Von einer „sehr schlechten“ Saison für den FC Bayern sprach der langjährige Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge bereits - hätte der FCB das Viertelfinale der Champions League verpasst.
Kaum noch eine Schlagzeile wert
Durch den 3:0-Erfolg gegen Lazio Rom ist zumindest diese „sehr schlechte“ Saison abgewendet und das Mindestziel in der Königklasse erreicht. Doch unabhängig davon haben die vergangenen Wochen und Monate zumindest einen großen Gewinner beim deutschen Rekordmeister hervorgebracht: Aleksandar Pavlovic.
Im 19-jährigen gebürtigen Münchner, seit 2011 im Verein, sieht Sportdirektor Christoph Freund „ein absolutes Vorbild für unsere Jungs im Campus“. Die Nachwuchsspieler, die es in der jüngeren Vergangenheit aus den U-Mannschaften zu den Profis schafften, sind schließlich an einer Hand abzuzählen.
Bei Mittelfeldspieler Pavlovic spricht vieles dafür, dass er sich zu einem der Gesichter des FC Bayern entwickeln könnte. Im Sommer steht ein größerer Umbruch im Kader an, von diesem wird er nicht betroffen sein. Im Gegenteil: Kurz nach Pavlovics erstem Bundesliga-Einsatz gegen Darmstadt am 9. Spieltag wurde sein Vertrag bis 2027 verlängert. Eine Woche später, als ihm im Spitzenspiel gegen Dortmund für 30 Minuten das Vertrauen geschenkt wurde und er dies mit einem Assist zurückzahlte, war sein Name in aller Munde.
Müller: Pavlovic hat „Mumm in den Knochen“
Wer ist dieser Pavlovic, der zu Saisonbeginn noch für die 2. Mannschaft in der Regionalliga gegen Burghausen und Vilzing aufgelaufen war? Viele Fans rätselten. Für Thomas Müller hingegen war dessen Profidebüt nur eine Frage der Zeit: „Aleks ist ein super Junge, ich mag seine Spielweise. Er spielt Fußball, wie ich das kenne, er hat Mumm in den Knochen“, schwärmt der Routinier vom 15 Jahre jüngeren Kollegen.
Bei seinem zweiten Startelfeinsatz im Dezember gegen den VfB Stuttgart - begünstigt durch die Ausfälle von Leon Goretzka und Joshua Kimmich - übernahm Pavlovic die Standards und bereitete Treffer von Min-Jae Kim und Harry Kane auf dem Weg zum 4:0 vor. Zu viel Euphorie wollte Müller im Anschluss dann aber doch nicht aufkommen lassen.
Als „Stammtisch hoch 14″ bezeichnete er es, dass einige im Youngster bereits den neuen Heilsbringer sähen. Auch dieser habe nämlich noch viel Luft nach oben. Wirklich zu stoppen war der Hype in der Folge allerdings nicht mehr, Lob gab es schließlich von allen Seiten. Laut Trainer Tuchel legte Pavlovic durch eine „sensationell gute Vorbereitung“ die Grundlagen für seine späteren Leistungen, „es sind alle Voraussetzungen gegeben, dass er seinen Weg gehen wird“.
Pavlovic überzeugte in seinen bisher 17 Saisoneinsätzen für die Profis durch seine Unaufgeregtheit am Ball und kaum vorhandene Formschwankungen - für einen Spieler seines Alters alles andere als selbstverständlich. Dass er derjenige ist, der das fragile Gebilde tragen soll, das der FC Bayern 2024 darstellt, wäre jedoch zu viel des Guten. So gesehen in Leverkusen, wo die Münchner mit Pavlovic untergingen.
Bayern-Youngster spielt „wie ein alter Hase“
Fünfmal stand Pavlovic in den vergangenen sechs Bundesligaspielen in der Startelf. Dass dies kaum noch eine Schlagzeile hervorruft, dokumentiert das Standing, welches er mittlerweile innehat. Logisch also, dass dem 19-Jährigen auch im Schlüsselspiel gegen Lazio am Dienstag das Vertrauen geschenkt wurde.
Pavlovic dankte es mit einer starken Leistung (SPORT1-Note: 2). Den ersten Treffer leitete er mit einem Vertikalball ein. „Wie ein alter Hase“ sei der „sensationelle“ Pavlovic aufgetreten, lobte Sky-Experte Dietmar Hamann. Der Youngster selbst gab sich nüchtern und sprach nach dem 3:0 lieber über die Bereiche, in denen er sich noch verbessern will: im Körperlichen und in der Defensive. Als Vorbild in dieser Hinsicht sieht er „Maschine“ Leon Goretzka.
Wer hätte gegen Lazio im Mittelfeldzentrum gespielt, wenn Kimmich nicht als Rechtsverteidiger gebraucht worden wäre? Dies Frage stellte sich nicht, Ex-BVB-Profi Patrick Owomoyela warf sie bei Amazon Prime dennoch auf: Pavlovic mache seine Sache „wahnsinnig gut. Er ersetzt Kimmich nicht nur, er hat ihn auf der Position fast verdrängt.“
Pavlovic: Über die U21 des DFB zur EM?
Spannend wird es zu beobachten sein, ob Pavlovics Entwicklung die Suche nach der verzweifelt herbeigesehnten ‚Holding Six‘ beeinflusst. „Er ist fester Bestandteil unseres Kaders. Das wird sich auch nicht ändern, wenn wir noch einen Mittelfeldspieler verpflichten“, sagte Tuchel noch in der Vorrunde. Im Winter wurde dieser Spieler nicht gefunden. Nun ist der neue Sportvorstand Max Eberl - gemeinsam mit Tuchels Nachfolger - damit beauftragt, das Kaderpuzzle zu lösen.
Doch nicht nur im Klub könnte Pavlovic mittelfristig in Konkurrenz zu Goretzka und Kimmich treten. Zweimal lief er 2023 für die deutsche U20 auf, statt A-Team dürfte der nächste Schritt erst einmal eine Berufung von Trainer Antonio Di Salvo in die U21 vorsehen. Der Sohn serbischer Eltern will sich bei der Nationalmannschaftswahl bisher noch nicht festlegen, vieles spricht für den DFB - auch wenn der serbische Verband am Mittwoch mit einem öffentlichen Statement vorpreschte.
Vielleicht ist ja in Julian Nagelsmanns Kader für die Europameisterschaft bereits ein Überraschungsplatz für den Bayern-Senkrechtstarter vorgesehen.