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Das große Tuchel-Dilemma: Wer kann das Bayern-Spiel aufbauen?

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Das große Tuchel-Dilemma: Wer kann das Bayern-Spiel aufbauen?

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Tuchels Aufbau-Dilemma

Der FC Bayern erlebte im Supercup am Samstag eine faustdicke Überraschung, die selbst Thomas Tuchel ratlos zurückließ. RB Leipzig zeigte deutlich auf, dass der Rekordmeister noch weit weg vom Optimum ist. Das betrifft gerade die Spielgestaltung im Mittelfeld.
Thomas Tuchel wirkt rat- und sprachlos und greift dennoch seine Spieler heftig an. Der Bayern-Trainer geht damit schon vor dem Bundesliga-Auftakt volles Risiko.
Der FC Bayern erlebte im Supercup am Samstag eine faustdicke Überraschung, die selbst Thomas Tuchel ratlos zurückließ. RB Leipzig zeigte deutlich auf, dass der Rekordmeister noch weit weg vom Optimum ist. Das betrifft gerade die Spielgestaltung im Mittelfeld.

Eigentlich sollte der Supercup am Samstag die große Harry-Kane-Show werden. Der FC Bayern München wollte dem Neuzugang direkt dessen ersten Mannschaftstitel bescheren - aber daraus wurde nichts, weil das Publikum in der Allianz Arena stattdessen die Dani-Olmo-Show zu sehen bekam. RB Leipzig war trotz des 3:0-Sieges keinesfalls haushoch überlegen, sondern wurde in der ersten Halbzeit von Bayern doch für einige Zeit in Bedrängnis gebracht. Aber überzeugend war die Spielanlage des Rekordmeisters nicht.

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In Abwehr und Mittelfeld gab es im Vergleich zu vielen Partien in der Vorsaison nur eine Änderung: Konrad Laimer spielte neben Joshua Kimmich. Und in dieser Mittelfeldzentrale hakt es auch weiterhin. Die Rollenverteilung zwischen dem Neuzugang und Kimmich sah meist so aus, dass Laimer mehr Laufwege nach vorn unternehmen sollte, um als Bindeglied zur Offensivreihe zu fungieren und gegebenenfalls nach Ballverlusten das Gegenpressing zu initiieren.

Kimmich wiederum bekam häufig in der ersten Phase des Spielaufbaus den Ball, wurde jedoch oft von Leipzig direkt angelaufen, wenn er noch seitlich zur Strafraumkante stand. Ein Aufdrehen nach vorn war für Kimmich meist nicht möglich und der Spielaufbau erlahmte des Öfteren.

Pressing: Kimmich besser als Rechtsverteidiger

Nun werfen diese wiederkehrenden Probleme in der Spieleröffnung natürlich Fragen auf. Kimmich ist an sich pressingresistent, aber das im Besonderen in der Position des Rechtsverteidigers.

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Nahe der Seitenlinie konnte er sich in der Vergangenheit bei Einsätzen als Rechtsverteidiger mit Hilfe eben jener Seitenlinie oft gegen heranstürmende Gegenspieler befreien. Dass der Ball gegebenenfalls einfach ins Aus sprang, half Kimmich natürlich, wenn er mit seinen Bewegungen die Pressingattacke ins Leere laufen lassen wollte.

In der Spielfeldmitte ist die Ballbehauptung selbstverständlich komplexer, weil Gegenspieler aus diversen Winkeln den Ballführenden anlaufen können. Es braucht eine entsprechende Vororientierung, um mögliche Anspielstationen ausfindig zu machen, und zudem Handlungsschnelligkeit.

Kimmich hält den Ball zu lange

Kimmich bleibt jedoch zu lange am Ball und versucht trotz des steigenden Pressingdrucks Raumgewinn zu erzielen. Je nach Pressingschema sind meist nur kurze Ablagen auf die Innenverteidiger möglich, wobei gerade Matthijs de Ligt punktuell nach vorn andribbeln kann.

Nicht zuletzt die Ausgestaltung einer bestimmten Position oder Spieler-Rolle ist ausschlaggebend. Thiago Alcántara etwa war vor einigen Jahren in Diensten des FC Bayern kein zentraler Sechser, aber der Spielgestalter. Er driftete in den linken Halbraum und baute dort aus einer anderen Position und natürlich mit großer Handlungs- und Aktionsschnelligkeit das Spiel auf.

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Oder man erinnere sich an das titelsammelnde Mittelfeld von Real Madrid, in dem Casemiro vor der Abwehr den Raum bewachte, Toni Kroos von halblinks Eröffnungspässe spielte und Luka Modric weiter vorn halbrechts die Angriffsgestaltung mitbestimmte.

Ist Kimmich falsch positioniert?

Kimmich jedoch bleibt fürs Erste eher zentral, was womöglich auch damit zu tun hat, dass er sich als waschechter Sechser beweisen möchte oder soll. „Ich bin ein Sechser!“, sagte Kimmich zu den Diskussionen rund um einen möglichen Neuzugang für die Sechs. Tuchel sagte derweil über den 28-Jährigen: „Es ist nicht in seiner DNA, ein positionshaltender Mittelfeldspieler zu sein. Er mag es, sich zu viel zu bewegen. Er hilft an zu vielen Orten aus. Er ist ein sehr guter Assist-Geber.“

Also müsste Kimmich demnach weiter vorne spielen und weniger Verantwortung in der ersten Phase des Spielaufbaus übernehmen. Tuchel hätte sich bekanntlich Declan Rice für diese Saison gewünscht, also einen „Holding Midfielder“, der den Raum vor der Abwehr bewacht und blockiert, aber in der Spielgestaltung eher Sicherheitspässe spielt.

In der Bundesliga gibt es nur ein paar Spieler, auf die der Begriff des „Holding Midfielder“ wirklich zutrifft – zum Beispiel Rani Khedira, Emre Can mit Abstrichen oder seit neuestem Senne Lynen.

Tuchel muss umbauen - aber wie?

In den Regalen, in denen der FC Bayern zuletzt wieder shoppte, scheint es momentan keine wirklichen Angebote zu geben. Also muss Tuchel das zentrale Mittelfeld und die Spielzüge mit dem vorhandenen Personal anders gestalten als bislang. Denkbar wäre Kimmich auf einer Übergangsposition zwischen Sechser und Jamal Musiala.

Für die Sechs böte sich dann mit Einschränkungen eigentlich nur Konrad Laimer an, der in Diensten von RB Leipzig immer mal den tieferen Part im Mittelfeld spielte und sich deutlich verbessert in der Ballmitnahme und in den Bewegungen am Ball zeigte – nicht zuletzt im Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt. Ob er gegen einen aggressiv pressenden Gegner jedoch bestehen könnte, darf bezweifelt werden.

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Mazraoui als mögliche Lösung im Spielaufbau

Alternativ könnte wieder die Variante des einrückenden Außenverteidigers ausprobiert werden, damit ein Außenverteidiger im Spielaufbau auf die Sechs schiebt und sich dadurch mehr Passoptionen in der Mitte ergeben. Noussair Mazraoui hätte das spielerische Vermögen für diese Rolle. Problematisch wäre jedoch, dass dahinter eher drei statt zwei Abwehrspieler die Restverteidigung bilden sollten.

Das würde allerdings nicht zum Spielstil von Linksverteidiger Alphonso Davies passen, denn der offensivdenkende Kanadier möchte auf dem linken Flügel schnell nach vorn stoßen.

Was deutlich wird: Bekommt Tuchel keinen neuen Sechser, muss er ganz schön tüfteln, damit der Spielaufbau nicht so anfällig wie in manchen Phasen der Vorsaison bleibt.