Chefcoach des FC Bayern München - eine Anstellung, die bei den meisten Fußballtrainern wohl ganz oben auf der Traumjob-Wunschliste stehen dürfte. Aktuell ist genau diese Position ab Sommer vakant, die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich aber ausgenommen schwierig.
Bayern-Trainerproblem noch größer?
Wunschkandidaten gab es, zugesagt hat davon keiner. Xabi Alonso bleibt bei seiner Meistermannschaft Bayer Leverkusen, Julian Nagelsmann verlängerte seinen Job als Bundestrainer und auch Sebastian Hoeneß kommt nicht nach München, bleibt stattdessen beim VfB Stuttgart.
Aktuell verhandelt der FC Bayern intensiv mit Ralf Rangnick. Der Trainer der Nationalmannschaft Österreichs ist eigentlich noch bis 2026 vertraglich gebunden, dennoch wirbt der Rekordmeister intensiv um den 65-Jährigen.
Bemerkenswert: Auf einer FAZ-Veranstaltung erklärte Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß, Rangnick sei lediglich die dritte Wahl für die Münchner. Aber: Mit dieser „dritten Wahl“ könnte der FC Bayern dann doch bald Vollzug vermelden. „Ich denke, wir werden innerhalb einer Woche eine Entscheidung haben“, sagte Hoeneß.
Rangnick zum FC Bayern? Reif hat Zweifel
Und wenn nicht? Zwar hat Rangnick ein Angebot vorliegen, dass er am Ende wirklich an der Säbener Straße unterschreibt, ist aber mitnichten sicher.
Kommentatoren-Legende Marcel Reif bezifferte die Wahrscheinlichkeit eines Engagements im STAHLWERK Doppelpass bei SPORT1 auf „50:50“, das deckt sich mit SPORT1-Informationen. Reif erklärte: „Ich glaube, er hat sich in manchen Dingen verändert. Er weiß genauso, was auf ihn zukommt, wie die Bayern wissen, was auf sie zukommt.“
Ob beide Parteien wirklich miteinander harmonieren und erfolgreich arbeiten können? Zweifel daran sind alles andere als unangebracht. Und das aus vielerlei Gründen. Rangnick gilt seit jeher als Macher, soll sich den Job nur vorstellen können, wenn er bei Transfers ein mehr als nur gewichtiges Wort mitreden kann.
Schreckt Hoeneß Rangnick ab?
Seine gänzlich eigene Vorstellung durchsetzen - bei einem Klub wie dem FC Bayern mit Sportvorstand Max Eberl, Sportdirektor Christoph Freund und Granden wie Ehrenpräsident Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge im Hintergrund wahrlich nicht einfach.
Dass die Münchner zwischen Pulverfass und FC Hollywood pendeln, macht die jüngste Auseinandersetzung zwischen Hoeneß und Noch-Trainer Thomas Tuchel deutlich.
Kurz vor dem wichtigen Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League warf der Ex-Boss dem Trainer vor, Spieler – speziell junge – nicht weiterentwickeln zu können oder gar zu wollen. Tuchel reagierte empört, statt um Real Madrid drehen sich die Schlagzeilen nun also um einen internen Zoff. Abschreckend für den möglichen designierten Nachfolger?
Bayern-Fans sehen Rangnick skeptisch
„Was denkt sich Rangnick, wenn er so eine Aussage hört? Da muss sich jeder Trainer Gedanken machen: Das könnte mir ja auch passieren. Die Arbeit für Eberl wird dadurch nicht einfacher. Ich lasse über Hoeneß nichts kommen, aber da hat er einen großen Fehler gemacht“, äußerte SPORT1-Experte Mario Basler im STAHLWERK Doppelpass seine Meinung.
Dass der neuerliche Zwist bei der Suche nach dem nächsten Trainer nicht unbedingt förderlich ist, darin ist sich auch Reif sicher: „Der Mann ist 65 – er wird sich das in Ruhe angucken. Ist das meine Welt, muss ich das tun?“
Nicht förderlich dürfte derweil auch die Position der Bayern-Fans sein. Dass erneut ein Ex-Mitarbeiter aus dem RB-Imperium beim Rekordmeister viel Macht bekommen könnte, stößt bei unzähligen Anhängern nicht gerade auf Begeisterung. Und auf die SPORT1-Frage der Woche votierte die große Mehrzahl der User gegen Rangnick.
Auch mit der Online-Petition „Wir wollen Juppel (Thomas Tuchel) und keinen Rangnick“ wurde in den zurückliegenden Tagen der Unmut zum Ausdruck gebracht. Fast 18.000 Fans (Stand Montagmorgen) haben bereits unterschrieben.
An der Entscheidung der Bayern-Bosse ändert dies freilich nichts, auch wenn sie – genau wie der Österreich-Coach selbst - durchaus registriert haben dürften, dass ihr aktueller Wunschkandidat nicht unbedingt mit Liebe überschüttet wird.
Ralf Rangnick befindet sich aktuell in der deutlich komfortableren Position. Sein Vertrag beim österreichischen Verband läuft bis 2026. Er kann sich für den FC Bayern entscheiden, wenn er will. Sagt ihm die Perspektive in München nicht zu - sei es zum Beispiel aus Furcht vor zu viel Einmischung oder zu wenig Mitspracherecht – kann alles bleiben, wie es bisher war.
FC Bayern kann sich Trainer nicht mehr aussuchen
Für den Rekordmeister dürfte sich eine Absage des 65-Jährigen inzwischen zu einem Angst-Szenario entwickelt haben. Was tun, wenn schon die laut Hoeneß nur dritte Wahl nicht kommen möchte?
„Was passiert nach diesem Wochenende, wenn Ralf morgen oder übermorgen sagt: Ist mir doch alles zu anstrengend. Ich bin gespannt, wer dann noch nach München kommen soll“, formulierte Basler das, wovor sich der ein oder andere Bayern-Offizielle inzwischen fürchten dürfte.
Noch präziser wurde Marcel Reif: „Der FC Bayern ist kein Trainer-Verein. Das wird er für sich selber klären müssen. Wie sind die Hierarchien, können die funktionieren? Ich glaube, dass er wirklich nur noch diese Dinge überlegt. Wie glaubhaft ist das, können wir das leben? Nagelsmann wurde entlassen, dann die sportliche Führung, dann wird ein Welttrainer entlassen, Meisterschaft verpasst, im Pokal, Eberl wurde auf dem Marktplatz gehandelt – das ist der FC Bayern der vergangenen zwei Jahre.“
Ein FC Bayern, der für viele Fußballtrainer zwar immer noch der Wunschlisten-Traumjob sein dürfte, der sich aktuell seine Wunschtrainer aber nicht mehr einfach aussuchen kann.