Eintracht Frankfurt befindet sich in der Krise. Zehn Spiele ohne Sieg in der Bundesliga haben Spuren hinterlassen bei den Hessen, Trainer Oliver Glasner wird das Team trotz Einzug ins DFB-Pokal-Finale gegen RB Leipzig im kommenden Sommer nach zwei Jahren und trotz Vertrags bis 2024 verlassen.
So kam es zum Glasner-Aus
Was ist seit dem historischen 18. Mai 2022, als die Eintracht die Europa League gewinnen konnte, passiert?
Den ersten Zoff gab es schon zu Saisonbeginn
Am 13. August vergangenen Jahres kamen die Frankfurter bei Hertha BSC am 2. Spieltag nicht über ein 1:1 hinaus. In den Katakomben knallte es anschließend gewaltig zwischen Glasner und Sportvorstand Markus Krösche.
Der Eintracht-Trainer war schon zu diesem Zeitpunkt nicht einverstanden mit der Kader-Zusammenstellung, machte seinem Ärger lautstark Luft. Zwar rauften sich die beiden Protagonisten zunächst wieder zusammen. Seitdem ruckelte es allerdings immer wieder.
Nachdem sich die Frankfurter sportlich berappelt und eine sehr starke Phase hatten, herrschte monatelang eine sehr gute, fast schon ausgelassene Stimmung in der Mainmetropole. Dies änderte sich nach der 0:2-Niederlage bei Union Berlin am 28. März schlagartig. Die großen internen Risse gelangen erstmals mit voller Wucht in die Öffentlichkeit, erneut rappelte es in der Hauptstadt.
In Berlin stellte Glasner die Qualitäts-Frage
Der Trainer hatte nach einer äußerst unglücklichen Niederlage schon bei DAZN auf die Frage, wie man die defensiven Probleme beheben wolle, geantwortet: „Das ist eine Frage der Qualität, und ich weiß nicht, wie man Qualität trainieren kann.“
Die anschließende Pressekonferenz dauerte trotz vieler Fragen der Journalisten nur 4 Minuten und 23 Sekunden.
Widersprüche bei der Zielsetzung
„Ich bin heute sehr vorsichtig, weil alles, was ich sage, kann gegen mich verwendet werden. Deswegen ist es besser, heute den Mund zu halten“, sagte Glasner.
Konfrontiert damit, dass die Eintracht mit einem Sieg näher an die Königsklasse herankommen hätte können, konterte er trocken: „Ich habe noch nie über die Champions League gesprochen. Ich spreche nur über die Leistung und dazu sage ich nichts, sonst wird es kritisch für mich.“
Ein Knackpunkt in der Zusammenarbeit, obwohl Krösche nicht jedes Wort auf „die Goldwaage“ legte.
Pikant: Krösche hatte Wochen zuvor noch gesagt, dass Eintracht Hinrunden-Platz vier verteidigen wolle. Glasner hingegen war mit dieser ambitionierten Ansage nicht einverstanden und nutzte in der sich anbahnenden Krise jede Chance, den Sportvorstand für einen fehlenden Defensivtransfer zu kritisieren.
Durch großes Verletzungspech musste er viel improvisieren, teilweise fielen mit Evan N‘Dicka, Kristijan Jakic und Hrvoje Smolcic drei Innenverteidiger zugleich aus. Den Ärger darüber, keinen neuen Abwehrboss à la Martin Hinteregger erhalten zu haben, hielt Glasner nicht mehr zurück.
Glasner und Krösche sprechen keine gemeinsame Sprache mehr
Nach der 1:3-Niederlage in Leverkusen brach er am 9. April zunächst ein TV-Interview, später auch die Pressekonferenz eigenmächtig ab.
Eine harmlose Reporterfrage zum Thema Handlungsschnelligkeit seiner Profis sorgte für eine gereizte Antwort: „Ich bin heute völlig entspannt. Ich lasse mich heute nicht provozieren. Das war vorhin beim Interview schon so. Ich wünsche euch allen frohe Ostern, feiert mit euren Familien. Wir geben auch zwei Tage frei. Ich werde Eierpicken, das machen wir in Österreich so. Und dann sehen wir uns nächste Woche wieder. Vielen Dank!“
Die Anzahl der zumindest zweifelhaften Auftritte kam nun in immer kürzeren Zeiträumen, zudem bekannte er sich nicht zur Eintracht und nahm ein bis 2026 laufendes Vertragsangebot nicht an. Stattdessen wurde der Wind rauer. Je schlechter es in der Liga lief, desto mehr distanzierte sich Glasner von Krösches Kaderpolitik und dessen Aussagen. Wenn der Sportvorstand forderte, dass die Zeit der „Alibis und Ausreden“ vorbei sein, dann antwortete der Trainer Tage später: „Wenn ich jetzt die Gründe nenne, dann wird mir das wieder als Ausrede ausgelegt.“
Selbst der doppelte „Diver“ wird Glasner negativ ausgelegt
Mit seinem doppelten „Diver“ in Stuttgart zeigte Glasner in Richtung Krösche, dass er die Fans hinter sich weiß. Seine Wut-Pressekonferenz in Hoffenheim wurde ihm deshalb von der Anhängerschaft nicht übelgenommen.
Im Gegenteil: Glasner habe doch recht, die Journalisten oder Vereinsverantwortlichen übertreiben mit ihrer Erwartungshaltung. Auch vielen Experten gefielen diese Emotionen, sie lobten ihn dafür, nicht stromlinienförmig zu sein.
Nach der Niederlage im Kraichgau platzte ihm endgültig der Kragen, nachdem der erfahrene Eintracht-Reporter Peppi Schmitt wissen wollte, ob nicht jeder begriffen habe, welche Chance die Mannschaft mit einem Sieg gehabt hätte. Krösche hatte vor einer Woche genau diese Einstellung bemängelt. Glasner unterbrach Schmitt und wurde hochemotional.
Für den Pokalsieg wollen sich alle Seiten zusammenraufen
„Hört auf damit, der Mannschaft irgendwas mit nicht kapieren vorzuwerfen. Der alte Makoto Hasebe ist 39 Jahre alt, der spielt das dritte Mal 90 Minuten in dieser Woche. Der hat teilweise Blut im Urin“, polterte Glasner in Richtung Krösche und dessen Transferpolitik.
Es gibt etliche Beispiele, die hinter den Kulissen zum großen Bruch führten. Die Differenzen über die Idee der Kaderausrichtung und den Eintracht-Weg sind so groß, dass eine weitere Zusammenarbeit über den Sommer hinaus für alle Parteien keinen Sinn mehr ergibt.
Krösche stellte klar: „Nach einem sehr guten zweistündigen Gespräch bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass wir uns nach der Saison trennen. Dann muss ich auch mal unpopuläre Entscheidungen treffen.“
Für den Erfolg im DFB-Pokal wollen sich alle Parteien kurzfristig allerdings noch einmal zusammenraufen und dafür sorgen, dass Glasner „durch das große Tor“ gehen kann.