Wenige Ballkontakte, eigentlich kaum im Spiel - und irgendwie war Harry Kane bei Bayerns 2:1-Sieg nach Rückstand in Kopenhagen dann doch entscheidend beteiligt - als er nämlich Thomas Müller in der 83. Minute per Kopfball steil schickte, der dann wiederum den besser postierten Mathys Tel für den Siegtreffer in Szene setzte.
Bayern und das Kane-Problem
Kane bei den Bayern: Bislang ist es auf dem Papier eine Erfolgsgeschichte. In neun Spielen steht der Engländer bei neun Treffern. In der Bundesliga sind es bereits acht in sechs Spielen, nur Erling Haaland konnte in seinen ersten sechs Bundesliga-Partien mehr Treffer erzielen (neun).
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der 30-Jährige bereits viermal vom Elfmeterpunkt vollstrecken durfte und ansonsten noch nicht vollständig im Spiel der Münchner angekommen ist. Womöglich hängt das zwar auch mit dem noch etwas holprigen Spiel der Mannschaft von Thomas Tuchel zusammen, dennoch werfen Kanes durchschnittlich lediglich 29 Ballkontakte pro 90 Minuten Fragen auf.
Youngster und Superjoker Tel liegt bei starken 63 Ballkontakten pro 90 Minuten in der Bundesliga, ein Vergleich ist jedoch aufgrund der bislang geringen Spielzeit (nur 123 Einsatzminuten) und unterschiedlichen Positionierung nicht vollständig aussagekräftig.
Lewandowski über Kane: „Umstellung ist groß“
Kanes Vorgänger Robert Lewandowski war über seine gesamte Bayern-Zeit im Schnitt 38-mal pro 90 Minuten am Ball. Damit hatte er knapp neun Ballkontakte mehr als Kane, der bei Ex-Klub Tottenham Hotspur eigentlich dafür bekannt war, sich häufiger in der eigenen Hälfte die Bälle zu holen und aus der Tiefe heraus Chancen für seine Mitspieler zu kreieren. Mit bereits drei Vorlagen ist ihm diese Fähigkeit auch keineswegs abzusprechen, doch kommt sie bislang noch etwas zu kurz.
Wie Lewandowski kürzlich in der Sport Bild erklärte, sei der Transfer von Kane für die Bayern „eine gute Lösung“, jedoch erwartet der Pole auch Perioden, in denen sich Kane schwertun werde: „Das erste Jahr für ihn wird sicher nicht leicht, die Umstellung ist groß.“ Kane brauche „Zeit, den FC Bayern zu verstehen“.
Der Engländer werde dem Verein aber dennoch helfen, „auch wenn es schwierige Phase geben wird.“ Grundsätzlich handle es sich beim Kapitän der Three Lions schließlich um „einer der besten Stürmer der Welt“, stellte sein Vorgänger heraus.
Tuchel rätselt über Kane: „Weiß nicht genau, woran das lag“
Das wird auch Tuchel nicht anders sehen, der nach dem Spiel gegen Kopenhagen (nur 22 Ballkontakte) dennoch über die fehlende Bindung seines Wunschstürmers rätselte. „Er hat sich schwergetan in der ersten Halbzeit, die Räume waren auch extrem eng. Ich weiß nicht genau, woran das lag“, konnte der Bayern-Trainer keine Erklärung liefern, lobte seinen Mittelstürmer dann aber für die Endphase des Spiels.
„Wir haben in den letzten 20 Minuten gesehen, wie wertvoll Harry für uns sein kann“, so Tuchel. „Da haben wir ihn mehr gefunden, da war er auch mehr mit eingebunden. Er hat sich dann in das Spiel reingebissen und war sehr wertvoll, sehr ballsicher, hatte gute Verlängerungen und erste Kontakte.“
Generell ist Kane keiner, der sich hängen lässt, sondern ein absoluter Teamplayer, der auch gegen den Ball seine Stärken einsetzen kann.
Verglichen mit Lewandowskis letzter Saison in München spult der Engländer mehr Kilometer auf dem Platz ab - und ist sich auch nicht zu schade, nach hinten mitzuarbeiten: Im Bundesliga-Topspiel gegen RB Leipzig am Samstag leitete er mit seinem Kopfball nach gegnerischer Ecke den Konter zum 2:2-Ausgleich ein.
Was außerdem unbestritten bleibt, ist Kanes Qualität vor dem Tor. Mit seinen acht Toren übertrifft er seinen xG-Wert (erwartbare Tore) in der Bundesliga um 1,6 - starke fünf seiner sieben Großchancen nutzte er zu Toren, gehört damit zu den effizientesten Spielern der Bundesliga.
Mit besserer Einbindung in das Spiel der Bayern dürften es sogar noch mehr Chancen werden, was bei Gegnern wohl nicht gerade für Begeisterung sorgen dürfte.