Freud und Leid liegen beim Fußball auf einer Pressekonferenz nach den Partien oftmals nur ein Meter bis zwei Meter auseinander. Auf der einen Seite saß Sebastian Hoeneß, der einen hochverdienten Sieg des VfB Stuttgart moderieren durfte.
Verspielt der BVB sein großes Ziel?
Auf der anderen Seite des Podiums musste Edin Terzic einen miserablen Auftritt von Borussia Dortmund erklären. Die Fragen? Sie kamen wie Ohrfeigen auf den Trainer des BVB zu.
Füllkrug bedient: „Die Tabelle lügt nicht“
SPORT1 etwa hakte nach, ob seine Mannschaft ein Qualitätsproblem habe. Die Zahlen der vergangenen Wochen lassen einen solchen Schluss durchaus zu. Kurzfristig gesehen lautete die Torschuss-Statistik nach Abpfiff der Partie 5:22 aus Sicht der Borussia – ein Ausdruck der BVB-Hilflosigkeit im Schwabenland. Dortmund kassierte neun Gegentore in den vergangenen drei Ligapartien, in denen das Team nur einen Zähler holte.
In den vier Spielen gegen die Konkurrenz aus der Top sieben holte Dortmund nur den Sieg in Sinsheim, insgesamt sammelte man vier von zwölf möglichen Punkten. In Stuttgart brachte auch eine glückliche 1:0-Führung keinerlei Sicherheit. Zudem trafen sechs Mannschaften häufiger, fünf Teams kassierten weniger Gegentore. Es läuft nicht rund bei der Borussia.
Niclas Füllkrug jedenfalls war bedient nach einer ergebnistechnisch knappen Niederlage, die sich aber wie eine Klatsche anfühlte. „Es gibt so einen Spruch: Die Tabelle lügt nicht. Wir haben in den Spielen gegen die Mannschaften von oben schon ein paar Punkte liegengelassen. Das muss man schon deutlich analysieren“, forderte der einzige BVB-Torschütze.
Der FC Bayern München hat bereits einen Vorsprung von acht Punkten, Bayer Leverkusen schraubte den Abstand auf den BVB nach dem 4:0-Sieg gegen Union sogar auf zehn Punkte. „Ich bin kein Freund davon, jetzt über den Meistertitel zu reden. Wir müssen demütig sein. Wir tun gut daran, von Woche zu Woche zu schauen“, forderte Füllkrug.
Terzic fühlt sich „beschissen“
Allerdings lässt der BVB sehr viele Rätsel offen. Terzic gab im Gespräch mit dem Ersten zu: „Ich sag‘s: Ich fühl mich beschissen. Weil: Die Leistung war beschissen, das Ergebnis war beschissen.“
Während seine Mannschaft in der Champions-League-Todesgruppe von ganz oben grüßt und vom Weiterkommen träumen darf, läuft in der Bundesliga wieder zu wenig zusammen. Mats Hummels musste vorzeitig wegen einer Rückenverletzung ausgewechselt werden, Ramy Bensebaini präsentierte sich nach seiner Einwechslung erneut sehr schwach, wurde beim Ausgleichstreffer von Jamie Leweling düpiert.
Generell nannte Terzic neben Torhüter Gregor Kobel, der allerdings zwei Elfmeter verursachte, nur noch Julian Ryerson. Sky-Experte Dietmar Hamann fasste die Pleite treffend zusammen: „Hochverdient ist ein Understatement. Es war ein Klassenunterschied.“
Die rund 100 Minuten in Stuttgart waren auch für Terzic ein Wirkungstreffer. Er gab sich zwar kämpferisch: „Es ist nicht mein Job zu verzweifeln. Ich muss vorweg gehen und Verantwortung übernehmen.“
Es lässt aber tief blicken, wenn er davon spricht, seine Emotionen kaum kontrollieren zu können. Es ist spürbar, wie es in dem BVB-Trainer arbeitet. Terzic kann sich die zwei Gesichter seiner Mannschaft kaum noch erklären. Dortmund kann gegen Newcastle so diszipliniert, zielstrebig und hochkonzentriert auftreten – und vier Tage später folgt eine solche Bankrotterklärung.
Terzic mit Ergebnis und Tabellensituation unzufrieden
„Wir haben vor dem Spiel thematisiert, was wir aus den vergangenen Wochen mitnehmen sollten. Erstens die Lehren aus dem Spiel gegen den FC Bayern. Und zweitens die Lehren aus der vergangenen Saison, als wir uns innerhalb von zwei Spieltagen aus einer guten Position in der Tabelle in eine schlechte Lage gebracht haben. Das konnten wir leider wieder nicht vermeiden. Deshalb sind wir nicht nur mit dem Ergebnis unzufrieden, sondern auch mit der Tabellensituation“, analysierte Terzic.
Für den BVB steht spätestens nach dieser Nicht-Leistung in Stuttgart fest, dass es so nicht weitergehen kann. Ansonsten wird der derzeitige Tabellenvierte nicht nur im Titelrennen keine Rolle spielen.
Mit weiteren Auftritten dieser schwachen Art und Weise muss der amtierende Vize-Meister um einen Platz für die Königsklasse bangen. Dies sah auch Sportdirektor Sebastian Kehl so: „Wenn uns das häufiger passiert, brauchen wir über Ziele nicht mehr reden.“
BVB-Trainer Terzic wollte Qualitätsfrage nicht direkt beantworten
Selbst wenn Terzic die Qualitätsfrage nicht direkt beantworten wollte, ließen seine Ausführungen den großen Frust über die Situation durchblicken: „Wir wollten uns nicht wieder von hinten heranarbeiten. Das müssen wir jetzt aber tun.“
Es liegt auch an ihm, dem Team nach der Länderspielpause die nötigen Impulse mit auf den Weg zu geben. Danach warten nacheinander Gladbach, Milan und Leverkusen.
Zeit zu zeigen, dass Füllkrug richtig liegt, wenn er sagt: „Wir haben das Material und die Qualität, jedes Spiel zu gewinnen.“