Knapp 48 Stunden nach den Fan-Krawallen und wilden Schlägereien rund um Topspiel gegen den VfB Stuttgart hat sich Eintracht Frankfurt zu Wort gemeldet. Vorweg: Das Thema ist und bleibt weiterhin hochkomplex.
Jetzt muss die Eintracht durchgreifen!
Es ist noch ganz viel Aufarbeitung nötig. Dennoch gibt es nach einer ersten Zwischenbilanz wertvolle Erkenntnisse darüber, was sich im Bereich hinter der Heimkurve abgespielt hat.
Frankfurt erlebt einen Abend der Schande
Den Kommunikationsfehler, wonach es zunächst Zusammenstöße zwischen VfB- und Eintracht-Fans gegeben habe, hat die Polizei bereits eingeräumt. Unstimmigkeiten rund um den Begriff Risikospiel bleiben vorhanden. Das hat natürlich ein Geschmäckle. Angesichts über 200 verletzter Menschen – darunter auch Unbeteiligte – sind das aber nur noch Randnotizen. Der Samstagabend ist eine Schande. Und so klar müssen die Geschehnisse auch benannt werden.
Die Stellungnahme der Frankfurter zeigt eindeutig den Auslöser: „Das gewaltsame Vorgehen gegen die Ordner und insbesondere gegen den Sicherheitsmitarbeiter, das die gesamte Ereigniskette erst in Gang gesetzt hat, ist nicht hinnehmbar.“ Um die Dimension der Eskalation noch einmal zu verdeutlichen: Ein Ordnungsdienstmitarbeiter ist von rund 20 Personen körperlich angegriffen worden.
Neben einem Kollegen wurden etwa 15 unbehelmt auftretende Polizisten zur Hilfe gerufen, doch diese sind sofort aus verschiedenen Richtungen attackiert worden. Die Polizei spricht von „300 bis 400 teils vermummten Anhängern“, das Übel hat dadurch seinen Lauf genommen.
Eintracht kann eine solche Gewalt nicht zulassen
Die von der Eintracht gewählte deutliche Wortwahl ist nötig - auch mit Blick auf die vielen friedlichen Zuschauer, die ihren Stadionbesuch genießen wollen. Es kann nicht sein, dass Teile der Fans nicht akzeptieren, wenn sie bei ihrem Versuch, in einen Block gehen zu wollen, für den sie keine Karte haben, erwischt und dann nicht reingelassen werden.
Hier werden Grenzen bewusst überschritten und mit Gewalt versucht, den eigenen Kopf durchzusetzen. Das darf und kann sich die Eintracht nicht mehr bieten lassen. Der Klub hat viele Vorkommnisse zu lange toleriert, akzeptiert und die lange Leine gelassen.
Die Verantwortlichen haben sich nach allerlei Vorfällen stets schützend vor diesen Teil des Anhangs gestellt und auf den Dialog als alternativlosen Weg gesetzt. Der Support hat den Klub weit gebracht, vor allem der Weg zum Europa-League-Titel ist eng mit den Fans verbunden.
Ihre Choreographien haben viel Applaus erhalten, ebenso der bedingungslose Support. Narrenfreiheit und Forderungen nach einer Art rechtsfreien Raumes im eigenen Hoheitsgebiet rund um die heimische Nordwestkurve dürfen aber nicht die Folge sein – und eine solche Gewalt schon gar nicht!
Auch die Polizei muss sich hinterfragen, aber...
Der Kerngedanke, dass die Kurve im Zweifel die Angelegenheiten untereinander regeln werde, ist einmal mehr mit Füßen getreten worden. Bereits in der vergangenen Saison haben die Hessen fast eine Million Euro an Strafgeldern gezahlt. In der Conference League dürfen keine Gästefans ins Aberdeen-Stadion, weil der erneute Einsatz von Pyrotechnik mitsamt eines Becherwurfes (wenngleich dieser wohl nicht den Ultras zuzurechnen ist) für eine Sperre sorgen.
Auch die Polizei muss sich mit Blick auf Dauer und Intensität des Einsatzes hinterfragen. Wenn es zu einem 30-minütigen Kampf mit dieser Anzahl an verletzten Personen kommt, dann ist auch diese Institution gefordert, ihr Vorgehen selbstkritisch aufzurollen.
Und es darf keinesfalls ausgeblendet werden, dass Videos auch die Polizei belastende Bilder gezeigt haben. Ein „weiter so“ gilt es auch für sie zu vermeiden.
… vor allem die Eintracht ist gefordert
Doch vor allem die Eintracht ist als Veranstalter jetzt in ihrem eigenen Wohnzimmer gefragt. Der Ausbau der Nordwestkurve mit etlichen Stehplätzen hat die Herausforderung an den Einlässen vergrößert. Jeder will dabei sein bei diesem Erlebnis.
Es gilt mehr denn je auf die Sicherheit zu achten. Am Samstagabend hätte schlimmstenfalls eine Massenpanik austreten können. Es ist ein schmaler Grat, weil der Support der Fans auch wirtschaftliche Auswirkungen hat. Aber eine Wiederholung solcher furchtbaren Szenen darf es nicht mehr geben.