Eigentlich könnte es so einfach sein: Der FC Bayern sucht einen Trainer und der Sportvorstand, als die für den sportlichen Bereich zuständige Führungskraft, übernimmt die Aufgabe federführend.
Wieder Gezerre im Hintergrund
In der Tat: Max Eberl ist der Mann, der - von Sportdirektor Christoph Freund tatkräftig unterstützt - die vielleicht wichtigste Entscheidung der vergangenen Jahre fällen muss.
Doch der FC Bayern ist eben kein einfacher Verein. Es ist ein Klub, der immer wieder davon profitierte, dass viele kompetente und machtbewusste Männer die Fäden in den Händen hielten. Dass dabei Reibung entstand, nahm man stets gerne in Kauf.
Viele mächtige und machtbewusste Männer
Aktuell ist der Rekordmeister womöglich so breit aufgestellt wie noch nie. Neben Freund und Eberl sind es Präsident Herbert Hainer und CEO Jan-Christian Dreesen, die auf der Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel schon qua Amt ein Wörtchen mitzureden haben.
Hinzu kommen die Macher - manche nennen sie auch die Väter des FC Bayern: Klub-Patron Uli Hoeneß und Ex-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Auf dem Papier sind beide „nur“ noch einfache Mitglieder des Aufsichtsrats, doch natürlich haben ihre Worte weiterhin Gewicht.
Hoeneß macht daraus auch gar keinen Hehl. „Wir lieben einfach diesen Verein. Solange wir das Gefühl haben, wir können helfen mit unserem Rat, werden wir das tun“, sagte der 72-Jährige Ende März dem BR. Aktuell haben beide dieses Gefühl.
Doch während Hoeneß vermehrt via Interviews seine Meinungen unters Volk bringt und Eberl zur Seite steht, beschränkt sich Rummenigge auf sein Wirken im Hintergrund. SPORT1-Informationen zufolge war er es, der sich vehement gegen eine Rückholaktion von Julian Nagelsmann aussprach und sich letzten Endes durchsetzte.
Nagelsmann sah Rummenigge als Risiko für sich
Dass mit Rummenigge ein mächtiger Kritiker weiterhin Einfluss hat, dürfte den Bundestrainer abgeschreckt haben. Dem Vernehmen nach habe Nagelsmann befürchtet, von Tag 1 an unter genauer Beobachtung zu stehen und auch öffentliche Zurechtweisungen durch Rummenigge erwartet. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen.
Diese Furcht scheint nicht unberechtigt, war es doch der ehemalige Weltklassestürmer, der sich immer wieder kritisch über Nagelsmann und dessen Arbeit äußerte. Noch gut in Erinnerung ist Rummenigges Spitze, als er den damaligen Bayern-Trainer als „Talent“ bezeichnete und ihm empfahl, zu lernen, mit dem Druck in München umzugehen.
Kaum versteckt ließ Nagelsmann damals durchblicken, wie sehr ihn solche Einwürfe von außen stören. „In meinen Augen sagen das auf jeden Fall zu viele“, erklärte der mittlerweile 36-Jährige über den Begriff „Trainer-Talent“.
Nagelsmanns Berater traten forsch auf
Solche Aussagen dürften auch in den Verhandlungen zwischen Nagelsmanns Beraterteam und den Bayern-Bossen zur Sprache gekommen sein. SPORT1-Informationen zufolge traten die Agenten durchaus selbstbewusst in den Verhandlungen auf und wiesen auf eben solche Störfeuer hin. Eberl bestätigte dies indirekt und stellte am Samstagabend im Interview mit Sky fest, dass bei Nagelsmann der „Stachel von damals noch zu tief sitzt“.
Beobachter des FC Bayern stellen erneut fest, wie im Klub durch verschiedene Strömungen die Entscheidungsfindung erschwert wird. Rummenigge ist ein Fürsprecher von Ralf Rangnick, während Hoeneß mit Nagelsmann zufrieden gewesen wäre - und umgekehrt. Wieder ringen die beiden um die für den Rekordmeister beste Lösung.
Rummenigge ist Favre-Fan
Auch die Tatsache, dass Lucien Favre in aktuellen Berichten als Übergangslösung genannt wird, dürfte eher Rummenigge gefallen. Er schwärmt bereits seit vielen Jahren vom Schweizer, mit dem er sich in deren gemeinsamer Spielerzeit bei Servette Genf ein Zimmer teilte.
Eberl wird gemeinhin dem Hoeneß-Lager zugerechnet. Die Verbindung der beiden ist bekanntermaßen sehr intakt. Seit Jahren tauschen sie sich aus. Doch aktuell arbeitet der Sportvorstand fleißig daran, sein eigenes und eigenständiges Profil zu schärfen. Medial tritt er clever auf, klubintern beweist er ebenfalls ein feines Gespür, was die Mannschaft und der Verein jetzt brauchen.
Und einer Tatsache dürfte sich der 50-Jährige bereits vorher bewusst gewesen sein: Der FC Bayern ist kein einfacher Verein.