Ein Jahr ist es nun her, als der Wechsel von Robert Lewandowski vom FC Bayern zum FC Barcelona offiziell gemacht wurde.
Wie das Lewy-Theater sein Ende fand
Am 19. Juli 2022 gab Barca bekannt, dass der Klub den Polen für 45 Millionen Euro zuzüglicher Bonuszahlungen verpflichtet hat. Für viele Bayerns-Fans ist es vermutlich immer noch ein komisches Bild, ihren jahrelangen Top-Stürmer im Dress der Katalanen zu sehen.
Bereits drei Tage vor der offiziellen Verkündung hatte der damalige Bayern-Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn den Transfer vermeldet, es mussten zu jenem Zeitpunkt nur noch die obligatorischen medizinischen Tests bestanden werden.
Bei den Fans kam der Wechsel ganz und gar nicht gut an, zumal Kahns Bestätigung am Tag der offiziellen Teampräsentation stattfand.
Hinter der Einigung beider Verein lagen harten Verhandlungswochen, die zu einem Schlammschlacht wurden sowie Giftpfeile hin und her flogen.
SPORT1 blickt auf den ereignisreichen Sommer 2022 zurück.
Lewandowski von Salihamidzic-Aussage irritiert
Alles begann im Herbst 2021. Zu jenem Zeitpunkt war der Stürmer zufrieden beim FC Bayern und wollte seinen 2023 auslaufenden Vertrag verlängern. Er kommuniziert dies auch - doch die Verantwortlichen ließen „Lewy“ zunächst im Dunklen tappen.
Ein paar Monate später sorgte dann eine Aussage vom damaligen Sportvorstand Hasan Salihamidzic bei Lewandowski für Verwunderung. Vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt im Februar 2022 erklärte Salihamidzic bei Sky, dass der Verein alles dafür tun werde, um den Polen in München zu halten.
Für den 34-Jährigen war diese Haltung des Klubs neu, sodass er sich dazu hinreißen ließ, folgendes nach dem Frankfurt-Spiel zu sagen: „Das höre ich zum ersten Mal.“
Es war das erste Anzeichen in der Öffentlichkeit, dass die Kommunikation zwischen dem Spieler und den Verantwortlichen aktuell zu wünschen übrig ließ.
Kahn wird wegen Lewy deutlich
Im April 2022 machten dann Gerüchte die Runde, dass Lewandowski die Bayern verlassen möchte. Ein polnisches Medium berichtete zu diesem Zeitpunkt, dass er sich bereits mit Barca einig sei.
Daraufhin reagierte der Ex-Vorstandvorsitzende Oliver Kahn bei Amazon Prime: „Scheinbar gibt es einen Wettbewerb da draußen, wer bringt die größte Nonsense-Geschichte über Robert Lewandowski. Lewy spielt in der kommenden Saison auf jeden Fall für die Bayern.“
Im Mai 2022, nach dem letzten Bayern-Spiel gegen den VfL Wolfsburg, sprach der Stürmer erstmals öffentlich über seine Wechselgedanken: „Gut möglich, dass es mein letztes Spiel für den FC Bayern war. Ich kann es nicht hundertprozentig sagen, aber es könnte sein.“
Lewandowski schießt Giftpfeile ab
Einen Tag später fand Oliver Kahn auf der Meisterfeier deutliche Worte zu den Wechselgerüchten um Lewy. Er sagte dem Bayrischen Rundfunk bezüglich seines Vertrags bis 2023: „Diesen Vertrag wird er erfüllen - Basta!“
Es wurde immer deutlicher, dass das Verhältnis bröckelt - und kurze Zeit später holte der Pole während der Nations League zum Rundumschlag aus. „Was sicher ist, meine Ära beim FC Bayern München ist vorbei. Angesichts dessen, was in den letzten Wochen vorgefallen ist, sehe ich keine Möglichkeit, meine Karriere bei diesem Klub fortzusetzen.“
Darauf folgte der sprachlich noch heftigere Knall: „Ich will den FC Bayern nur noch verlassen. Loyalität und Respekt sind wichtiger als Arbeit“, sagte der damals 33-Jährige Anfang Juni im Podcast mit OnetSport: „Etwas in mir ist gestorben.“
Kahn bleibt hart - zunächst
Damit war der Bruch endgültig. Barca hinterlegte infolgedessen das erste Angebot beim FC Bayern, was die Verantwortlichen ablehnten. Dieses belief sich auf 32 Millionen Euro zuzüglich Bonuszahlungen.
Ende Juni verpflichtete der deutsche Rekordmeister Sadio Mané. Während seiner offiziellen Vorstellung gab Kahn ein Update zum Lewandowski-Poker: „Was Robert angeht, hat sich nicht viel verändert. Er hat Vertrag bis 2023 und wir freuen uns dann, wenn er am ersten Trainingstag bei uns aufläuft.“
Kahn blieb nach außen hin hart, zumal er sich an seiner Basta-Aussage von Ende Mai messen lassen musste.
Beim Trainingsauftakt am 11. Juli 2022 war Lewandowski noch Bayern-Spieler. Es wurde zuvor viel gemunkelt, ob sich der Pole wegstreiken würde und gar nicht mehr zum Training erscheint.
Er war an der Säbener Straße und wirkte lust- bzw. teilnahmslos. Man konnte deutlich erkennen, dass er keine Lust verspürte, in München auf dem Trainingsplatz zu stehen.
Kahn stichelt gegen Lewandowski
Fünf Tage später flog der Pole dann zum Medizincheck nach Barcelona. Er hatte seinen Willen bekommen und sein Wunsch wurde erfüllt. Als er mit einem Auto von der Säbener Straße weggefahren wurde, stichelten die anwesenden Fans mit Sätzen wie „Hala Madrid“.
„Was Robert geleistet hat, ist mehr als outstanding“, sagte Ex-Vorstandsvorsitzender Kahn bei der Bekanntgabe des Transfers: „Er hat alles gewonnen und seinen Teil beigetragen zu den Titeln, ist zum Weltfußballer geworden.“
Er bemerkte aber auch: „Wir wissen sehr gut, was wir Robert alles zu verdanken haben, aber den FC Bayern haben auch früher schon große Spieler verlassen und auch danach ist die Bayern-Welt nicht auseinandergebrochen. Im Gegenteil, oftmals ging es noch erfolgreicher weiter.“
Der damalige Sportvorstand Salihamidzic sagte, Lewandowski habe „Großes geleistet für den FC Bayern“, und Präsident Herbert Hainer erklärte, man sei dem Polen „unheimlich dankbar“, er sei „ein sehr verdienter Spieler“.
Lewandowski teilt erneut gegen Bayern aus
Nachdem der Pole sich zunächst auch bedankte, legte er rund zwei Wochen nach seinem Wechsel aber noch einmal nach.
Er attackierte die Bayern-Verantwortlichen, ohne einen Namen zu nennen. Er warf ihnen vor, nicht die Wahrheit gesagt zu haben, um die FCB-Fans zu beruhigen. Es sei schwer gewesen, den Anhängern seinen Abgang zu erklären, sagte der Torjäger: „Ich musste das akzeptieren, auch wenn viel Bullshit dabei gewesen ist.“
Für ihn sei es aber unglaublich gewesen, dass die Bayern-Fans trotzdem die ganze Zeit hinter ihm gestanden hätten.
Lewandowski-Abgang sorgt für Fan-Ärger
Anfang August fand Lewandowski im exklusiven Interview mit SPORT1 nettere Worte bezüglich seines Abschieds: „Es war ein komisches Gefühl, zum letzten Mal zum Trainingsgelände zu fahren. Der Verein und die Stadt bedeuten mir sehr viel, in München sind meine zwei Töchter zur Welt gekommen und wir haben uns auch noch einmal von allen Leuten verabschiedet, an der Säbener Straße und im Kindergarten.“
Zudem machte er deutlich: „Es gab keinen Tag, an dem ich mich zurückgelehnt habe. Das wissen auch die Verantwortlichen. Gegenseitige Dankbarkeit, gegenseitiger Respekt - so sind wir miteinander verblieben. Der FC Bayern wird immer in meinem Herzen bleiben.“
Lewandowski konnte den Fan-Ärger dennoch nachvollziehen: „Ich weiß, dass das vielen Fans wehgetan hat. Ich kann sie verstehen und mich dafür jetzt nur entschuldigen. Für mich war es in diesem Moment wichtig und notwendig, klarzumachen, dass ich bereit für eine Veränderung bin. Am Ende sind wir alle nur Menschen, oder? Nach zwölf Jahren in Deutschland stand für mich fest: Ich bin hier fertig. Das wollte ich verdeutlichen - weil es für den FC Bayern in dieser Phase natürlich auch nicht einfach war, einem Verkauf zuzustimmen. Es war eine schwierige Situation für alle Beteiligten und wir mussten die beste Lösung finden.“
Bayern-Fans applaudieren Lewandowski
Das Kapitel FC Bayern war für den Polen geschlossen - doch ein Wiedersehen stand bereits Mitte September auf dem Plan, denn München und Barcelona wurden in eine Gruppe in der Champions League gelost.
Am 13. September fand dann das Hinspiel in der Münchener Allianz Arena statt. Dabei wurde er überwiegend mit Beifall empfangen.
Als der 34-Jährige am Dienstagabend mit dem FC Barcelona zum Warmmachen in die Allianz Arena einlief, wurde er vom Stadionsprecher auch explizit begrüßt. Nur wenige Münchner Anhänger pfiffen, der überwiegende Teil der 75.000 Zuschauer applaudierte.
Hasan Salihamidzic, Sportvorstand des FC Bayern München, hatte sich von diesem positiven Empfang des Polen nicht überrascht gezeigt. „Es war verständlich“, sagte er bei Amazon Prime und fügte hinzu: „Die Fans haben ein gutes Gespür dafür, was Lewandowski für den FCB geleistet hat. Darüber bin ich auch sehr froh.“
Lewandowski: „Denke nur noch an das Gute“
Letztlich war es dennoch kein schönes Wiedersehen für Lewandowski, denn Bayern gewann - wie auch das Rückspiel in Barcelona - gegen die Katalanen, sodass am Ende Lewandowski mit seinem neuen Klub aus der Champions League flog.
Der Pole kann heute auf eine starke Debüt-Saison in Spanien blicken. Er hat wettbewerbsübergreifend 46 Partien absolviert und in denen 33 Treffer erzielte sowie acht Vorlagen gab. Damit schoss Lewandowski Barca zur Meisterschaft.
Im Mai 2023 blickte Lewandowski nochmals auf den Wechsel zurück und sagte der Bild: „Die letzten Monate beim FC Bayern waren schwierig. Mein Abschied war mit vielen Emotionen verbunden, aber heute denke ich nur noch an das Gute.“