Gefühlt ist die Diskussion über die optimale Position für Joshua Kimmich so alt wie er selbst: Ist der Bayern-Star ein waschechter Sechser, gar eine „Holding Six“ oder ist er auf der rechten Außenverteidigerposition am besten aufgehoben?
Kimmichs große Chance
Selbst unter ehemaligen Stars und Experten gehen die Meinungen weit auseinander.
„Für mich ist Joshua Kimmich ein klarer Sechser, da gehört er für mich hin“, sagte SPORT1-Experte Stefan Effenberg zum Beispiel im STAHLWERK Doppelpass, während Didi Hamann Kimmich für den Posten vor der Abwehr die nötige Disziplin absprach.
Tuchel und Nagelsmann entscheiden
Neuen Schwung hat das Thema ausgerechnet durch die beiden Männer bekommen, die maßgeblich entscheiden, wohin Kimmichs Weg auf dem Platz führt: Bundestrainer Julian Nagelsmann und Bayern-Coach Thomas Tuchel.
Letzterer machte beim Spiel der Bayern gegen Leipzig direkt Nägel mit Köpfen. Er ließ Kimmich als Außenverteidiger auflaufen und sagte im Anschluss an die Partie, dass der nach seiner Verletzungspause wiedergenesene Konrad Laimer vermehrt auf der Sechs – und eben nicht als rechter Außenverteidiger – eingeplant sei.
Ein Fingerzeig Richtung Kimmich, von dem bekannt ist, dass er am liebsten im Zentrum aktiv ist. Bereits im Sommer verkündete er vollmundig: „Ich bin ein Sechser“.
Diskussion um Kimmich seit 2021
Zudem hatte der Nationalspieler schon während der Europameisterschaft im Jahr 2021 erklärt, warum er sich rechts hinten nicht (mehr) wohlfühlt. „Ich habe das Gefühl, dass man im Mittelfeld näher dran ist an den Mitspielern und mehr Einfluss aufs Geschehen nehmen kann“, sagte Kimmich damals.
Womit er recht haben könnte, doch Kimmich sagte auch: „Grundsätzlich kann ich auf vielen Positionen spielen.“ Genau diese Vielseitigkeit ist es, auf die Nagelsmann und Tuchel jetzt setzen – wenn auch aus unterschiedlichen Motiven.
Der Bundestrainer muss beim DFB-Team ein Überangebot an Top-Spielern wie Ilkay Gündogan, Toni Kroos, Pascal Groß, Leon Goretzka und eben Kimmich moderieren. Kein Wunder also, dass er den Allrounder Kimmich auf die rechte Außenbahn schieben will. Schließlich konnte der im Champions-League-Finale 2020 rechts hinten überzeugen.
Nagelsmann im Spiegel: „Er hätte im Übrigen auch rechts hinten gespielt, wenn Kroos nicht zurückgekehrt wäre“. Und weiter: „Bei der Nationalmannschaft muss man sich unterordnen. Da ist man ein Diener für sein Land. Kimmich ist das.“
Wäre man spitzfindig, könnte man diese Aussage aber auch einfach umdrehen: Ist man beim Verein kein Diener und kann deswegen auf seine Lieblingsposition pochen? Nagelsmann ließ während seiner Bayern-Zeit Kimmich schließlich auf der Sechser-Position ran.
Gemeint hat Nagelsmann seine Aussage aber sicherlich so: Rechts hinten kann Kimmich zum Helden werden – es handelt sich nicht um ein Abstellgleis.
Auch Tuchel setzt auf Kimmich als Rechtsverteidiger
Für das anstehende Spiel der Bayern beim SC Freiburg (20.30 Uhr im LIVETICKER) sorgte Tuchel zumindest für den Moment für Klarheit, indem er auf SPORT1-Frage, wo Kimmich eingesetzt werde, deutlich wurde: „Rechtsverteidiger. Da hat er gut gespielt.“
Widerstand von Kimmich ist nicht zu erwarten – schon gar nicht öffentlich. Der 29-Jährige ist klug genug, um in den letzten Wochen und Monaten unter Tuchel nicht noch ein Fass aufzumachen, das für weitere Unruhe sorgen könnte.
Eberl steht zu Kimmich
Zumal Max Eberl zu Kimmich steht. Bei seiner Vorstellung sagte der neue Sportvorstand: „Wir brauchen über Joshua Kimmich nicht nachdenken. Er ist Nationalspieler und ist einen unfassbaren Weg gegangen“, sagte Eberl, fügte aber an, dass man sich beim anstehenden Umbruch jeden Spieler anschaue – also auch Kimmich.
Doch auch bei den Umbruch-Überlegungen wird den Bossen eben Kimmichs Vielseitigkeit im Hinterkopf sein. Es wäre für ihn womöglich die große Chance, zum Helden zu werden.