„Du frisst in der Woche sechsmal Pizza und achtmal Döner. Das geht so nicht!“, hatte Markus Babbel vor zwei Wochen im SPORT1 Fantalk gesagt. Adressat: Niklas Süle!
Löst Süle ein altes Problem?
Wieder einmal ging es um die Ernährung des 28 Jahre alten Abwehrspielers. Die ewig schwelende Debatte um seine Disziplin, seine Professionalität und sein Körpergewicht wird der 49-fache Nationalspieler einfach nicht mehr los.
Die Kritik war seinerzeit zum wiederholten Male aufgekommen, weil Süle beim 1:0-Sieg in der Champions League in Newcastle erneut nur auf der Bank saß und seinen Innenverteidiger-Stammplatz aus der Vorsaison an Nico Schlotterbeck und Mats Hummels verloren hatte.
Ex-Trainer kritisiert Disziplin und Qualität
„Süle ist gut, aber einfach nicht sehr gut. Ich glaube, er hat Probleme damit, die Disziplin aufzubringen, um alles dafür zu tun. Wenn du drei, vier Kilo mehr mit dir herumschleppst, merkst du das auf diesem Niveau. Da hat er große Defizite“, sagte Babbel. Der 51 Jahre alte Ex-Coach muss es eigentlich wissen, schließlich war er 2012 Trainer der TSG Hoffenheim, damals spielte Süle bei den Kraichgauern in der Jugend. „Auch da war das schon Thema“, blickte Babbel zurück.
Am Dienstag beorderte Cheftrainer Edin Terzic Süle erstmals seit dem 19. September (0:2 in Paris) wieder in die Startelf – diesmal aber, weil die zuletzt schwachen Marius Wolf und Ramy Bensebaini angeschlagen waren, auf der Rechtsverteidiger-Position.
Terzics Taktik-Kniff ging auf! Ex-Bayern-Star Süle machte hinten rechts gegen Newcastle einen ordentlichen Job, überzeugte mit einer starken Passquote von 85 Prozent und beendete alle seine Dribblings mit Erfolg. Von SPORT1 gab es für diesen guten Auftritt die Note 2.
Fragt sich nur: Wieso spielt Süle nicht immer so? Als unangefochtener Stammspieler und Leistungsträger war er in die neue Saison gegangen, saß nach drei schwachen Spielen zum Start gegen Köln, Bochum und Heidenheim aber nur noch auf der Bank. Auf lediglich 92 Spielminuten kam Süle in den letzten sieben Bundesligaspielen. Zu wenig für die Ansprüche des Dortmunder Topverdieners.
Rückhalt von der Trainerbank
„Niklas kennt die Gründe“, sagte Trainer Terzic vor geraumer Zeit angesprochen von SPORT1 über Süles Formtief. „Er weiß, woran er noch arbeiten muss. Er weiß aber auch um seine Wichtigkeit für uns. Niklas wird noch ein sehr wichtiger Faktor für uns.“
Süles gute Leistung gegen Newcastle wird sicher auch Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht verborgen geblieben sein. Denn nicht nur beim BVB, sondern auch beim DFB ist die Position hinten rechts ein Problem. Im letzten Länderspiel gegen Mexiko (2:2) probierte Nagelsmann Süle dort aus, allerdings war der Dortmunder an beiden Gegentreffern beteiligt. Nagelsmann sprang dem BVB-Profi, mit dem er einst in Hoffenheim und München bereits zusammengearbeitet hat, zur Seite: „Ich nehme Niklas in Schutz, er hat wenig Rhythmus.“
Beim BVB könnte Süle allmählich wieder in den nötigen Rhythmus kommen. Am Samstag gegen Stuttgart winkt ihm ein erneuter Startelf-Einsatz auf der Außenbahn. Er selbst sieht sich grundsätzlich als Innenverteidiger, hat aber in der Vergangenheit oft genug die Position hinten rechts bekleidet und nimmt die Aufgabe freilich an.
Tempo-Daten widerlegen Kritik
Mit seinen Leistungen zu Saisonbeginn und der zwischenzeitlichen Bank-Verbannung war Süle natürlich nicht zufrieden. Die erneute Debatte um seine Fitness nahm er aus der Ferne allerdings mit einem Schmunzeln zur Kenntnis. Er geht bekanntlich locker mit dem Thema um. Süle weiß, dass er dieses Thema selbst nie ganz vom Tisch kriegen wird.
Im Sommer-Trainingslager in den USA reagierte er im Interview mit den Ruhrnachrichten und sagte: „Wenn auf Schalke beim Aufwärmen zehn Besoffene rufen, ich sei ein Fettsack, dann muss ich darüber eher lachen. Dieses Thema wird mich wohl immer weiter begleiten. Ich habe übrigens vergangene Saison den Top-Speed meiner Karriere (34,59 km/h; Anm. d. Red.) erreicht. Aber es wirkt halt anders bei mir.“
Auch in dieser Saison erreicht der 1,95 Meter große und rund 100 Kilo schwere Süle ein hohes Tempo. 33,21 km/h sprintete Süle in dieser Saison bereits – ein Top-Wert! Damit war er schneller als Bayern-Flügelflitzer Serge Gnabry (33,19), Wolfsburg-Rakete Ridle Baku (33,17), Stuttgart-Sensation Serhou Guirassy oder Leverkusen-Torjäger Alejandro Grimaldo (beide 33,15). Auch die Dortmunder Teamkollegen Jamie Bynoe-Gittens (32,97), Ramy Bensebaini (32,91) oder Marco Reus (31,49) waren deutlich langsamer als Süle.
Die Zahlen werden von manchen Kritikern allerdings oft ausgeblendet. Süle kann sie ohnehin nur mit guten Leistungen mundtot machen. Die Gewichtsdebatte wird er nicht mehr geregelt bekommen.
Seine gute Leistung gegen Newcastle war ein Anfang.