Das Leben des Bryan Zaragoza hat im Winter eine unerwartete Wende genommen, die eigentlich erst für den Sommer vorgesehen war. Zwar wurde ihm beim FC Bayern mit dem vorgezogenen Wechsel Ende Januar nicht unbedingt die Rolle des Messias zugeschrieben. Aber als Soforthilfe war der Flügelstürmer aufgrund der angespannten Personalsituation in der Offensive schon gedacht.
Bitteres Los eines Bayern-Neuzugangs
Doch die Hoffnungen haben sich bislang noch nicht erfüllt. Zuletzt war für den Tempodribbler, der Franck Ribéry als sein großes Vorbild bezeichnet, vor der Länderspielpause in Darmstadt (5:2) noch nicht einmal Platz im Kader. Zwischenzeitlich kam die Frage auf, ob es vielleicht ein Fehler war, den Transfer so kurzfristig vorzuziehen.
Auch in Spanien wird das harte Bayern-Leben des Bryan Zaragoza genau verfolgt. Der Journalist Marcos Benito von El Chiringuito TV behauptete Mitte März, Trainer Thomas Tuchel habe noch nie ein Wort mit Zaragoza gesprochen und der Wechsel im Winter sei auch nicht in Tuchels Sinne gewesen.
Tuchel: „Das geht nicht ohne Gespräche“
„Ich weiß gar nicht, ob es das wert ist, darauf zu antworten“, zögerte Tuchel auf der PK vor dem Duell mit dem BVB (Samstag, 18.30 Uhr im LIVETICKER) zunächst, „aber ich würde mal mit einer gewissen Unbescheidenheit behaupten, dass ich nicht unbeteiligt war an der Entscheidung, dass er überhaupt bei Bayern unterschrieben hat.“
Und er schob hinterher: „Das geht nicht ohne Verhältnis und das geht auch nicht ohne Gespräche.“
Tuchel verwies darauf, dass er an den Verhandlungen im Januar beteiligt gewesen sei. „Ich war mit Christoph Freund bei dem letzten und entscheidenden Gespräch in München dabei. Sein Vater war dabei, sein Berater war dabei. Wir können beide kein Spanisch, das genügt, um einen Spieler zu überzeugen. Also hat der Berater für uns gedolmetscht. Aber wir haben genug Verbindung aufgebaut über Blicke, Gesten und Emotionen, um den Jungen zu überzeugen, im Sommer bei uns zu unterschreiben“, erklärte Tuchel.
Nach den Verletzungen der Flügelspieler Kingsley Coman, Serge Gnabry und Leroy Sané habe man dann bei den Bayern gemeinsam darüber diskutiert, ob es Sinn machen würde, den für Sommer angedachten Wechsel von Zaragoza vorzuziehen.
Tuchel-Assistent dolmetscht für Zaragoza
„Wir haben ihn aus einem gewohnten Umfeld rausgerissen. Das war uns auch bewusst. Wir haben ihn auch aus seinen Deutschstunden dort herausgerissen“, sagte Tuchel.
Beim spanischen Abstiegskandidaten FC Granada war Zaragoza mit sechs Toren und zwei Assists zu Beginn dieser Saison ein absoluter Leistungsträger. Der Schritt zum FC Bayern war aber nicht nur sportlich ein ganz großer. Für den 22-Jährigen ist es die erste Station im Ausland. Und: Zaragoza spricht nur Spanisch.
Die Ansprachen bei den Bayern werden auf Deutsch und Englisch abgehalten. Dass sich zurzeit kein weiterer Spanier im Profikader der Bayern befindet, ist für Zaragozas Integration nicht unbedingt förderlich.
Um ihm die Eingewöhnung zu erleichtern, haben ihm die Bayern in Tuchels Assistenztrainer Nicolas Mayer einen eigenen Dolmetscher zur Seite gestellt. „Ich kann nach wie vor kein Spanisch, mein Assistenzcoach Nico Mayer kann das. Deshalb erklärt Nico ihm die Regeln und Verhaltensweisen im Training“, erläuterte Tuchel und bezeichnete den 42-jährigen Elsässer als Zaragozas „Hauptkontakt“.
Zaragoza-Wirbel? „Das ist einfach nur Quatsch“
Mit Blick auf die Gerüchte aus Spanien wurde der Bayern-Coach daher deutlich. „Wenn das die Basis des Berichts ist, kann man sagen, das stimmt. Wenn man daraus schließt, dass ich nicht mit ihm spreche oder kein Verhältnis zu ihm habe, ist das einfach nur Quatsch“, betonte der 50-Jährige.
Schon vor dem Spiel gegen Mainz Anfang März hatte Tuchel betont, dass Zaragoza nach seinen Anlaufschwierigkeiten die nötige Zeit zur Akklimatisierung eingeräumt wird. „Wir sehen seine Qualität, aber Bryan fehlt in erster Linie die Sprache. Deshalb bekommt er auch noch Zeit von uns.“
Auch Sportdirektor Freund äußerste sich zuversichtlich: „Er hatte einen bitteren Start, war direkt zu Beginn über eine Woche mit einer Grippe krank, das hat ihn zurückgeworfen. Er kommt immer besser rein. Aber er braucht noch ein bisschen.“
Mehr Konkurrenz für Zaragoza
Bislang hat es für Zaragoza nur zwei Bundesliga-Kurzeinsätzen gereicht. Und die Chancen auf mehr Spielzeit sind durch die Rückkehr von Coman und Gnabry, der zuletzt mit zwei Toren in zwei Jokereinsätzen auf sich aufmerksam machte, nicht unbedingt gestiegen.
Die Gefahr ist daher groß, dass für Zaragoza im Saisonendspurt das eine oder andere Mal nur der bittere Platz auf der Tribüne bleibt. Aber Tuchel betonte auch: „Wir gehen in so intensive Wochen, dass wir wirklich alle brauchen.“