Ende Dezember war die Rückkehr perfekt: Nachdem Nuri Sahin einst als Spieler mit dem BVB die Meisterschaft und den DFB-Pokal gewonnen hat, kehrte er in der Winterpause dieser Saison als Co-Trainer von Edin Terzic zurück in den Signal Iduna Park. Zuvor war er als Head of Football beim türkischen Erstligisten Antalyaspor aktiv. Doch die Rolle als Co-Trainer reicht ihm nicht - er strebt eigentlich einen anderen Posten an.
„Das war ihm egal“: Loblied auf Klopp
„Als das Angebot von Dortmund kam, musste ich das erste Mal überlegen. Ich habe mich selbst nicht als Co-Trainer gesehen. Und ich sehe mich immer noch nicht als Co-Trainer, weil ich Cheftrainer werden möchte“, sagte er im Interview mit The Coaches‘ Voice.
Für den Verein, für den er fast 300 Spiele machte, hätte er allerdings eine Ausnahme gemacht. „Borussia Dortmund ist für mich ein anderer Fall. Das ist mein Verein, meine Stadt und Teil meiner eigenen Geschichte. Und der Verein hatte in der ersten Saisonhälfte mit Problemen zu kämpfen“, erklärte der 35-Jährige.
„Edin öffnete die Türen, damit ich hierherkommen konnte“
Deswegen stimmte er letztendlich doch zu. Und seitdem Sahin zusammen mit Terzic an der Seitenlinie steht, hat sich die Lage bei Dortmund wieder etwas gebessert. Mit Sahin als Co-Trainer holte der BVB bereits mehr Punkte als zuvor, obwohl zwei Spiele weniger absolviert wurden. Außerdem gelang der erste Halbfinaleinzug in der Champions League seit 2013.
Bei seiner Arbeit hilft ihm vor allem, dass Terzic ihn machen lässt. „Das war auch Teil des Deals. Nehmen wir an, es gibt einen jungen Trainer voller Feuer und Energie. Wenn du ihn zurückhältst, kann ich dir nicht helfen. Aber Edin öffnete die Türen, damit ich hierherkommen und arbeiten konnte“, sagte der Deutsch-Türke. Zu seinem Trainerkollegen pflege er ein freundschaftliches Verhältnis.
Durch seine Rückkehr nach Dortmund konnte er sich sogar bereits einen Traum erfüllen. Als im Achtelfinale gegen Eindhoven die Champions-League-Hymne ertönte, hätte er Gänsehaut bekommen. Terzic sagte in dem Moment zu ihm: „Willkommen in der Champions League.“
Nachdem er in seiner aktiven Karriere bereits 24-mal in der Königsklasse auf dem Rasen gestanden hatte, hatte er sich vorgenommen, das auch als Trainer zu schaffen. Beim CL-Spiel in Eindhoven feierte er nun seine Premiere als Co-Trainer.
Nuri Sahin sieht sich selbst nicht im Rampenlicht
Seitdem konnte er vieles lernen - und weiß auch viele Dinge im Hintergrund zu schätzen: „Jetzt habe ich viel mehr Respekt vor meinen Assistenten, meinen Analysten, dem Koch, der Putzfrau und vielen mehr. Denn wenn man im Rampenlicht steht, sieht man nicht alles. Man muss alles sehen, tut es aber nicht.“
Als Spieler stand er ebenfalls oft nicht im Rampenlicht, sondern sorgte im defensiven Mittelfeld für die nötige Sicherheit im Spiel. Als Torschütze trat er nur selten in Erscheinung, machte in seinen 428 Spielen „nur“ 38 Tore. Dafür hielt er lange Zeit den Rekord als jüngster Spieler der Bundesliga-Geschichte. Mit 16 Jahren und 335 Tagen feierte er am 6. August 2005 sein Debüt auf der großen Bühne. Mittlerweile ist er allerdings auf Platz fünf zurückgefallen, wurde unter anderem von Youssoufa Moukoko und Paul Wanner überholt.
Recht schnell folgte damals eine Leihe zu Feyenoord, sowie der anschließende Wechsel zu Real Madrid. Nach einem weiteren kurzen Intermezzo beim FC Liverpool kehrte er nur zwei Jahre nach seinem Weggang zu Schwarz-Gelb zurück. Damaliger Coach: Jürgen Klopp. „Er hatte den größten Einfluss auf meine Karriere. Erst, als ich Spieler war - inklusive dem Bundesliga-Titel 2011 - aber auch, als ich Trainer wurde“, erzählte Sahin.
Sahin rief Klopp vor erstem Trainerjob an
Der Wechsel an die Seitenlinie war bei ihm sehr schnell gegangen. Als Antalyaspor seinen Trainer entlassen hatte, fehlte den Verantwortlichen ein Nachfolger. Deswegen kamen sie auf die Idee, Sahin, damals noch Spieler, zum Cheftrainer zu befördern. Vor der Entscheidung hatte er sich erst noch einen Rat bei seinem alten Trainer geholt: „Er war einer der wenigen Leute, die ich angerufen und gefragt habe, was er von der Idee halte, dass ich vom Spieler zum Cheftrainer werde“, sagte der ehemalige türkische Nationalspieler.
Der Einfluss von Klopp war vor allem zwischenmenschlich: „Er sah immer zuerst den Menschen und dann den Fußballspieler. Man hat es gespürt, vom Spieler Nummer eins bis zum Kaderspieler Nummer 25. Ob junger Spieler oder alter Spieler, das war ihm egal.“
Nach Ansicht von Sahin ist Klopp, neben Pep Guardiola, der beste Trainer der letzten 15 Jahre. „Wenn du ihn an der Seitenlinie hattest, hat es sich angefühlt, als würdest du mit zwölf Spielern spielen“, schwärmte er.
Bei Borussia Dortmund stehen für das Trainerteam noch entscheidende Wochen an. In der Bundesliga kämpft der BVB mit RB Leipzig noch um den vierten Platz und die damit verbundene sichere Qualifikation für die Champions League. Am Samstag steht das direkte Duell an (ab 15.30 Uhr im LIVETICKER).
Unter Umständen könnte wegen des guten Abschneidens der deutschen Teams im Europapokal aber auch der fünfte Platz zur Qualifikation für die Königsklasse reichen. Eine weitere Chance auf ein CL-Ticket für die nächste Saison bietet ein möglicher Gewinn des Henkelpotts. Dazu müsste sich der BVB aber erstmal im Halbfinale gegen Paris Saint-Germain (Mittwoch, 1. Mai, ab 21 Uhr im LIVETICKER) durchsetzen.