Nach nur neun Minuten lag der FC Bayern beim Bundesliga-Topspiel am Samstagabend bei Borussia Dortmund mit zwei Treffern vorne. Als wollte der deutsche Rekordmeister mit dem 4:0-Statement-Sieg im Signal-Iduna-Park sagen: „Krise? Wir doch nicht!“
Terzic-Klartext nach BVB-Klatsche
Auch ein bizarr geführtes Interview konnte Thomas Tuchel und seine Mannschaft nicht aus der Fassung bringen, ein Kane-Rekord rundete den gelungenen Abend aus Münchner Sicht ab - Dortmund hingegen haderte. SPORT1 fasst die Stimmen von Sky und aus der Mixed Zone zusammen.
Edin Terzic (Trainer Borussia Dortmund):
„Die Sache ist die, dass wir extrem enttäuscht sind, weil wir uns natürlich sehr viel vorgenommen haben und ganz viele Dinge verhindern wollten. Das ist uns nicht gelungen. Dann führen sie mit der ersten Standardsituation - dann merkt man einfach, dass sie uns in allen Bereichen überlegen waren, wenn sie die Wucht entwickeln. Wie sie Eins-gegen-Eins-Situationen ausgespielt haben im Vergleich zu uns, wie sie den Ball beschützt haben, wie wach sie waren, wie aggressiv sie waren. Das darf dir auf dem Niveau nicht passieren, wenn du gegen die Bayern etwas holen willst. Das ist uns heute wiederholt passiert. Sie haben erstens ein richtig gutes Spiel gemacht und wir haben etwas unsauber reingefunden. Dann liegst du direkt nach acht Minuten 0:2 hinten und hast gebraucht, um reinzufinden. Trotzdem gab es in der ersten Hälfte eine Phase, in der wir ihnen die Bälle weggenommen haben im Zentrum. Danach haben wir die Bälle nach vier, fünf Sekunden wieder abgegeben. Dann mussten wir so viele Konter verteidigen und konnten nicht mit dem Tempo Schritt halten.“
… zum 0:1: „In erster Linie hat mir schon gar nicht gefallen, wie der Eckball zustande kommt. Natürlich kann man Schlotti den Fehler ankreiden. Er verliert den Mann aus dem Auge. Die Ecke ist gut geschossen. Sie kommt aber genau in die Zone, wo wir einen freien Mann haben, um die Situationen zu klären. Wir verlieren dann den Mann aus dem Auge - ohne einen Block.“
… zum 0:2: „Wir sind 20 Meter vor dem gegnerischen Tor und kommen nicht zum Abschluss. Auch hier fressen wir wieder den Konter und der Ball geht innen an uns vorbei und nicht außen. Das sind die Themen, die wir in den vergangenen Monaten in Angriff nehmen wollten. Diese Konter wollten wir verhindern. Dann schaffen wir es nicht, den Konter an der Mittellinie zu unterbinden und müssen 80 Meter nach hinten sprinten.“
… über die Defensive: „Es ist brutal enttäuschend, weil wir in der Viererkette trotzdem auch viele Bälle erobert haben nach der 20. Minute. Da sind wir mutig nach vorne gestochen und haben das gemacht, was wir uns vorgenommen haben. Sie bestrafen aber eiskalt diese kleinen Situationen und hatten viele Konter. Da machen sie auch zwei Tore draus. Es hat vorne und hinten in allen Bereichen nicht gepasst.“
… über ein mögliches Tief nach der Pleite: „Es war die letzten Wochen alles da. Wir haben heute leider nicht bewiesen, dass wir im Vergleich mit Bayern den nächsten Schritt gehen können. Aber wir haben bewiesen, dass wir nach solchen Spielen zurückkommen und die richtigen Schlüsse ziehen. Das wird uns wieder gelingen.“
Sebastian Kehl (Sportdirektor Borussia Dortmund)
„Es war eine absolut verdiente Niederlage, auch in der Höhe. Wir sind sehr schlecht ins Spiel gekommen und haben direkt 0:2 hinten gelegen. Da hat man die Verunsicherung gemerkt und Bayern war sehr griffig. Heute war es durchweg keine gute Leistung von uns und so wird man Bayern nicht gefährlich.“
… zu den Fehlern: „Wir haben es ihnen sehr einfach gemacht teilweise. Das 0:1 ist ein Standard, vor dem 0:2 verlieren wir den Ball relativ leicht an der Seite und unterbinden den Konter nicht. Innerhalb von kürzester Zeit bestrafen wir uns selbst. Wir haben uns im ganzen Spiel nicht auf ihre Konter eingestellt. Wir haben zu wenig Zweikämpfe gewonnen, zu wenig unterbunden und zu wenig Chancen gehabt.“
… über ein Bayern-Trauma: „Ich weiß nicht, ob das eine Kopfsache war. Der Spielverlauf war sehr holprig für uns. Wir waren 17 Spiele ungeschlagen und einen guten Verlauf gehabt. Man muss jetzt auch nicht alles in Schutt und Asche reden. Wir waren aber heute nie auf Augenhöhe und hatten nie Zugriff.“
… über Unterschied zu Bayern: „Heute war es eine Qualitätsthematik. Die Geschwindigkeit, die Herangehensweise, die Aggressivität. Es war schlichtweg zu wenig.“
Gregor Kobel (Torhüter BVB):
... auf die Frage, weshalb es nicht geklappt hat, was man sich vorgenommen hat: „Warum genau muss man sich nochmal anschauen, direkt nach dem Spiel ist es schwer zu sagen. Ich hatte das Gefühl, dass die Bayern aggressiver in den Zweikämpfen waren. Sie haben viele wichtige Duelle gewonnen und wurden immer wieder gefährlich über Konter. Wir hätten noch besser in der Restverteidigung stehen müssen. Wenn wir vorne waren und den Ball verlieren, wurde es oftmals gefährlich, sie hatten oftmals große Räume, wo wir hinten fast mit Gleichzahl auf die ganze Hälfte gelaufen sind.“
… zum Start in die zweite Halbzeit: „Ja, warum? Schwer zu sagen. Sie kamen aggressiv aus der Kabine, wir wussten, was auf uns zukommt, dann müssen wir als Mannschaft von Anfang an ready sein, wir haben genug Videos geschaut. "
… wieso ausgerechnet gegen die Bayern nichts geht: „Kann ich nicht sagen.“
… ob der Mut gefehlt habe: „Mut ist eine Voraussetzung, wenn man im Profifußball spielen will. Drucksituationen sind auch das, was Spaß macht am Ende des Tages. Wir müssen diese Kämpfe annehmen. Wir haben es sehr gut gemacht über die letzten Wochen. Es ist nicht so, als hätten wir die ganze Zeit schon Probleme. Am Ende sind es drei Punkte, es gibt noch Spiele, die noch entscheidender sind, das haben wir letztes Jahr gesehen. Aber am Ende willst du in so einem Spiel hier zu Hause vor den Fans ein besseres Spiel abliefern.“
… zur Entstehung des ersten Gegentors: „Es ist ein Eins-gegen-Eins, da müssen wir da sein und es verteidigen, klar. Es ist passiert, es kann sein, dass da einer am Eckball mal nicht da ist. Wir haben danach aber noch 85 Minuten Zeit gehabt, um davon zurückzukommen. Die Bayern haben es über das gesamte Spiel besser gemacht als wir. Das bessere Team hat gewonnen heute.“
Julian Brandt (Mittelfeldspieler BVB):
„Wir wissen, dass du ein bisschen was in der Hose brauchst, wenn du gegen Bayern Ballbesitz haben willst und Chancen kreieren willst. Dann musst du auch den Mut haben, den Ball mal ein oder zwei Minuten zu halten. Dann hast du auch die Kraft im Gegenpressing.“
Thomas Tuchel (Trainer FC Bayern)
… zur Wichtigkeit des Spiels: „Wir zeigen es uns selber, wir spielen für unsere Maßstäbe. Wir spielen für unser eigenes Level, das wir erreichen wollen. Das war top heute, ich freue mich für die Mannschaft, dass sie sich beweisen konnte. Es war ein Topspiel, also haben wir eine Topleistung gebracht.“
… zur Gelben Karte: „Emotionales Coaching, Leute, das ist ganz normal. Es war alles im Rahmen, ich habe niemanden beleidigt. Er (Deniz Aytekin; Anm. d. Red.) ist ein absoluter Top-Schiedsrichter, ich mag ihn. Er hat es mir erklärt und alles gut. Wir hatten unterschiedliche Meinungen, es war ein intensives Match.“
… auf die Frage, was der fehlende BVB-Schlüssel war: „Das ist immer die Frage. War es vom Gegner nicht so gut, oder war es von uns gut? Das werden wir nie herausfinden, wir konzentrieren uns auf uns. Wir waren sehr konzentriert, fokussiert, haben uns viele Torchancen herausgespielt und verdient gewonnen. Ich freue mich sehr für meine Mannschaft, weil wir Mittwoch leider kein so gutes Ergebnis hatten. Aber es kam auf die Reaktion an und die haben wir gezeigt.“
… zur Mentalität: „Jeder hat die Wichtigkeit gespürt, das ist doch klar. Es ist ein riesengroßes Spiel in Deutschland. Wir haben mit beiden (Goretzka und Upamecano) lange geredet, mit den Medizinern, den Ausschlag hat gegeben, dass sich beide wohlgefühlt haben zu spielen und beide überzeugt waren, dass es geht. Beide haben es eindrucksvoll bewiesen und ein Top-Spiel gemacht.“
… zum Appell an die Mannschaft nach Saarbrücken: „Wir haben gegen einen Gegner gespielt, der tief und fleißig verteidigt hat. Es war nicht die erste Pokalrunde, in der sich der Favorit lange schwergetan hat und spät die Tore bekommen. Es ging im Grunde darum, dass wir das zweite Tor machen, dann hätten wir ein drittes und viertes gemacht. Dann ist es aus meiner Sicht ein Spiel, das einmal in 50 Spielen so passiert. Es hat uns extrem geschmerzt und wird auch noch weiter schmerzen bei jeder Pokalauslosung, weil es ein großes Ziel von uns war.“
Leon Goretzka (FC Bayern)
… über die Manschette: „Es gibt Schöneres. Das ist schon ein fetter Humpen. Vom Schmerz her war das kein Problem. Pause mache ich jetzt nicht mehr. Normalerweise wird sechs bis acht Wochen nach der OP die Manschette abgenommen.“
… über die Rolle als Innenverteidiger in der zweiten Hälfte: „Ich versuche es einfach so gut es geht umzusetzen, was ich im Laufe meiner Karriere so aufgeschnappt habe. Wir haben zu Null gespielt. Da hat man als Verteidiger immer einen guten Job gemacht.“
… über Pavlovic: „Er ist genau wie Frans extrem positiv, saugt alles auf und ist sehr bodenständig. Er ist heute super reingekommen. Man hat gar nicht gespürt, dass er nervös ist. Er hat ja sogar noch ein Tor vorbereitet.“
… über Harry Kane: „Dafür haben wir ihn gekauft, damit er solche Spiele entscheidet. Das hat er heute wieder gemacht.“
Manuel Neuer (Kapitän FC Bayern)
... über die Wut nach dem Pokal-Aus: „Ich glaube, dass der Klassiker für sich steht. Egal, was vorher passiert ist, ist es ein Duell, worauf sich jeder Fußballfan und Fußballer freut. Dennoch war es natürlich sehr bitter, wie wir unter der Woche Fußball gespielt haben. Heute beim Spitzenspiel war es so, dass wir uns von der richtigen Seite gezeigt haben und von Anfang an richtig gut ins Spiel gekommen sind.“
... über das Erfolgsrezept gegen den BVB: „Das Selbstverständnis, an sich zu glauben, so aufgeteilt auf dem Platz zu sein, dass wir den Ball sicher nach vorne spielen konnten und genug Räume hatten. Das hatten wir in Saarbrücken teilweise nicht. Wir haben in der Offensive schnelle Leute, mit denen wir den Dortmundern sehr wehtun konnten.“
... über seine Parade gegen Reus: „Jedes Spiel, jedes Training und jede Aktion ist natürlich sehr wichtig. Ich musste lange warten, bis der erste Ball kam. Ich habe lange gewartet, weil ich nicht wusste, ob Minjae den abgrätscht. Oben war es noch offen, weil er unten seinen Fuß hatte. Das hat super vom Ablauf gepasst.“
... über Harry Kane: „Das ist einfach die Erfahrung, die ganzen Abläufe und Aktionen, die er schon in seiner Karriere erlebt hat. Die hat er natürlich nicht in England gelassen, sondern mit in die Bundesliga gebracht. Das hat er unter höchster Bravour schon gezeigt, seitdem er hier das rot-weiße Trikot anhat. Wir sind so froh, dass wir ihn in der Mannschaft haben. Er zeigt es Woche für Woche.“
Jan-Christian Dreesen (Vorstandsvorsitzender FC Bayern):
„Natürlich ist das eine große Erleichterung. Das ist immer eine besondere Situation in Dortmund vor den 80.000. Dass wir eine Reaktion zeigen und anders drauf sind als in Saarbrücken, haben wir erwartet. Dass wir uns aber in dieser Art und Weise präsentieren hätte ich nicht erwartet.“
… über den Kader: „Ich glaube, wir haben die Qualität, von der wir auch immer sprechen. Die Spieler haben eine innere Haltung und wollen gewinnen. Wir sind in der Lage, die großen Spiele zu gewinnen.“
… über die entscheidenden Faktoren: „Wir haben natürlich gleich das 1:0 gemacht. Das ist für jede Mannschaft sensationell. Da kommt das Selbstvertrauen. Das hat einen Schub gegeben. Die Mannschaft wollte etwas gut machen. Die haben sich am meisten selbst geärgert. Dass sie nicht in die Kurve gegangen sind, das lag auch am totalen Frust. Heute haben sie eine Reaktion gezeigt. Wir haben ein Ausrufezeichen gesetzt.“
… über Neuer: „Ich weiß nicht ob er schon der Alte ist. Aber er ist gut drauf. Bei den ein, zwei Situationen heute war er da.“
… über Kane: „Ich habe extra vor dem Spiel nachgeschaut, ob er schonmal hier war. 2019 hat er damals das 1:0 für Tottenham hier gemacht. Es freut einen als Verantwortlichen für diesen Transfer natürlich, wenn das so funktioniert.“