„Wir sind keen Verein. Wo die Euros when. Die richtje dicke Kohle. Hat hier nie eener jesehn“, tönt es beim „Eisernet Lied“ durch die Alte Försterei vor den Heimspielen von Union Berlin.
Verrät Union seine Werte?
Doch in der kommenden Saison weht durch die Champions League viel Geld in die Kasse der Köpenicker - deutlich mehr als bei ihren Teilnahmen in den vergangenen beiden Spielzeiten in der Conference League und in der Europa League.
Zum Vergleich: Während jeder Verein von der UEFA in der abgelaufenen Spielzeit für die Teilnahme an der Champions-League-Gruppenphase 15,64 Millionen Euro kassierte, bekam Union für das Erreichen der Gruppenphase in der Europa League „nur“ 3,63 Millionen.
„Heute sind es knapp 160 Millionen Euro“ Umsatz
„Ich habe 2003 zusammen mit einigen Unternehmern den Wirtschaftsrat gegründet. Gestartet sind wir damals bei 1,8 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Heute sind es knapp 160 Millionen Euro“, hatte Präsident Dirk Zingler im Januar im Interview mit der Berliner Zeitung verraten.
Neben diesen fixen Mehr-Einnahmen durch die Teilnahme an der Königsklasse, erhöht sich auch nochmal die Sichtbarkeit der Eisernen. Dies hilft sowohl bei möglichen neuen Sponsoren als auch bei Neuverpflichtungen. Wie groß die sportliche Attraktivität mittlerweile ist, verdeutlichen die Transfers in diesem Sommer und auch der vergangene Winter.
So verpflichteten die Berliner im Winter Josip Juranović für 8,55 Millionen Euro - Rekordablöse des Vereins - und standen zusätzlich kurz vor der Verpflichtung von Isco, einem fünffachen Champions-League-Sieger und Golden Boy von 2012.
In der aktuellen Transferperiode schlossen sich unter anderem mit David Datro Fofana sowie Brenden Aaronson zwei Talente auf Leihbasis dem Tabellenvierten der abgelaufenen Bundesliga-Spielzeit an. Dazu soll Union zwischenzeitlich auch bereit gewesen sein, für Atilla Szalai 14 Millionen Euro an Fenerbahçe Istanbul zu überweisen.
Doch durch diese Entwicklung steigen zwangsläufig auch die Personalkosten. „Die Personalaufwandsquote, also der Anteil der Personalaufwendungen an den Gesamterlösen, ist von 2019 bis 2021 von 42 Prozent auf 58 Prozent angestiegen - Tendenz weiter steigend“, erklärte Wirtschaftsexperte Hennig Zülch gegenüber rbb. Damit liegt Union deutlich über den Bundesliga-Durchschnitt von 40 Prozent. Die Köpenicker machen sich dadurch im Vergleich zur Konkurrenz stärker abhängig von ihren Einnahmen.
Diese können sie zum einen weiterhin durch ihren Erfolg generieren, zum anderen bestehen aber auch außerhalb des Platzes Möglichkeiten. Eine weitere mögliche Mehreinnahme platzte zuletzt allerdings durch die von den deutschen Profivereinen abgelehnte Fortsetzung des DFL-Investorenprozesses.
Die Unioner stimmten damals für die Fortsetzung, obwohl ihre Anhänger wenige Tage zuvor ihre Meinung klar zum Ausdruck gebracht hatten. „Nein zu Investoren in der DFL“ lautete eine der zahlreichen Fan-Botschaften auf der Tribüne.
„Ein Ja zu Investoren ist eben nicht automatisch ein Nein zu Fußball für Menschen“, widersprach Zingler unter anderem in einem Schreiben an die Vereinsmitglieder: „Unser Klub ist der beste Beweis dafür, dass es auf die richtige Verwendung der Mittel ankommt.“
„Wir hätten lieber in der Alten Försterei bleiben sollen“
Etwas mehr als einen Monat später sorgten die Verantwortlichen bei Teilen der Anhängerschaft erneut für Unverständnis: Denn ihre Champions-League-Heimspiele tragen die Eisernen nicht in der heimischen Alten Försterei aus, sondern im Olympiastadion.
„Heimat ist Heimat. Hat doch Dirk Zingler kürzlich erst selber gesagt. Wir hätten lieber in der Alten Försterei bleiben sollen“, wird Hajo Obuchoff, Union-Fan seit den 70er-Jahren vom Berliner Kurier zitiert. Doch der Verein ließ sich laut eigener Aussage von der Idee leiten, „Champions League für alle Unioner“ zu bieten.
Dazu birgt der Umzug auch einen weiteren schönen Nebeneffekt: Schätzungen zufolge nehmen die Eisernen dadurch einen mittleren einstelligen Millionenbetrag extra ein - die Textzeilen im „Eisernet Lied“ scheinen also durch den rasanten Aufstieg inzwischen überholt.