaft köpfte. Der Innenverteidiger war erst vor der Saison aus Mönchengladbach zum BVB gewechselt.
BVB-Juwel Moukoko als Beispiel für den harten Weg
Wie schwer der Sprung beim BVB von der Nachwuchsmannschaft in den Profibereich ist, zeigen die vielen Abgänge der U23 und auch das Beispiel des einstigen „Wunderkindes“ Youssoufa Moukoko. Insgesamt 13 Spieler verlassen die „zweite“ Mannschaft des BVB, die in der 3. Liga eine Rekordsaison (54 Punkte) hinlegte.
Darunter auch Akteure wie Samuel Bamba und Antonios Papadopoulos, die schon Profiluft schnuppern durften. Sie mussten einsehen: Für ganz oben reicht es (noch) nicht - zumindest nicht beim BVB.
Das Dortmunder „Wunderkind“ Moukoko musste in dieser Saison schmerzhaft erfahren, wie hart Profifußball sein kann. Der 20 Jahre alte Offensivspieler schoss in der Jugend alles kurz und klein und wartet nach wie vor auf seinen großen Durchbruch. Ein zeitnaher Wechsel, zumindest auf Leihbasis, könnte sich auch bei ihm im Sommer anbahnen.
BVB-Talent Wätjen schafft den Sprung in den Profikader
Überhaupt für den Profikader infrage kommen aus dem Nachwuchs aktuell Kjell Wätjen (seit 2015 beim BVB), Cole Campbell (seit 2021) und U19-Top-Torschütze Paris Brunner. Schon im Winter-Trainingslager in Marbella war das Trio bei den Profis dabei.
Wätjen hat bereits einen Profivertrag unterschrieben, wird ab dem Sommer frühzeitig die U19 verlassen und zum Kader der Bundesliga-Mannschaft gehören. Bei Brunner hakt es dagegen aufgrund zäher Verhandlungen zwischen Verein und Management seit Wochen und Monaten.
Fest steht: Die Durchlässigkeit eigener junger Talente ist aktuell gering. Ein Problem, das aber nicht nur den BVB betrifft.
Ob es an mangelnder Geduld der Talente liegt oder auch nicht, es zeigt am Beispiel der Dortmunder, des besten Nachwuchszentrums Deutschlands, wie schwer der Weg in den Profifußball am Ende ist.