Es war 19.20 Uhr am frühen Sonntagabend, als Bayer Leverkusen im Spiel gegen Bremen (5:0) die erste Meisterschaft in der Geschichte des Vereins perfekt machte - und das sechs Spieltage vor Saisonende. Die Freude im Rheinland war natürlich grenzenlos. SPORT1 hat den gesamten Tag im Protokoll.
So wild war Bayers Party-Abend
15:45 Uhr: Tausende Fans versammeln sich auf der Bismarckstraße, direkt an der BayArena, die von den Fans kurzerhand in „Xabi-Alonso-Allee“ umbenannt wurde. Dort empfangen sie den Mannschaftsbus, stimmen immer wieder Fangesänge an, zünden dabei sowohl Pyrotechnik als auch Böller.
16:10 Uhr: Eine riesige Party startet! Die Mannschaft fährt über die „Xabi-Alonso-Allee“ zur BayArena. Es herrscht völliger Ausnahmezustand. Dort, wo die Ultras auf den Bus warten, verschwindet dieser in einer Wolke aus rotem, weißen und schwarzen Rauch. Lautstark wird gesungen: „Deutscher Meister wird nur der SVB.“
Rolfes gibt sich vor Spiel selbstbewusst
16:56 Uhr: Mittlerweile ist das Team im Stadion angekommen. Kapitän Lukas Hradecky und seine Torwart-Kollegen Matej Kovar sowie Niklas Lomb betreten zuerst das Feld und wärmen sich auf, ehe auch die Teamkollegen aus der Kabine kommen. „Eines Tages sind wir Meister“, skandieren die Leverkusener Anhänger diesmal.
17:02 Uhr: „Wir wollen den Deckel drauf machen, ganz klar. Die Mannschaft ist mental stark und macht ihr Ding“, sagte Bayer-Sportdirektor Simon Rolfes zuversichtlich im Interview bei DAZN. Xabi Alonso meint: „Es war schön, am Stadion anzukommen. Wir müssen die Energie der Fans für unser Spiel nutzen.“
17:25 Uhr: Unmittelbar vor Spielbeginn ist die Atmosphäre in der BayArena grandios. Seit dem DFB-Pokal-Triumph 1993 hat der Verein keinen Titel mehr gewonnen und in wenigen Minuten wird die Partie angepfiffen, die dies endlich ändern könnte. Entsprechend laut werden die Fan-Hymnen gesungen. Xabi Alonso überrascht hingegen und setzt Florian Wirtz sowie Alejandro Grimaldo zunächst auf die Bank.
17:39 Uhr: Das Spiel läuft, die Anspannung ist überall spürbar. Auf den Rängen, wo die Stimmung sogar noch leicht gehemmt ist. Auch auf dem Rasen spiegelt sie sich wider. Leverkusen leistet sich ungewohnt viele Abspielfehler und kommt nicht so flüssig ins Spiel wie eigentlich gewohnt.
17:46 Uhr: Was dann hilft? Ein Elfmeter! Nach einem Foul an Jonas Hofmann lässt sich der VAR lange Zeit, deutet aber letztlich auf den Punkt. Victor Boniface übernimmt die Aufgabe, trifft sicher ins rechte Eck und stößt das Tor zum Titel ganz weit auf.
Bayer-Fans stürmen früh den Innenraum
18:29 Uhr: Dann ist Pause im Rheinland! Die Werkself befindet sich auf Meisterkurs, Werder kann bisher noch keine großen Chancen verbuchen. So ganz wollen die Bayer-Fans der Sache trotzdem noch nicht trauen.
18:47 Uhr: Erst trifft Granit Xhaka aus der Ferne, wenig später zieht der mittlerweile eingewechselte Wirtz nach. Der 20-Jährige legt sich nach schneller Drehung den Ball zurecht und hämmert ihn aus 18 Metern mit einem präzisen Distanzschuss unter die Latte. So nimmt die Meisterfeier rapide an Fahrt auf - bis es letztlich kein Halten mehr gibt.
19:12 Uhr: Erste Fans springen schon über die Zäune. Die Bitte der Stadionsprecherin, doch noch ein paar Minuten auf den Rängen zu bleiben, bleibt ungehört. In der Nordkurve werden gar die Tore geöffnet. Hunderte Anhänger bringen sich für den Platzsturm in eine gute Position.
19:13 Uhr: Florian Wirtz schießt das 4:0, viele Fans stürmen daraufhin den Platz - sieben Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit. Der 20-Jährige verzichtet gar auf den Torjubel, brüllt ihnen stattdessen entgegen und versucht selbst, die Anhänger zurückzuhalten. Dies klappt allerdings nur mittelmäßig gut. Die Partie muss kurzzeitig unterbrochen werden. Aus Angst vor einem Spielabbruch rufen viele, die auf den Rängen bleiben, „Idioten“ in Richtung des Rasens oder äußern ihr Unverständnis mit lauten Pfiffen.
Tränen und viel Bier nach dem Abpfiff
19:20 Uhr: Aber das Match wird fortgesetzt - und eins geht noch! Wirtz schürt tatsächlich den Hattrick zum 5:0 und die Fans stürmen erneut auf den Platz. Es ist ein meisterliches Chaos - mit dem sich zum Glück auch Schiedsrichter Harm Osmers abfinden kann. Er pfeift pünktlich ab, damit ist Leverkusen der neue Deutsche Meister!
19:24 Uhr: Unglaubliche Szenen in der BayArena. Die Fans zerreißen ihre Helden fast, unter anderem Wirtz, der von einer Jubelmenge beinahe erdrückt wird. Es ist eine bunte Mischung aus lachenden Gesichtern und Bengalos zu sehen. Aber auch aus Freudentränen. Unzählige Leverkusener weinen hemmungslos auf den Tribünen und dem Rasen.
19:31 Uhr: Während die sich Fans mit ihren Gefühlen befassen, bekommen sie Zuwachs von draußen. Viele Leute, die eigentlich gar kein Ticket haben, klettern über die Zäune und stoßen letztlich sogar die Tore zur BayArena auf. Das spricht sich schnell herum - weitere folgen und erleben die Party auf dem Rasen plötzlich hautnah.
19:40 Uhr: Auch in den Katakomben herrscht inzwischen absolutes Chaos. Für die Mannschaft gibt es Pizza und Bier, einige Spieler tanzen und singen in der Kabine. Ihre Freunde und Familienmitglieder kommen hinzu und feiern mit. Eine besonders schöne Szene: Nathan Tella bittet Xhaka um ein Foto mit seinen Eltern, die eigens aus London angereist waren.
19:49 Uhr: Diesem einen Party-Ritual konnte selbst Xabi Alonso nicht entkommen: die Bierdusche. Als der Bayer-Coach gerade bei der offiziellen Pressekonferenz die Fragen der Jounalisten beantwortete, rennen Wirtz, Tella, Jonathan Tah, Edmond Tapsoba, Robert Andrich, Jonas Hofmann und Odilon Kossounou mit lauten Gesängen sowie mehreren großen Biergläsern in den Raum und übergießen den Basken ausgiebig. „Es ist kalt“, sagt Alonso danach mit einem Lächeln.
20:18 Uhr: Längst sind die Tornetze und Eckfahnen weg, von den Anhängern als Souvenir geklaut. Damit gleiches nicht auch mit den Pfosten passiert, bewacht inzwischen eine ganze Schar an Ordnern die beiden Tore.
„Deutschlands beste Mannschaft, SVB“
20:41 Uhr: Der Moment, auf den alle Fans in der BayArena gewartet haben. Die gesamte Mannschaft präsentiert sich auf einem Logen-Balkon in der Südkurve. Zahlreiche Spieler haben Bier in der Hand, Jeremie Frimpong auch eine Sektflasche, Robert Andrich hingegen eine Meisterschale aus Pappe.
20:43 Uhr: Zuerst ergreift Kapitän Lukas Hradecky das Mikrofon und stimmt, wie es in Leverkusen üblich ist, ein „Uffta“ an. Danach schreit der offensichtlich bestens gelaunte Frimpong einige Sätze ins noch sehr gut besetzte Stadion und heizt die Fans an. Viele Protagonisten wie Tah, Rolfes, Victor Boniface oder Geschäftsführer Fernando Carro folgen.
20.52 Uhr: Unter tosendem Applaus ist Alonso an der Reihe und versichert den Anhängern: „Wir wollen mehr, den Pokal und auch die Europa League. Aber jetzt ist der Moment, um das alles zu genießen. Vielen Dank, Deutscher Meister!“
21:01 Uhr: Natürlich muss auch Wirtz, von den Anhängern längst als „Fußballgott“ bezeichnet, ran und präsentiert zur allgemeinen Überraschung kein Ranking mit Kartoffel-Snacks, sondern einen Fan-Song, der so wirklich noch nie in der BayArena gesungen wurde. „Deutschlands beste Mannschaft, SVB“, lautet dieser, durchaus angelehnt an einen des FC Bayern.
Leverkusen singt „We Are The Champions“
21:09 Uhr: Die Mannschaft wünscht sich den Song „We Are The Champions“ von Queen und bekommt diesen auch. Alle singen mit. Ein weiterer, emotionaler Moment in der BayArena.
21:13 Uhr: Stadionsprecher Tobias Ufer verabschiedet das Team vom Balkon und sagt wie Alonso angriffslustig: „Wir haben noch etwas vor!“ Damit sind die möglichen Titel im DFB-Pokal und der Europa League gemeint. In letzterem Wettbewerb tritt die Werkself am Donnerstag bei West Ham United an - immerhin mit einem 2:0-Polster im Rücken.
21:20 Uhr: Unterdessen geht die Party draußen weiter. Vor allem den Stadtteil Opladen haben viele als „Feierzentrum“ für den Meistertitel auserkoren. Menschen stehen vor den Kneipen und Kiosks, feiern dort ausgelassen mit Freunden und Fremden. Auf den Straßen rundet ein Autokorso samt hupenden Wagen das Bild ab.
21:45 Uhr: Für die Mannschaft geht es dagegen in die Premium-Lounge im zweiten Stock der BayArena. Dort feiern sie die erste Meisterschaft der Klubgeschichte weiter mit ihren Familien und Freunden.
23:50 Uhr: Frimpong und Boniface rufen den Kölner Gastronom Tom Thomas, Café de Paris-Chef und ausgerechnet einen FC-Fan, an und fragen, ob er spontan einen seiner mehrerer Läden öffnen könne. Er stimmt zu, sodass die Spieler gegen ein Uhr nachts noch auf die andere Rheinseite fahren.
4:50 Uhr: Die improvisierte Meisterfeier samt selbst mitgebrachtem DJ soll bis fünf Uhr morgens gegangen sein. Wohl in dem Wissen, dass am Montag nicht trainiert wird. Aber: Alonso war im Café de Paris an der Ehrenstraße trotzdem nicht mehr dabei.