Nicht einmal drei Monate ist es her, da herrschte an der Säbener Straße echte Aufbruchstimmung. Max Eberl war Ende Februar als neuer starker Mann des FC Bayern vorgestellt worden. Der Sportvorstand wirkte bei seiner Antrittspressekonferenz in der Allianz Arena tatkräftig. Man sah ihm die Vorfreude auf seinen Traumjob regelrecht an.
Wieviel Schuld trägt Eberl?
Damals hatte Eberl verkündet, dass er sich der Größe und Schwierigkeit der Aufgabe beim Rekordmeister bewusst sei. „Ich habe schon unterschrieben, ich kann nicht mehr zurück“, sagte der 50-Jährige, als ihm ein Reporter all die zu lösenden Probleme aufzählte.
Eberl rutscht in tragische Rolle
Jetzt, nach der vierten Absage eines Trainerkandidaten, sieht Eberl das vielleicht etwas anders. Dass der Berg an Problemen derart anwachsen würde, hätte sich der Sportvorstand vermutlich auch nicht gedacht. Eberl rutscht immer mehr in eine fast tragische Rolle. Ist er es doch, der federführend die Suche nach einem neuen Trainer leitet. Der Zauber des Anfangs scheint verflogen.
Fakt ist: Aktuell steht der FC Bayern weiterhin ohne Übungsleiter für die kommende Saison da. Eberl trägt als Sportvorstand den größten Teil der Verantwortung auf seinen Schultern und konnte bislang nicht liefern.
Zudem ist er kein Neuling im Bundesliga-Business. Eine Art „Welpenschutz“ konnte er in München nie erwarten – und hat das auch nicht. Die kritischen Stimmen muss er aushalten.
Fakt ist aber auch: All die anderen Entscheidungsträger – und auch die bisherigen Trainerkandidaten – machen und machten es Eberl auch nicht gerade leicht. Obendrein sorgten die Niederlagen gegen Dortmund und in Heidenheim für miese Stimmung und ein hektisches Umfeld.
Bayern tritt vielstimmig auf
Der Sportvorstand muss seit seinem Antritt mit der Tatsache leben, dass der FC Bayern in der Öffentlichkeit unglaublich vielstimmig auftritt und dabei keine echte Linie zu erkennen ist. Während Eberl für sich eine klare Marschroute festgelegt und nie über Trainer-Namen gesprochen hat, verfolgten andere mächtige Männer eine andere Linie.
Bestens in Erinnerung ist eine Szene nach dem Hinspiel gegen Real Madrid: Während Eberl im Bauch der Arena in einem Interview mit TV-Journalisten alle Fragen zum kommenden Trainer abblockte und Gespräche mit Ralf Rangnick nicht bestätigen wollte, nahmen nur wenige Meter entfernt Präsident Herbert Hainer und CEO Jan-Christian Dreesen kein Blatt vor den Mund.
Die Folge: Nach der kurzfristigen Absage durch Rangnick stand der FC Bayern als Verlierer da – die Bosse waren sich ihrer Sache offenkundig zu sicher gewesen. Seinen Kollegen in der Führungsriege Einhalt zu gebieten, war Eberl offensichtlich nicht gelungen. Wie auch? Rein formal sind Dreesen und Hainer seine Vorgesetzten.
Offensive Trainer-Kandidaten
Apropos Rangnick: Die Tatsache, dass Österreichs aktueller Teamchef offen über das Interesse der Bayern sprach, brachte Eberl genauso in die Bredouille wie zuvor Julian Nagelsmanns Berater Volker Struth.
Auch dieser hatte offensiv die Verhandlungen seines Schützlings mit dem Rekordmeister öffentlich gemacht. Der Klub stand beide Male als Getriebener oder gar Bittsteller da und musste nach den jeweiligen Absagen die Scherben zusammenkehren.
Eine Tatsache, die Eberl offenkundig nervte. „Es wird ja sehr viel begleitet, nicht nur von den Medien, sondern auch von Protagonisten selber. Gerade unsere Gegenpartei hat sich da manchmal sehr offensiv präsentiert“, sagte Eberl am vergangenen Sonntag. Er kenne das „ein bisschen anders. Normal spricht man hinter verschlossenen Türen. Man einigt sich oder man einigt sich nicht - und dann geht man auseinander.“
Zu viele Nebengeräusche
Hinzu kommen allerhand Nebengeräusche, die Eberl ebenfalls nicht beeinflussen kann, die seine Arbeit aber natürlich beeinträchtigen.
Uli Hoeneß' überraschende Attacke auf Tuchel ist da vermutlich das beste Beispiel. Zwar verkündete der Noch-Trainer am Freitag, er habe sich rund um das Champions-League-Rückspiel gegen Madrid mit dem Klub-Patron versöhnt, doch die nochmals gewachsene Hektik im und um den Verein herum machte es Eberl nicht gerade leichter, seinen Job zu erledigen.
Was kann Eberl tun?
Von außen betrachtet hat der Sportvorstand mehrere Optionen, das Chaos in den Griff zu bekommen. Er könnte sich einfach stur durchbeißen und all die Störgeräusche ignorieren und erdulden. Oder er geht auf Konfrontation mit den anderen Führungskräften des Klubs und pocht darauf, endlich in Ruhe einen Trainer suchen zu können – ohne Wortmeldungen anderer Beteiligter.
Die Aufbruchstimmung von Ende Februar ist aktuell jedenfalls dahin. Sie kommt wahrscheinlich erst wieder auf, wenn Eberl einen neuen Trainer gefunden hat.