Der VfB Stuttgart hat auch sein zweites Spiel im Kalenderjahr 2024 verloren. Die Schwaben unterlagen dem VfL Bochum mit 0:1, der seinerseits einen wichtigen Dreier im Abstiegskampf feierte.
Zaun-Eklat: „Menschenleben in Gefahr“
In der ersten Halbzeit gab es auf beiden Seiten kaum Highlights. Auch wenn die Bochumer gewohnt aggressiv begannen, erspielte sich der VfB die ersten Chancen: Deniz Undav, von Chris Führich freigespielt, scheiterte erst am Torhüter Manuel Riemann (5.), dann köpfte er völlig freistehend am Tor vorbei (10.). Als der erneute zwölfminütige Stimmungsboykott gegen den Investorendeal der Bundesliga vorbei war, schlief das Spiel völlig ein.
Banner-Eklat sorgt beinahe für Abbruch
Nach einem chancenarmen ersten Durchgang wurde es erstmals in der Halbzeitpause so richtig spannend. Ein Plakat der VfB-Anhänger sorgte für Ärger, weil dieses die Flucht-Tore leicht überdeckte. Schiedsrichter Bastian Dankert weigerte sich das Spiel anzupfeifen, während über Durchsagen, mehrmals darum gebeten wurde, das Banner zu entfernen. Aufgrund der Weigerung der VfB-Fans kam es zu einer fast 40-minütigen Pause, in der Spieler, Trainer und schließlich auch die Feuerwehr in die Kurve gingen, um auf die Anhänger einzureden. Erst als sich herausstellte, dass sich die Tore trotz des Banners öffnen konnten, wurde die Partie fortgesetzt.
Hamann wütet wegen VfB-Anhänger
Sky-Experte Dietmar Hamann zeigte nach der Partie klare Kante gegen die Anhänger. „Ich hätte mir gewünscht, dass sie das Spiel abbrechen und den Bochumern die Punkte geben“ und forderte die Vereine auf, sich mehr mit den Ultra-Gruppen auseinanderzusetzen. „Die sollen ihre Proteste machen, ihre Taler schmeißen, aber das ist doch albern“, ärgerte er sich weiter.
Während die Spieler die Situation recht entspannt aufnahmen, kritisierte Marc Lettau, Sportlicher Leiter von VfL Bochum, die Gäste-Fans.
„Das ist eine Thematik, die unseren Gäste-Fans bekannt ist. Unsere Feuerwehr hatte im Vorfeld klar signalisiert, dass die Flucht-Tore freizuhalten sind. Das müssen wir jetzt aufarbeiten“, erklärte er gegenüber Sky.
Ähnlich kritisch zeigte sich auch VfL-Coach Thomas Letsch. „Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn wegen so einer Sache das Spiel abgebrochen worden wäre. Mein Gott, hängt doch das Plakat ab, das bricht niemandem einen Zacken aus der Krone“, ärgert er sich über die unnötige Unterbrechung.
Klare Worte vom VfL: „Im Ernstfall Menschenleben in Gefahr“
Im seinem offiziellen Statement verdeutlichte der VfL Bochum, dass nach dem Gladbach-Spiel die „Fan-Infos nochmals nachgeschärft“ worden sind und explizit darauf hingewiesen wurde, dass das Spiel nicht angepfiffen werden könne, wenn die Entfluchtung in Richtung Innenraum nicht möglich sei. „Die Faktenlage war also den Gästefans aus Stuttgart bekannt. Diese haben vor Beginn der ersten Halbzeit die Dauer einer Lagebesprechung genutzt, um Banner regelwidrig aufzuhängen und diese mit einem Protestbanner zu kaschieren“, führte der Verein aus.
In der ersten Halbzeit seien dann „regelwidrig angebrachten Zaunfahnen unter dem zuvor abgenommenen Protestbanner sichtbar geworden, die die Fluchttore blockierten“, jedoch konnten sich die Zuständigen für die Durchführung des Spielbetriebs darauf einigen, das Spiel weiterlaufen gelassen. Es wurde jedoch auch der Kontak zu den Fans gesucht und klargestellt, dass „die Veranstaltungsleitung aufgrund der Geschehnisse und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte(n) das Spiel nach der Halbzeit nicht fortsetzen“ könne.„Eine Fortsetzung des Spiels wäre grob fahrlässig, im Ernstfall wären Menschenleben in Gefahr gewesen“, verdeutlichte der VfL den Ernst der Situation.
VfB will Situation aufarbeiten
VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth meldete sich ebenfalls zu Wort und kündigte Aufklärarbeit an. „Das war natürlich eine einmalige Situation, die schwer zu kommentieren ist, aber wenn die Rettungswege betroffen sind, ist die Sache natürlich klar. Aber ich glaube ein Spielabbruch wäre schwer verdaulich gewesen für alle Beteiligten. Nun werde man die Szene mit einem Fan-Beauftragten aufklären, sobald man zurück in Stuttgart sei.
Dies bestätigte auch der Verein in einem offiziellen Statement. „Es gilt, den Sachverhalt akribisch aufzuarbeiten und die Ursachen, die zu dem Vorkommnis sowie aber auch zu der langen Verzögerung geführt haben, sehr gründlich zu beleuchten. Das wird der VfB Stuttgart mit allen Beteiligten und Gruppen und auch mit den Zuständigen in Bochum in aller Sorgfalt und Klarheit tun. Es ist klar, dass solche Vorkommnisse am Ende niemandem dienen“, stellte der VfB klar.
VfB-Boss Wehrle: „Was mich aber ärgert ...“
Auch im STAHLWERK Doppelpass LIVE auf SPORT1 schlug das Thema hohe Wellen. Nachdem sich die SPORT1-Experten Stefan Effenberg und Alfred Draxler ein feuriges Wortgefecht geliefert hatten, erklärte VfB-Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle seine Sicht der Dinge.
„Wir hatten im April schon im gleichen Stadion mit dem gleichen Banner gespielt, da gab es gar keine Probleme“, begann Wehrle: „Was mich aber ärgert: Warum benötigt man 42 Minuten Unterbrechung, um am Ende doch das Spiel wieder freizugeben, mit den gleichen Bannern an gleicher Stelle?“ Der VfB-Boss nahm die Stuttgarter Anhänger in Schutz: „Unsere Fans waren auch durchaus bereit und haben gesagt: Wenn wir es abhängen müssen, dann machen wir das und gehen.“
Auch der ehemalige VfB-Sportdirektor Horst Heldt sah das Problem in der ursprünglichen Freigabe des Banners: „Es steht und fällt für mich damit: Es wird ein Banner aufgehängt und für das Spiel freigegeben. Das war das Übel am gestrigen Tag.“
Bochum schockt VfB in Durchgang zwei früh
Nach dem Ärger mit den eigenen Anhängern, machte dem VfB im zweiten Abschnitt vor allem der unbequem agierende Gegner das Leben schwer. Matus Bero sorgte bereits kurz nach Wiederanpfiff (50. Minute) für das 1:0 für den VfL und die kalte Dusche für den VfB. Stuttgart antwortete mit wütenden Angriffen, Jamie Leweling (58.) und Angelo Stiller (61.) verfehlten nur um Zentimeter das Tor. Zwar rannten die Schwaben auch im Anschluss an und verzeichneten ein klares Chancenplus, konnten die Bochumer Abwehr aber nicht knacken.
Es bleibt also dabei, dass die Schwaben ohne Guirassy einfach nicht gewinnen können. In den vier Saisonspielen ohne dem 17-Tore-Mann kassierten die ansonsten so furiosen Stuttgarter vier Pleiten. Der VfL Bochum springt durch den knappen Sieg auf Rang zwölf und hat nun neun Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)