Wenn die Verantwortlichen von Eintracht Frankfurt über Randal Kolo Muani sprachen, dann haben sie stets dessen Charakter hervorgehoben. Er sei ein „guter, feiner, intelligenter Junge“, einen Streik habe man sich nie wirklich vorstellen könne.
Kolo Muani drohte der Eintracht
Die letzten Tage vor dem spektakulären Deadline Day zeigten, wie sehr man sich in dem 24-Jährigen getäuscht hatte. Als Paris Saint-Germain mit einem Millionengehalt lockte, änderten sich rasant die Vorzeichen.
Märchen endet mit einer schmucklosen Pressemitteilung
Eine Geschichte, die lange Zeit einem Märchen glich, endete mit einer insgesamt schmucklosen Pressemitteilung. Der ablösefrei aus Nantes gekommene und zum 26-Tore-Mann aufgestiegene Stürmer ließ nach einem tollen Jahr jegliches Porzellan zerspringen. Der bis 2027 laufende Vertrag interessierte da herzlich wenig.
Vier Sätze und eine Erklärung von Sportvorstand Markus Krösche setzten Tagen der Enttäuschung und Ernüchterung ein Ende.
Statt den 95-Millionen-Deal, einen der größten Verkäufe der Bundesliga-Historie, mit Videos und Lobeshymnen zu feiern und zu würdigen, war in der Nacht von Freitag auf Samstag um 00.30 Uhr nur noch Platz für das Nötigste. Die Beziehung zwischen beiden Parteien, sie ist mächtig abgekühlt.
Kolo Muani streikte erst und rebellierte später
Selbst eine Formulierung der Marke, dass man dem Profi für die Zukunft alles Gute wünsche, gab es nicht mehr. Das ist bezeichnend für einen Knall, der mit der Veröffentlichung von unautorisierten Antworten am Dienstagabend begonnen und sich mit dem Trainingsstreik am Mittwochvormittag fortgesetzt hatte.
Als die Eintracht die bis dahin auf dem Tisch liegende 65-Millionen-Euro-Offerte von PSG endgültige ablehnte, soll Kolo Muani SPORT1-Informationen zufolge rebelliert haben.
Er werde „nie wieder in diesem Trikot spielen“, ließ er über Berater Moussa Sissoko mitteilen. Der Zusatz lautete: „Egal, was passiert!“
In Insiderkreisen wird gar darüber gemunkelt, dass er selbst einen kurzfristigen Schritt nach Saudi-Arabien nicht ausgeschlossen hätte, um von dort aus dann im Winter nach Paris zu gehen. Randnotiz: Auch im PSG-Trikot wird er nicht sofort spielen, weil er gleich verletzt ausfällt.
Veränderung von Kolo Muani bei Instagram sichtbar
Die Frankfurter sahen peu à peu ein, dass es sich hier nicht um einen zweiten Fall Filip Kostic handelt. Der Serbe meldete sich im August 2021 ab, indem er sagte, er sei mental nicht bereit aufzulaufen.
Die Offerte von Lazio Rom hatte aber nie die Dimensionen, um die es in der Causa Kolo Muani ging. Kostic kam zurück und wurde Europa-League-Held. Für eine solch aussichtsreiche Wiedereingliederung gab es bei Kolo Muani keine Grundlage mehr. Und so ließen die Hessen ihren Topscorer nach nur einem Jahr ziehen – obwohl der Klub zuvor keinen Ersatz hatte.
Ehemalige Weggefährten des Stürmers erkannten bereits seit der Winter-Weltmeisterschaft in Katar eine Verhaltensveränderung bei Kolo Muani. Wer neben Kylian Mbappé oder Ousmane Dembélé in der Kabine sitzt, der bekommt eine andere, neue Welt präsentiert.
Das Instagram-Profil veränderte sich, es zeigte plötzlich nicht nur die üblichen „work hard“-Trainingsbildchen, sondern plötzlich auch Luxus und eine bis dahin ungewohnte Selbstdarstellung. Kurz bevor der Transfer über die Bühne ging, löschte Kolo Muani seine gesamte Fotowand. Es wirkt so, als habe es den FC Nantes und Eintracht Frankfurt für ihn nie gegeben.
Wirtschaftlich hat Eintracht alles richtig gemacht
Passend dazu gab es einen Bericht der L‘Equipe, laut dem Kolo Muani über den zwischenzeitlichen Stillstand der Verhandlungen gesagt haben soll: „Das interessiert mich nicht, findet eine Lösung.“ Er wolle nie wieder das Trikot der Hessen tragen. Von der Dankbarkeit und Demut, die ihn zu Beginn noch auszeichnete? Verpufft!
Im Vorbereitungs-Trainingslager in Windischgarsten hatte sich Kolo Muani noch nahbar gezeigt, stand den Anhängern für Unterschriften und Selfies lächelnd zur Verfügung.
Was bleibt aus Eintracht-Sicht nun übrig? Einerseits der größte Transfer der Vereinsgeschichte. Der ehemalige Direktor Profifußball Ben Manga – inzwischen beim FC Watford tätig - hatte seit Herbst 2020 viel Überzeugungsarbeit geleistet und als Entdecker den Grundstein für diesen Mega-Deal gelegt.
Es ist dieser Weg der Hessen, Talente frühzeitig zu entdecken und später teuer zu verkaufen. Wirtschaftlich – da gibt es keine Zweifel – war das alternativlos.
Wie geht es sportlich weiter ohne den Top-Star?
Und sportlich? Der Klub, der sich zwischenzeitlich mit Elye Wahi und Victor Boniface einig war, steht nach dem Ende der Transferperiode ohne Ersatz da. PSG hat die Muskeln spielen lassen in diesem Poker und gezeigt, in welche Dimension sie innerhalb weniger Minuten eindringen können.
Daher bleiben Fragezeichen: Wie kompensiert Trainer Dino Toppmöller den Abgang des Top-Stars? Entwickeln sich die Neuzugänge Omar Marmoush und Jessic Ngankam schnell? Baut der Coach den bisherigen Flop Lucas Alario plötzlich auf? Hätte Rafael Borré doch besser bleiben und nicht nach Bremen gehen sollen?
Oder wird die Eintracht noch einmal auf dem Transfermarkt tätig und sichert sich einen vertragslosen Angreifer der Marke Alfredo Morelos oder Anthony Modeste?
Ein solcher Aktionismus ist nach SPORT1-Informationen vorerst nicht der Plan – aber nicht erst der Deadline Day mit dem Platzen des Kolo Muani-Märchens zeigt, dass sich Pläne auch noch zur ganz späten Stunde rasant ändern können.