Danke schön, wir sind Bayer Leverkusen. Wenn Ihr Spielwünsche habt, ruft sie einfach. Spielt dieselbe Nachspielzeit nochmal. Alles klar, dieselbe Nachspielzeit. Und los! In Anlehnung an das Prinzip der Cantina Band könnte der frisch gebackene Deutsche Meister gut und gerne auch seine gesamte Saison zusammenfassen, so wirkt es jedenfalls. Denn gegen Borussia Dortmund (1:1), dem 45. Saisonspiel der Werkself, wäre es wieder einmal fast passiert.
Plötzlich ist Stanisic-Zeit
Nicht viel fehlte und Bayer hätte die erste Niederlage kassiert. Doch abermals rettete sich die Mannschaft von Xabi Alonso durch ein extrem spätes Tor. Es war der bereits 14. Treffer, den sie in dieser Saison nach Ablauf der regulären Spielzeit schoss und der dafür sorgte, dass ein Ende dieser unfassbaren Serie nur ein Konjunktiv blieb. Zu verdanken hatte sie es diesmal Josip Stanisic, der nach einem Eckstoß hochstieg und in die rechte Ecke köpfte. Gefühlt musste es so kommen, es scheint längst ein Gebot des Fußballs zu sein.
„Es war unglaublich. Ich habe selbst nicht damit gerechnet, aber als der Ball kam, habe ich gesehen, dass ich drankommen könnte“, beschrieb der 24 Jahre alte Abwehrspieler hinterher bei DAZN seinen Blick auf die entscheidende Szene, die letztlich zum verdienten Ausgleich führte. „Dann bin ich hochgesprungen und habe versucht, den Ball auf das Tor zu drücken. Als ich gesehen habe, dass er drin ist, war ich überwältigt. Weil ich wusste: Das war es jetzt, wir verlieren doch nicht.“
Weit mehr als nur eine solide Kaderergänzung
Dass die teaminterne Challenge, tatsächlich bis zum Saisonende ungeschlagen zu bleiben, beim BVB beinahe ein Ende gefunden hätte, ließ Stanisic jedoch kaum an sich heran. „Wir denken gar nicht groß darüber nach, wenn wir mal hinten liegen. Das Spiel wird bis zum Schluss gespielt“, sagte der Kroate. „Natürlich hätte es heute so weit sein können, dass wir verlieren. Wir machen nichts Besonderes, wir glauben einfach daran. Wie sagt man so schön? Wenn es läuft, dann läuft es.“
Und es läuft - unfassbar gut. Nicht nur für den Verein, sondern auch für Stanisic persönlich. Dass sich ausgerechnet die Bayern-Leihgabe zum neuerlichen Matchwinner aufschwingt, kommt einem derweil nur wie die logische Folge seiner bärenstarken letzten Wochen vor. Hatte er während der Hinrunde die Rolle des Ergänzungsspielers gepachtet, zeigt er jetzt, wie wichtig dieser Transfer doch war und wie wertvoll er für den Tabellenführer der Bundesliga ist. Aus der ersten Elf ist Stanisic praktisch nicht mehr wegzudenken.
Zur Erinnerung: Lange stand Stanisic im Schatten von Odilon Kossounou, der schlicht überragend performte und nicht zu verdrängen war. Folglich bekam der Neuzugang nur Chancen, wenn seinem Teamkollegen mal eine Schaffenspause gewährt wurde. Sechs Ligaspiele, davon zwei von Beginn an - so lautete seine dürftige Ausbeute vor Weihnachten. Doch seit dem Afrika-Cup im Frühjahr, als Kossounou mit der Elfenbeinküste gar den Titel holte und eine ganze Weile fehlte, hat sich das Blatt komplett gewendet.
So ist die Tendenz beim gebürtigen Münchner nicht erst seit gestern ausschließlich positiv. Mehr noch: Stanisic hat sich als Stammkraft etabliert und scheint dieser Tage unverzichtbar zu sein. Egal, ob als rechten Part der hinteren Dreierkette oder auf der rechten Schiene, insbesondere gegen den Ball agiert er sehr diszipliniert und ist stabil in den Zweikämpfen. Dazu fällt er im Halbraum immer wieder als Initiator von gefährlichen Angriffen auf, wobei ihm seine saubere Technik und hohe Ballsicherheit hilft.
Stanisic: Zurück nach München oder doch ein Verbleib?
Wurde während der Hinrunde noch oft über Sinn und Unsinn seines Transfers diskutiert, lässt sich mittlerweile festhalten: Die Leihe war ein Gewinn. Für die Leverkusener sowieso - aber auch für Stanisic. Kein Wunder, dass der jüngste Torschütze in den vergangenen Wochen die Herzen unzähliger Bayer-Fans gewinnen konnte. Viele sprechen sich in den Sozialen Medien dafür aus, Stanisic unbedingt zu halten.
Ein realistisches Szenario? „Er wird wieder (nach München; Anm. d. Red.) zurückkehren. Er hat noch Vertrag bis 2026″, betonte dessen Berater Dieter Hoeneß erst im März: „Es gibt keine Klausel und keine Kaufoption für Bayer Leverkusen, sodass er im Sommer wieder beim FC Bayern sein wird.“ Stanisic selbst, der eben nur für ein Jahr ausgeliehen ist, hielt sich allerdings weitaus bedeckter und vermittelte keine ganz große Euphorie.
„Die Situation ist so, dass ich zurückmuss. Aber man weiß ja nie im Fußball“, sagte Stanisic unlängst. Es sei ein sehr schnelllebiges Geschäft. „An einem Tag bin ich da und am anderen Tag bin ich wieder weg.“ Zugleich stellte der Defensiv-Allrounder wiederholt klar, wie gerne er mit Alonso zusammenarbeiten würde. „Ich kenne Xabi Alonso nun ein Jahr, weiß, wie gut er ist: zur Mannschaft, zu mir persönlich. Wir merken Xabi einfach an, dass er einen großen Spaß an der Arbeit hat. Die Spieler lieben ihn alle.“
Einen großen Spaß an der Arbeit hat zweifellos auch Stanisic - nicht erst seit seinem späten Treffer in Dortmund. Der kroatische Nationalspieler fühlt sich inzwischen merklich wohl. Und die Tatsache, dass er bisher ein klares Bekenntnis zu seinem Stammverein vermied, lässt die Werkself noch zaghaft von einer festen Verpflichtung träumen. Offenbar will der Verein auf den richtigen Moment warten, um einen Vorstoß beim FC Bayern zu wagen. Der Ausgang: offen.