In den Tagen rund um den 23. und 24. März 2023 knallte es beim FC Bayern gleich mehrfach - das überraschende Aus von Trainer Julian Nagelsmann sollte noch lange nachhallen.
Skiurlaub und Suche nach der Wahrheit
Denn nicht nur der Zeitpunkt der Trennung, die auf Raten öffentlich wurde, überraschte. Vor allem das Ringen um die Deutungshoheit, wer denn nun wann und wo erreichbar war, sorgte noch lange für Wirbel und sogar einen Lügen-Vorwurf. Doch der Reihe nach.
Nagelsmann-Aus bei Bayern sorgt für Knall
Für den ersten Knall sorgte am 23. März spätabends Transfer-Insider Fabrizio Romano mit seinem Bericht, Nagelsmann werde bei den Bayern gefeuert. Ein mediales Beben folgte.
Zwar hatte der Trainer mit Bayern kurz zuvor (am 19. März) mit 1:2 bei Bayer Leverkusen verloren und die Tabellenführung der Bundesliga an den BVB abgeben müssen, die Titelchancen in Liga, DFB-Pokal (Viertelfinale gegen Freiburg) und Champions League (Viertelfinale gegen Manchester City) waren aber noch intakt.
Trotzdem bestätigte der FCB tags darauf, am 24. März um exakt 17.45 Uhr via Pressemitteilung, die Trennung von Nagelsmann und die Verpflichtung von Thomas Tuchel (dessen Aus wiederum nicht mal ein Jahr später verkündet wurde). Der zweite Knall - dieses Mal offiziell.
Wirbel um Skiurlaub und Erreichbarkeit
Rund um den Nagelsmann-Rauswurf entspann sich seinerzeit allerdings eine noch kuriosere Randgeschichte, in deren Kern es darum ging, warum die Trennung schon vorher durchsickerte.
Die Aussagen der Hauptpersonen hierzu standen auch Monate später im Gegensatz zueinander, sodass sich Nagelsmann rund ein Jahr nach seinem Aus erneut um die Darstellung seiner Sichtweise bemühte.
„Mir wurde damals vorgeworfen, ich sei nach einer Niederlage gegen Bayer Leverkusen nicht erreichbar gewesen. Das stimmte einfach nicht!“, ärgerte sich der Bundestrainer im Februar 2024 in einem Interview mit dem Spiegel.
Eine nicht unwesentliche Rolle spielte ein Skiurlaub von Nagelsmann mit Freundin Lena Wurzenberger - SPORT1 traf den Noch-Bayern-Coach damals am Mittwoch, dem 22. März 2023, im Zillertal an.
Nagelsmann-Aus: Wer erzählt die Wahrheit?
Zur Erinnerung: Der damalige Bayern-Vorstand Oliver Kahn hatte seinerzeit erklärt, dass man Nagelsmann aus Gründen des Stils nicht nur telefonisch über die Trennung habe informieren wollen. Der einstige Titan hatte weiter behauptet, dass es dem Trainer, der in besagtem Skiurlaub weilte, nicht möglich gewesen sei, an die Säbener Straße zu kommen.
Sportvorstand Hasan Salihamidzic wiederum erklärte, dass man sehr wohl versucht habe, Nagelsmann telefonisch zu erreichen. Was aber erst nach mehreren Versuchen geklappt habe, als die Information bereits die Öffentlichkeit erreicht hatte. So kam es zwischenzeitlich zum kuriosen Umstand, dass der Noch-Trainer dem kicker erklärte: „Nein“, er wisse „noch nicht“, dass er beim Rekordmeister durch Tuchel ersetzt werden soll.
Das Management von Nagelsmann hatte einen Kontaktversuch durch die Bayern-Seite derweil abgestritten. Vielmehr sei die Agentur letztlich auf Salihamidzic zugegangen.
Hoeneß: „Wäre er in München geblieben ...“
„Ich war von Montag bis Mittwoch ganz normal im Büro am Trainingsgelände an der Säbener Straße“, sagte Nagelsmann 2024 dem Spiegel: „Als Einziger übrigens, sonst war keiner der Verantwortlichen da. Ich bin dann Mittwochmittag bis Freitagmorgen in den Kurzurlaub gefahren. Das war auch so genehmigt.“
Auch diese Aussage kam wieder überraschend, hatte Bayern-Macher Uli Hoeneß nach der Trennung doch erklärt, dass das Aus womöglich mit einem Gespräch am Montag oder Dienstag hätte verhindert werden können. Also zu einem Zeitpunkt, als Nagelsmann wie nun erklärt noch vor Ort war.
Das Zitat von Hoeneß lautete damals: „Wäre er in München geblieben, hätte man sich am Montag oder Dienstag zusammengesetzt und gesprochen. Und, wer weiß, was dann passiert wäre?“
Auch mit den neuerlichen Nagelsmann-Stimmen lässt sich der Vorgang also nicht vollständig rekonstruieren. Klar ist nur: Am Freitag, dem 24. März 2023, gegen 15 Uhr fuhr der Trainer an der Säbener Straße vor, eine Stunde später verließ er die Geschäftsstelle wieder. Sein offizielles Aus folgte noch am Abend.
Nagelsmann mit Seitenhieben gegen Bayern
Bis heute sieht Nagelsmann die Art und Weise kritisch und monierte wiederholt fehlende Kommunikation: „Wenn nach einer Niederlage nicht mehr geredet wird, weiß man, dass etwas im Argen liegt. Ich habe mir bei allen Vereinen, bei denen ich gearbeitet habe, immer gewünscht, dass man mir offen sagt, wenn man einen neuen Trainer will.“
Dies sei doch selbstverständlich, „es geht immerhin um meine Karriere. Aber in dem Geschäft fehlt es an Offenheit. Das, was nach einer Trennung nach außen kommuniziert wird, hat mit der Realität wenig zu tun. Aber so wurde es im Fußball immer gemacht, und es wird auch in den nächsten 30 Jahren so sein.“
Und so blieb auch das Thema Nagelsmann-Aus bei Bayern noch lange Thema - auch zu dessen Zeit als Bundestrainer. Im März 2024, fast auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Rauswurf, ließ er in einer Gesprächsrunde mit Fans aufhorchen.
„Ich habe eine generelle Meinung, wie man mit Trainern umgeht, was man von einem Trainer erwartet und wie man ihm auf der anderen Seite dann auch den Rücken freihält und ihm die Zeit dafür gibt“, meinte Nagelsmann vielsagend auf die Frage nach seinem Aus bei Bayern: „Es heißt immer, der Trainer sei die wichtigste Person im Verein. Und es ist skurril, dass man immer die wichtigste Person zuerst rauswirft. Da stimmt etwas nicht.“