Die aktuelle Trainersuche beim FC Bayern ist schon jetzt eine Chronik voller bizarrer Wendungen - doch die finale Pointe könnte nochmal alles in den Schatten stellen.
Die finale Pointe rückt näher
So wie es derzeit aussieht, läuft es tatsächlich darauf hinaus, dass der Rekordmeister mit dem Trainer weitermacht, dem er eigentlich vor zweieinhalb Monaten schon den Laufpass gegeben hat.
Am Dienstagabend hatte sich Tuchel mit seinem Berater Olaf Meinking über eine mögliche Weiterbeschäftigung ausgetauscht - einen Tag später tauchte der Manager an der Säbener Straße auf und verhandelte im Büro von Christoph Freund mit den Bayern-Bossen.
„Die werden sich nicht einfach so zum Kaffee getroffen haben, sondern da wird es Diskussionen gegeben haben, ob Thomas Tuchel tatsächlich beim FC Bayern bleiben darf, soll oder muss - je nachdem aus welcher Warte man es sehen möchte“, schätzt SPORT1-Chefreporter Stefan Kumberger die Lage ein.
Kann Eberl bei Hoeneß vermitteln?
Wie die Chefetage nach der Vorgeschichte einen Verbleib Tuchels verargumentieren kann, darüber lässt sich trefflich streiten. Immerhin hat die Führungsriege mit Sportvorstand Max Eberl, der erst eine Woche nach der Bekanntgabe des Tuchel-Aus im Sommer sein Amt antrat, einen Trumpf in der Hand.
„Wenn man sich Eberls Aussagen in den letzten Monaten ganz genau anschaut, dann merkt man: Er hat immer vermieden zu behaupten, die Verabschiedung von Tuchel sei eine alternativlose Entscheidung“, erklärt Kumberger. „Er hat stattdessen immer gesagt, dass die Entscheidung vor seiner Zeit passiert ist. Er hat sich immer ein kleines Hintertürchen offengelassen. Ob er das gemacht hat mit dem Hintergedanken, dass er Tuchel möglicherweise behalten will, sei dahingestellt.“
Der frühere Gladbach-Manager pflegt ein gutes Verhältnis zu Uli Hoeneß, der im Hintergrund noch immer die Fäden in der Hand hält - und Tuchel mit seinen Aussagen („Er meint nicht, dass er einen Davies, Pavlovic oder Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen.“) vor den Kopf stieß.
Wenn jemand den Bayern-Patron überzeugen kann, weiter an Tuchel festzuhalten, dann ist es wohl Eberl. Gleichzeitig würde der 50-Jährige einiges an Profil gewinnen.
Neuer Vertrag beim FC Bayern als Knackpunkt
Beim Großteil der Mannschaft würde Eberl ohnehin offene Türen einrennen, sagt Kumberger: „Es gibt einige Spieler, die sich für Tuchel ausgesprochen haben - wie Manuel Neuer oder Thomas Müller.“
Ein unsicherer Faktor bleibt allerdings - und das ist Tuchel selbst. Zwar zeigte der Trainer zuletzt immer öfter, dass er sein „Projekt FC Bayern“ noch nicht als beendet sieht, doch er dürfte einige Bedingungen stellen, falls er doch über den Sommer hinaus bleibt.
„Es liegt ihm etwas an dieser Mannschaft und es ist für ihn eine Herausforderung, auch in München erfolgreich zu sein“, sagt Kumberger. „Das ist natürlich kein schöner Moment, wenn man merkt, dass man bei den Bayern zu den wenigen Trainern gehört, die eine titellose Saison einfuhren.“
Der Bayern-Experte weiter: „Ich könnte mir vorstellen, dass es zu seinen Bedingungen gehört, dass die ganze Boss-Etage des FC Bayern hinter ihm steht, dass man ihm keine Knüppel mehr zwischen die Beine wirft und dass er in Ruhe seine Mannschaft aufbauen kann.“
Der Knackpunkt dürfte allerdings die Vertragsdauer sein. Kumberger: „Wenn er jetzt einfach nur ein weiteres Jahr weitermacht, wie es in seinem aktuellen Vertrag steht, dann würde er sich nur als Steigbügelhalter für Xabi Alonso oder Jürgen Klopp fühlen - und das will er natürlich nicht.“