Als Rouven Schröder Anfang April dieses Jahres bei RB Leipzig als neuer Sportdirektor vorgestellt wurde, rieben sich Außenstehende zunächst verwundert die Augen.
Heimlicher Gewinner des Eberl-Knalls?
Mit Max Eberl war bereits der starke Mann installiert. Welche Position sollte Schröder einnehmen? Eberl erklärte damals: „Rouven wird in enger Abstimmung mit mir unseren Lizenzbereich sowie das Scouting leiten und selber viel unterwegs sein. Spiele schauen, Netzwerk pflegen, Gespräche führen.“
Schröder agiert inzwischen deutlich gelassener
Der Mann, der sich einst als ungeduldig und ehrgeizig bezeichnet, entschied sich für die Zusammenarbeit mit dem starken Mann Eberl und rückte ganz bewusst in das zweite Glied. Schröder ist in einem hektischen Business deutlich gelassener geworden, er sucht dabei kaum noch den Weg in die Öffentlichkeit.
Von seinem Willen, Dinge anzuschieben und voranzutreiben, hat er nichts eingebüßt. Doch es gibt diese gesunde Balance, die Schröder für sich gefunden hat. Sie hilft ihm nun, auch die Arbeit bei RB zu meistern.
In seinen ersten Monaten hat sich der bienenfleißige Schröder an neue Strukturen und Prozesse gewöhnt. Nach viereinhalb Jahren Mainz 05 und vor allem 17 sehr emotionalen Monaten FC Schalke 04 nahm er sich vor dem Wechsel nach zu RB zunächst eine Auszeit, verschwand monatelang aus dem Rampenlicht. Kein Rückblick, kein Einblick in seine persönliche Situation, keine Abrechnung, kein böses Wort – so etwas nennt sich stil- und respektvoll.
Der französische Markt ist Schröders Revier
Schröder war bei diesen beiden Klubs für wichtige Entscheidungen mitverantwortlich. Mit viel Kommunikation und harter Arbeit hat er versucht, seine Philosophie zu erklären und durchzudrücken. Nicht alles hat dabei geklappt, vor allem die Trainerwahl fiel nicht immer positiv aus. Insgesamt aber konnte er beim Kampf gegen Windmühlen, wie es diese vor allem auf Schalke gab, durchaus Spuren hinterlassen.
Wichtig war Schröder aber stets der Teamgedanke. Obwohl sein Netzwerk nach Frankreich sehr stark ist und Mainz die Coronakrise unter anderem durch spätere Rekordabgänge wie Jean-Philippe Gbamin, Abdou Diallo, Moussa Niakhate oder Jean-Philippe Mateta einigermaßen gut überstehen konnte, verwies er immer auf seine Mitstreiter im Klub.
Ähnliches gilt für seine Zeit in Leipzig. RB fischt ebenfalls mit Vorliebe in französischen Gewässern, wie nicht erst die Namen Lois Openda, Castello Lukeba und El Chadaille Bitshiabu zeigen.
Ist Schröder der heimliche RB-Gewinner nach dem Eberl-Aus?
Schröder käme dennoch nicht auf die Idee, sich dafür als alleinige Triebfeder Schulterklopfer abzuholen. Unbestritten jedoch hatte der frühere Profi seine Finger mit im Spiel. Trotzdem stellt sich die Frage: Ist Rouven Schröder nun der heimliche Gewinner nach dem Abgang von Eberl? Das Organigramm von Leipzig weist nach dessen Aus ganz oben in der Hierarchie eine Lücke auf. Wie diese geschlossen wird, ist noch offen.
Fakt ist aber auch: Bei RB ist Oliver Mintzlaff als Geschäftsführer und nun als Aufsichtsratsvorsitzender seit vielen Jahren das Gesicht des Klubs. Mario Gomez ist zudem als technischer Direktor Ansprechpartner für die Vereine im RB-Kosmos.
Eine „One-Man-Show“ wird es auch zukünftig in Leipzig nicht geben. Umso wichtiger ist es für den Verein, einen Teamplayer à la Schröder in den eigenen Reihen zu wissen.