Die an denkwürdigen Pressekonferenzen reiche Geschichte des FC Bayern ist um ein Kapitel reicher geworden. Thomas Tuchel selbst war es, der am Freitagmittag verkündete, dass sein Abschied vom Rekordmeister endgültig sei. Im Sommer trennen sich die Wege.
Tuchels letzte Botschaften an Bayern
„Es gab noch einmal Gespräche in der letzten Woche, wie Sie auch berichtet haben. Wir haben aber keine Einigung gefunden für eine weitere Zusammenarbeit, dabei bleibt es bei der Vereinbarung aus dem Februar“, sagte Tuchel.
Während seiner letzten 25 Minuten auf dem Podium im Mediencenter des FC Bayern widerstand der 50-Jährige der Versuchung, noch mal zu einer Art „Regierungserklärung“ anzusetzen und die Klub-Bosse vorzuführen.
Tuchel sendet Signale
Trotzdem hatte der Noch-Trainer einige Botschaften im Gepäck. Tuchel machte deutlich, dass es die Mannschaft und der Staff sein werden, die ihm fehlen. Zudem verwies er auf die Erfolge in der Königsklasse, also in dem Wettbewerb, in dem der FC Bayern immer wieder abklopft, wo er im Konzert der großen Klubs wirklich steht.
„Die Champions-League-Saison war bis zur 87. Minute in Madrid eine perfekte. In Madrid am Schluss zu verlieren, kann einfach passieren. Dafür muss man sich nicht schämen“, erklärte Tuchel. Im Klartext: Vor allem die Arbeit auf dem Platz war es, die mich begeistert hat. Und die Erfolge sind durchaus vorhanden.
Spitze gegen Hoeneß
Den größten Lacher erntete er, als er auf seine Leistungen rund um Aleksandar Pavlovic angesprochen wurde. Der frischgebackene Nationalspieler war unter Tuchel zum gestandenen Profi gereift.
„Die einen sagen so, die anderen so“, sagte der Noch-Trainer. Die Anspielung war eindeutig: Gemeint war Uli Hoeneß. Tuchels Botschaft: Der Vorwurf, ich würde lieber Spieler kaufen, als zu entwickeln, hat mich getroffen. Doch der Coach will sich solche Erfolge durchaus ans Revers heften.
Ähnlich verhält es sich mit der Personalie Harry Kane. Mit großem Selbstbewusstsein stellte Tuchel seine Rolle rund um den Mega-Deal vom Sommer 2023 in den Mittelpunkt und erklärte: „Ich bin bis heute sehr stolz und sehr froh, dass ich beim Thema Harry Kane unnachgiebig geblieben bin, Brazzo (der damalige Sportvorstand Hasan Salihamidzic; Anm. d. Red.) mit dem Feuer infiziert habe und wir alles dafür getan haben, ihn frühzeitig persönlich kennenzulernen. Ich bin froh, dass ich da im Transferausschuss hart geblieben bin.“
Die Ansage war klar: Ich, Thomas Tuchel, war es zu einem guten Teil, der dem FC Bayern einen der besten Stürmer der Welt bescherte. Womöglich hätte es ohne mich nicht geklappt. Eine Version, der Jan-Christian Dreesen vermutlich widersprechen würde. Der CEO gilt allgemein als derjenige, der die komplizierten Verhandlungen mit Tottenham Hotspur zum Erfolg führte.
Tuchel sucht nach Gründen
Auf der Suche nach Gründen für die Trennung ließ Tuchel außerdem durchblicken, dass er die Entscheidung vom Februar nicht wirklich nachvollziehen könne. Bereits zu jener Zeit ließ er die Vereinbarung wenig einvernehmlich aussehen. Im Gegenteil: Tuchel betonte damals, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, eine Wahl zu haben. Sprich: Eher Rauswurf als gütliche Trennung!
In diesem Punkte legt er jetzt nach: „Die Gründe sind, glaube ich, tatsächlich nur minimal, wieso das dann so passieren musste und wieso wir uns überhaupt trennen. Wieso auch die Entscheidung im Februar getroffen wurde … Vielleicht sind die auch gar nicht so klar und man kann sie gar nicht so benennen.“
Tuchel erweckt damit den Eindruck, er halte die Reaktion von Dreesen & Co. auf die Pleitenserie im Februar (drei Niederlagen in Folge) für überzogen.
Zu viele Bosse?
Und eine weitere Botschaft zielt auf die Führungsriege des FC Bayern ab. Mit Blick auf die große Anzahl an Entscheidungsträgern im Klub bekannte Tuchel: „Es ist kein Geheimnis, dass je kleiner der Kreis ist, umso effektiver kann gearbeitet werden. Und umso schneller können Entscheidungen getroffen werden. Umso schneller bekommt man Feedback und kann auch reagieren. Das ist auf jeden Fall so.“
Hier schränkte der 50-Jährige aber auch ein. Die vermeintlich längeren Entscheidungswege in München seien nicht das Problem gewesen. In England, wo man nach dem Teammanager-Modell arbeitet, habe er auch nicht alles allein entscheiden dürfen.
Fraglich bleibt, ob die Führungsriege Tuchels Botschaften hinnehmen und verinnerlichen wird. So mancher Satz dürfte den Bossen jedenfalls nicht gefallen haben.