In elf Tagen will Borussia Dortmund Geschichte schreiben und, zum zweiten Mal nach 1997, den Henkelpott in den Londoner Nachthimmel stemmen.
So gefährlich ist Hummels‘ Entscheidung
Obwohl dieser Traum intern über allem steht, gibt es in Dortmund aktuell andere vorherrschende Themen.
Hummels-Zukunft beim BVB? „Es spricht mehr für einen Abschied“
Beim emotionalen Abschied von Marco Reus von „seinen“ Fans im Signal Iduna Park rückte Mats Hummels, vermutlich auch ein Stück weit freiwillig, in den Fokus. Der 35-Jährige saß mit dem Rücken am Torpfosten lehnend, fast schon posierend, und ließ seine Blicke über die Ränge des Dortmunder Stadions schweifen. Es schien so, als würde Hummels diese Atmosphäre mehr genießen und intensiver wahrnehmen wollen als sonst. Vielleicht, weil es das letzte Mal gewesen war?
„Die Bilder und Videos davon würden sich schon sehr gut für ein Abschiedsvideo eignen. Das noch mit emotionaler Musik untermalen und fertig“ meint SPORT1-Reporter Manfred Sedlbauer im Podcast „Die Dortmund-Woche“ etwas scherzhaft. Ein Stück Wahrheit steckt in dieser Vermutung aber allemal.
Nicht nur in den sozialen Medien machte Hummels damit den Raum für Spekulationen auf: „Bitte nicht!“, „Tu uns das nicht an, Mats“, schrieben zahlreiche Fans so oder so ähnlich.
War‘s das mit Hummels? „Es spricht aktuell deutlich mehr für einen Abschied als für einen Verbleib“, ist sich BVB-Reporter Oliver Müller sicher.
Platzt durch die DFB-Nichtnominierung auch der Traum vom Henkelpott?
Für Hummels gibt es aktuell zwei denkbare Szenarien: Noch ein Jahr bei seinem Herzensverein Borussia Dortmund dranhängen oder Karriereende. Er wolle auf „die Signale, die ihm sein Körper gibt“ hören. Außerdem wird sein Sohn Ludwig im Sommer in München eingeschult. Da möchte Hummels sichergehen, dass sich das vereinbaren lässt.
Die Entscheidung über seine Zukunft liegt wohl einzig und allein bei dem Verteidiger selbst.
„Gut möglich, dass die Nicht-Nominierung von Julian Nagelsmann zu einem erneuten Umdenken geführt hat“, schätzt Sedlbauer. „Vielleicht dazu, dass er sich das alles nicht noch länger antun möchte.“ Der Frust und die Enttäuschung ist bei dem Weltmeister nach der Nicht-Berücksichtigung des Bundestrainers riesig.
„Es wäre die Kirsche auf der Karriere-Torte gewesen. Es ist ein Titel, der Hummels, neben dem Henkelpott, noch in seiner Sammlung gefehlt hatte. Diese Chance wurde ihm genommen“, erklärt Müller. Die Entscheidung gegen Hummels brachte auch einige, nicht nur schwarz-gelbe Fans, auf die Barrikaden.
Nagelsmann entschied sich bekanntlich für die Zukunft um Nico Schlotterbeck und Robin Koch - und gegen den Routinier.
Leistungsabfall durch Nicht-Nominierung? „Wäre nur menschlich“
In den vergangenen Wochen wurde Hummels genau von diesem Karriereziel beflügelt. Er wollte unbedingt dabei sein und ließ alles auf dem Platz - für seinen großen Traum Europameisterschaft im eigenen Land. Er grätsche, kämpfte und überzeugte auch spielerisch. Das BVB-Urgestein ließ die Besten der Welt verzweifeln, zuletzt im Königsklassen-Halbfinale den deutlich jüngeren Kylian Mbappé, war in den entscheidenden Situationen für sein Team da und verdiente sich den Titel Spiel-Entscheider.
Alleine ein „Trainingseuropameister“ zu sein, wie Hummels sich zuletzt selbst auf seinen sozialen Netzwerken bezeichnete, wird ihm kaum reichen. Gepusht von dem Gedanken, im Spätherbst seiner Karriere noch einmal den Adler auf der Brust präsentieren zu dürfen, wuchs Hummels über sich hinaus.
Das Ergebnis: Der BVB könnte sich, nach einer Achterbahn-Saison, Europas Krone aufsetzen. Das, was auch der deutschen Nationalmannschaft in wenigen Wochen gelingen will.
„Gut möglich, dass es bei ihm einen kleinen Spannungsabfall geben wird“, vermutete Sedlbauer und meinte weiter: „Es wäre nur menschlich, wenn er in den kommenden Tagen bis zum Finale gegen Real nicht ausschließlich an Wembley, sondern auch an die verpasste Chance und an sein Karriereende denkt.“
Denkbar ist, dass die Hummels-Thematik auch intern ein großes Thema in Dortmund ist - auch wenn das niemand so recht zugeben möchte. Es ist nicht auszuschließen, dass auch den Teamkameraden der Hummels-Trubel zu viel sein könnte. Fakt ist: Die Personalplanungen des BVB laufen bereits auf Hochtouren und hängen von Hummels‘ Entscheidung ab. Die Ungewissheit könnte dabei ein mögliches Störfeuer sein.
Borussia Dortmund in Wembley gegen Real Madrid. Extra Motivation braucht wohl kein BVB-Spieler für diese Partie. Und dennoch: Der totale Fokus liegt gerade, auch wegen der Diskussion um Hummels, nicht ausschließlich auf dem großen Traum vom Henkelpott.