„Totaler Quatsch!“ Das sagte BVB-Sportchef Sebastian Kehl vor kurzem in einem Interview, angesprochen auf einen vermeintlichen Streit mit Trainer Edin Terzic.
Der mächtigste BVB-Coach seit Klopp!
Einen Streit gab es sicher nicht, durchaus aber eine Meinungsverschiedenheit zwischen Sportchef und Coach - und zwar im Fall Edson Álvarez. Kehl und Chefscout Eduard Graf wollten den 25 Jahre alten Mexikaner nach SPORT1-Informationen unbedingt von Ajax Amsterdam verpflichten, waren in den Niederlanden vor Ort und sich mit dem Sechser quasi schon einig.
Wie der Álvarez-Transfer wegen Terzic platzte
„Doch Edin Terzic hatte andere Vorstellungen und soll sehr unmissverständlich klargemacht haben, dass sein Mann Emre Can ist“, berichtet BVB-Experte und Reporter Oliver Müller in einer neuen Ausgabe des SPORT1 Podcasts „Die Dortmund-Woche“: „Das hat zu einem Umdenken im Klub geführt: Okay, wenn unser Trainer personell andere Vorstellungen hat, müssen wir nicht so viel Geld in die Hand nehmen für einen Spieler.“
Mentalitätsmonster Álvarez wechselte bekanntlich für 40 Millionen Euro in die Premier League zu West Ham United. Ajax-Boss Sven Mislintat sagte kürzlich im kicker, dass er von der Entwicklung im Álvarez-Poker überrascht war: „Ich habe fest damit gerechnet, dass die Borussia ihn holt“, so der gebürtige Dortmunder.
In der jüngeren Vergangenheit war es laut Müller nicht immer so, „dass die BVB-Bosse ihrem Trainer gefolgt sind“.
Schürrle als warnendes Beispiel beim BVB
„Ich erinnere beispielsweise an den Transfer von André Schürrle unter Thomas Tuchel“, fügt SPORT1-Chefreporter und Podcast-Host Patrick Berger an. „Und es gab Transfers wie die von Maximilian Philipp oder Jeremy Toljan. Das waren Schlüssel-Momente für die BVB-Bosse.“
Gerade der Schürrle-Transfer für rund 30 Millionen sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen: „Den wollte Tuchel damals unbedingt haben, ab dem Zeitpunkt haben die Bosse gesagt: Einem Trainer will man nie mehr so viel Macht und Mitspracherecht geben. Darunter haben in den letzten Jahren ein paar Trainer, ob Lucien Favre oder Marco Rose, gelitten. Jetzt hat man mit Terzic jemanden, der sehr viel mitsprechen darf und viel Macht bekommt.“
Can sollte weg - jetzt ist er Kapitän
Wie viel Macht der 40 Jahre alte Sauerländer hat, zeigt die Entscheidung gegen Álvarez und für Emre Can, der zwischenzeitlich sogar verkauft werden sollte und von Terzic und Co. zum Kapitän ernannt wurde.
„Terzic wollte auch unbedingt Felix Nmecha haben, obwohl der mit rund 30 Millionen Euro ein bisschen teurer war als angenommen, weil Terzic ihn als enorm wichtig für sein Spiel ansieht“, führt Berger ein weiteres Beispiel für den großen Einfluss des jungen Trainers an.
„Anthony Modeste wollte Terzic damals auch holen als Haller-Ersatz. Es gab mit Kehl ja durchaus jemanden, der eher an Edison Cavani gedacht hat“, schildert Berger.
Hier hat Borussia Dortmund „sicher Fehler gemacht“
„Man weiß mittlerweile im Verein, wie wichtig personelle Kontinuität auf dem wichtigsten Posten, dem des Trainers, ist“, berichtet Müller: „Man will das endlich wieder herstellen.“
Er betont: „Watzke und Michael Zorc (früher Sportchef; Anm. d. Red.) wissen, dass sie im Umgang mit einzelnen Trainern zuletzt sicher Fehler gemacht haben. Sie sind beim BVB jetzt zu 100 Prozent von Terzic überzeugt. Er hat es geschafft, die Kluft zwischen Fans und Mannschaft wieder zu ändern. Das ist sein Verdienst.“
Watzke schwärmt von Terzic
BVB-Boss Watzke, der bekanntlich ein enges Verhältnis zu Terzic hat, betonte kürzlich erst in der Sport Bild: „Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzic. Punkt, aus. Nach so langer Zeit in diesem Geschäft meine ich beurteilen zu können, wer ein Top-Trainer ist. Und Edin ist ein Trainer mit außergewöhnlichen Fähigkeiten“, so der Geschäftsführer des Vizemeisters.
„Er ist nach Jürgen Klopp wieder der Trainer, der sich mit Haut und Haaren auf diesen Verein einlässt“, erklärte Watzke: „Was in seinem Fall natürlich damit zu tun hat, dass er immer schon BVB-Fan war. Er ist Borusse durch und durch.“
BVB-Experte Müller sieht in der Machtfülle von Terzic durchaus ein kleines Risiko. „Ob es aber in der einen oder anderen Situation zu groß ist, wird die Zukunft zeigen.“
Im Podcast „Die Dortmund-Woche“ sprechen SPORT1 Chefreporter Patrick Berger und SPORT1 Reporter Oliver Müller über die aktuellen Themen bei Borussia Dortmund. In Folge 76 geht es unter anderem um die Macht von Trainer Edin Terzic, aber auch um Gregor Kobel, dem ein neuer Mega-Vertrag winkt, und heiße Gerüchte. Der SPORT1-Podcast „Die Dortmund-Woche“ ist immer dienstags auf podcast.sport1.de, in der SPORT1 App und auf den gängigen Streaming-Plattformen Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music, Deezer und Podigee abrufbar.