Was für eine außergewöhnliche Situation beim 2:1-Sieg von Borussia Dortmund in Mönchengladbach. In der 48. Minute hatte Schiedsrichter Florian Badstübner auf Elfmeter entschieden. Dortmund-Star Karim Adeyemi war nach einem Zusammenstoß mit Gladbach-Keeper Jonas Omlin im Strafraum zu Fall gekommen. Nachdem sich der Referee im Anschluss am Rande des Strafraums positioniert hatte, verwandelte BVB-Profi Marcel Sabitzer den Strafstoß.
Funkverkehr bei BVB-Elfer enthüllt!
Aber: Der Unparteiische hatte den Elfer noch nicht freigegeben, pfiff Sabitzer zurück, weil er selbst noch im Austausch mit VAR-Schiedsrichter Robert Hartmann stand. Dieser schickte Badstübner in der Folge an die Seitenlinie zum Bildschirm. Nach minutenlangen Analysen wurde der Elfmeter schließlich zurückgenommen
Eine absolute Aufregerszene, die im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 mit ganz besonderen Einblicken aufgearbeitet wurde. So hatte Alexander Feuerherdt, Leiter Kommunikation und Medienarbeit der DFB-Schiedsrichter GmbH, den zugehörigen Funkverkehr zwischen Badstübner und VAR Hartmann mitgebracht.
Funkverkehr legt Entscheidungsfindung offen
„Wir müssen checken, ob der Torhüter am Ball ist. Kleinen Moment. Also der Torhüter ist kurz am Ball, Flo. Warte noch, warte noch – wir müssen uns vorher noch das Abseits anschauen. Warte, warte, warte, warte, warte“, funkte Hartmann in das Gladbacher Stadion, während Sabitzer bereits mit der Elfer-Ausführung beschäftigt war:
Nach dem Schuss des Österreichers und der verwirrten Nachfrage der BVB-Stars machte Badstübner klar: „Ich habe nicht gepfiffen, nein.“
In der Folge gelangte der Kölner Keller zu der Ansicht, dass Badstübner selbst einen Blick auf die Szene werfen müsse. „Flo, hör mir mal kurz zu. Für mich ist Omlin kurz am Ball, danach kommt es zum Zusammenprall. Schau es dir bitte mal selber an, schau selber drauf“, bat Hartmann.
Warum Badstübner den Elfer zurücknahm
Es folgte eine Analyse der Situation, die zunächst mit einem Standbild begann. Später bekam der Referee weitere Einstellungen zu sehen. Nachdem sich der Offizielle beim zuständigen VAR versichert hatte, dass Gladbach-Keeper Omlin zuerst mit der linken Hand am Ball war, ehe BVB-Profi Adeyemi fiel, entschied er, den Elfer zurückzunehmen: „Ok, kein Elfmeter. Schiriball. Schiriball, oder?“. Die Antwort von VAR Hartmann: „Korrekt.“
Interessanter Einblick zudem: Nach dem ausgeführten Strafstoß und noch während der Überprüfung setzte Badstübner Sabitzer darüber in Kenntnis, dass der gesamte Angriff angeschaut werden müsse.
Nach der Entscheidung erklärte er zudem Fohlen-Keeper Omlin, dass dieser den Ball leicht berührt habe und dies zur veränderten Entscheidung geführt habe.
Nur eine kleine Kritik am Referee
Bei der Bewertung im STAHLWERK Doppelpass herrschte im Anschluss zwar Uneinigkeit darüber, ob der Referee im Moment des Zusammenstoßes von Omlin und Adeyemi gut positioniert gewesen sei, klar wurde aber auch, dass Badstübner mit einer Ausnahme glänzend agiert habe.
„Er hat relativ schnell gesagt: ‚Wir müssen mal schauen, ob der Keeper (Omlin, Anm. d. Red.) mit der Hand am Ball war.‘ Er hatte zunächst gemeint: Aus meiner Wahrnehmung hatte der Torhüter den Ball nicht gespielt.‘ Und genau um diese Frage ging es dann“, erläuterte der Kommunikationsboss der DFB-Schiedsrichter, Alexander Feuerherdt.
„Es haben viele hinterher gesagt: Es war ja keine offensichtliche Fehlentscheidung. Aber: Dem Schiedsrichter hatte vorher ein entscheidendes Detail zur Entscheidungsfindung gefehlt. Und das hat alles geändert“, führte der Schiri-Vertreter aus: „Und wenn er sagt, das müssen wir überprüfen, und Robert Hartmann findet dann diesen Kontakt, dann ist dieser Eingriff richtig und die Korrektur war vollkommen in Ordnung.“
Effenberg bricht Lanze für den Schiedsrichter
Ähnlich sah das auch SPORT1-Experte Stefan Effenberg. „Es ist aber unglaublich schwer gewesen für den Schiedsrichter. Daher breche ich auch eine Lanze für die Schiris: So eine Situation braucht Zeit zu bewerten, und diese Zeit musst du dir dann auch nehmen. Die Entscheidung von Badstübner war top und einfach 1A.“
Der einzige Kritikpunkt: „Er hätte den Elfmeter nicht ausführen lassen dürfen, sondern auf Zeit spielen müssen.“
Dies sieht auch Feuerherdt ein: „Es ist nicht glücklich abgelaufen. Wenn ein Check läuft, wäre es vielleicht besser gewesen, sich an den Elfmeterpunkt zu stellen. So ist dann ein bisschen Verwirrung entstanden. (…) Er hätte das deutlicher signalisieren sollen – er kann aber auch nicht damit rechnen, dass ein Pfiff aus dem Publikum kommt und Sabitzer dann anläuft und ausführt.“
Sollte der Funkverkehr publik gemacht werden?
Im Zuge der Vorgänge kommt beim Schiedsrichterwesen auch wieder einmal die Frage auf, ob es helfen würden, den konkreten Funkverkehr der Referees mit dem Videokeller offenzulegen. Für Feuerherdt alles andere als einfach zu beantworten.
„Der Druck ist immens, es gibt einen Zeitdruck. Wir sagen immer: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit – aber wenn es dann schon eine Minute dauert, singen die Fans gleich: ‚So macht ihr unseren Sport kaputt.‘ Diese Gemengelage ist schwierig“, gab er zu bedenken.
Lösungsorientiert überlegt werde trotzdem. „Wir haben auch die Überlegung, wie wir mit mehr Transparenz umgehen sollen, mehr offenlegen sollten“, berichtete Feuerherdt. Den Funkverkehr im Stadion zu senden „halte ich für keine gute Idee, das versteht man nicht. Aber Public Announcement wie bei der Frauen-WM, damit könnte man die Leute schon mitnehmen.“
Bis zu einer endgültigen Lösung dürfte es also noch ein bisschen dauern – wenn es diese überhaupt geben kann.