Sonne tanken auf Mallorca vielleicht. Oder tauchen auf den Malediven. Eine Safari in Afrika wäre sicher auch nicht schlecht gewesen. „Mir wäre es lieber, wenn ich weggefahren wäre“, sagte Christoph Daum dem SID bestens gelaunt am Tag vor seinem 70. Geburtstag: „Und gar nicht diesen ganzen Trubel um mich gehabt hätte.“
Daum wird 70: Zwischen Kult und Skandal
Doch nun versammelt Daum am Dienstag in Köln doch einige Freunde um sich, gemeinsam schauen sie sich die Sky-Doku „Daum – Triumphe & Skandale“ über den wortgewaltigen Meistertrainer und großen Entertainer an. Danach geht es weiter in ein Restaurant, zum Essen und Feiern. Und quatschen - über damals und morgen.
Triumph und Skandal
Wenige Menschen haben so viel Leben in sieben Jahrzehnte gepackt wie Daum. Er wurde verehrt wie ein Heiliger. Einerseits. Und es gab die langen dunklen Phasen, andererseits: den Kokain-Skandal, die folgenden öffentlichen Anfeindungen, den Kampf gegen den Krebs.
Kämpfen, nicht aufgeben, gehörte bei Daum immer dazu. „Ich versuche, zu leben und den Krebs nicht mein Leben und Verhalten dominieren zu lassen“, sagte er und gab dann noch den wohl wichtigsten Rat seines Lebens weiter: „Ich kann allen nur zurufen: Geht zur Krebsvorsorge.“
Langweilig wurde es nie mit ihm. „Christoph Daum war immer und ist immer einer aus dem Volk, für das Volk“, sagte Daum. Er stehe „zu den Dingen, die ich gemacht habe. Klar, einige hätte ich gerne ausgelassen, aber sie gehören zu meiner Vita dazu. Das nennt man Leben“, sagt er in der Sky-Doku. Die Diagnose Lungenkrebs im vergangenen Jahr „klang wie ein Todesurteil“, nach 22 Chemotherapien, die er ironisch als „Doping“ bezeichnet, wähnt sich Daum aber auf einem „äußerst positiven“ Weg.
Auch im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 am vergangenen Sonntag sprach Daum über seinen Gesundheitszustand. „Die Krebszellen bilden sich zurück. Ich habe immer gelernt, zu kämpfen. Der Krebs hat sich den falschen Körper ausgesucht. Ich werde kämpfen“, betonte die gut gelaunte Trainerlegende.
Aus der Oberliga zum Meistertrainer
Daum, der als Spieler nie über die Oberliga hinauskam, begann seine Trainerkarriere Mitte der 80er beim 1. FC Köln, wurde mit gerade 32 Jahren Chefcoach und schnell zum Bayern-Jäger Nummer eins. Er prägte legendäre Meisterschaftsfinals wie 1992 mit dem VfB Stuttgart oder 2000 im Drama um die verspielte Meisterschaft von Bayer Leverkusen in Unterhaching. Für berühmte Weggefährten wie Matthias Sammer („Daum war ein Visionär“) oder Rudi Völler („Er hat Spieler besser gemacht“) war er eine Inspiration.
Als häufig betitelter „Lautsprecher der Liga“ provozierte Daum mit aufsehenerregenden TV-Auftritten, ließ seine Spieler über Glasscherben laufen und befand sich stets im Dauerstreit mit Uli Hoeneß, der im berühmt-berüchtigten Sportstudio-Duell 1989 gipfelte. Mit dem Ehrenpräsidenten von Bayern München versöhnte sich Daum im Rahmen der Doku bei einem persönlichen Treffen am Tegernsee. „Ich habe mir sicherlich nicht nur Freunde gemacht. Heute kann ich sagen, ich habe mit allen meinen Frieden geschlossen - auch mit Uli Hoeneß“, sagte Daum.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere – kurz vor der Erfüllung seines Traums, Bundestrainer zu werden – stürzte Daum im Oktober 2000 über die Kokain-Affäre und die folgenschwere Haarprobe. Der Satz „Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe“ wurde zum Kulturgut der deutschen Fußballgeschichte, es folgte einer der größten Sportskandale. „Der größte Fehler“ seines Lebens, so sagt Daum, verfolge ihn bis heute.
„Ich habe in meinem Leben einiges an Scheiß gebaut. Aber wenn ich zurückgucke, sind die positiven Dinge in der Überzahl.“ Als Trainer war Daum nämlich ein Erfolgsgarant. Zehn Stationen, zehn Titel mit vier Vereinen in drei Ländern holte der gebürtige Zwickauer. Und vor allem: Er bewegte die Massen.
Neben der Meisterschaft mit dem VfB gewann Daum auch mit Austria Wien in Österreich und den beiden türkischen Traditionsklubs Besiktas und Fenerbahce den nationalen Ligatitel, in Istanbul wird er bis heute verehrt. Seine Karriere beendete Daum 2017 als rumänischer Nationaltrainer.
„Ich habe alle Erwartungen, die ich an mein Leben gestellt habe, bei weitem übertroffen. Ich habe ein Leben auf der Überholspur geführt“, sagte Daum. Auch wenn es so manches Mal gekracht hat.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)