Mainz-Coach Bo Svensson war nicht mehr zu halten und tobte in der Mixed Zone nach der bitteren Last-Minute-Niederlage (2:3) gegen Schalke 04.
„Diese Entscheidung ist ein Skandal!“
„Diese Entscheidung ist ein Skandal!“, echauffierte sich der Däne und konnte seine Emotionen kaum bändigen.
Doch was war passiert? Es lief die Nachspielzeit. Mainz hatte sich nach zweimaligem Rückstand zurückgekämpft und vieles deutete zwischen den Gastgebern und den abstiegsbedrohten Gelsenkirchenern auf ein 2:2 hin.
Dem war aber nicht so, als Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck nach einer strittigen Strafraumszene in der 90.+8 plötzlich doch noch den VAR zurate zog.
Schiri Jöllenbeck erklärt strittigen Elfmeterszene
Der Videoassistent hatte ihn bereits über Funk dazu geraten, sich das mögliche Foul nochmal selbst auf den Bildern in Ruhe anzuschauen, wie Jöllenbeck nach dem Spiel bei DAZN erklärte.
„Ich habe es im Spiel nicht wahrgenommen. Da ich weiß, wie viel hier auf dem Spiel steht, wollte ich die Chance nutzen, mir das noch einmal selber anzuschauen. Nach Ansicht der Bilder lag ein klares und langes Halten vor. Deswegen habe ich auf Strafstoß für Schalke entschieden“, so Jöllenbeck. „Ich bin der Chef auf dem Platz – und ich möchte, wenn es um so viel geht, die Bilder haben und sehen, ob die Entscheidung, die ich treffe, auch relevant ist.“
In besagter Spielszene hielt der eingewechselte Anthony Caci den Schalker Marius Bülter am Trikot. Der Gefoulte verwandelte den Elfmeter zum spätesten Tor der Bundesliga-Geschichte (90.+12) und zum viel umjubelten Sieg der Schalker.
„Davor hält Bülter unseren Spieler fest. Warum ist es dann ein Foul, wenn unser Spieler das macht?“, fragte der aufgebrachte Svensson: „Für einen Verein, der mit im Abstiegskampf steht, ist es ein bitterer Beigeschmack. Es ist eine klare Fehlentscheidung.“
Gefoulter Bülter findet Cacis Zupfer „nicht besonders clever“
Für Siegtorschütze Bülter war es aber ein klarer Elfer: „Ich merke ihn (Zupfer, Anm. d. Red.) einfach – von ihm, glaube ich, nicht besonders clever, mich in der Situation zu ziehen, weil ich eigentlich keine Chance auf den Ball habe … aber für mich ist es ein Elfmeter.“
Der Mainzer Sportdirektor Martin Schmidt hielt aber dagegen: „Der Schiedsrichter hat in der Nachspielzeit in einem engen Abstiegsspiel eingegriffen. Ihm hat bei der Bewertung der Szene das Fingerspitzengefühl gefehlt. Ich finde die Entscheidung sehr hart und sehr mutig von ihm. Es war ein Zupfer da, das hat man gesehen, aber der Ball war weit weg. Aber solche Zupfer gibt es bei jeder zweiten oder dritten Ecke! Dann kannst du bei jeder zweiten oder dritten Ecke einen Elfmeter pfeifen.“
DAZN-Experte Tim Borowski gab bei seiner Analyse zwar zu, dass es „kein grobes Foulspiel war, aber ein naives, dummes Foulspiel“ und erklärte seine Sichtweise wie folgt: „Er zieht ihn gefühlte 15 Sekunden am Trikot. Das ist in so einer Phase im Spiel ein bisschen unglücklich. Den musst du geben, aus meiner Sicht.“
Dass die Emotionen nach dem Spiel auf beiden Seiten hochkochten, ist mehr als verständlich, denn glasklar war der Elfmeter bestimmt nicht. So sah es auch Mainz-Keeper Robin Zentner.
„Titi (Anthony Caci, Anm. d. Red.) wird vorher am Arm gezogen. Es ist ein gegenseitiges Ziehen, deswegen finde ich nicht, dass man auf Elfmeter entscheiden kann. Man muss die ganze Szene bewerten, so ist es eine Fehlentscheidung“, so Zentner.
Asamoah: „Diesmal war das Glück auf unserer Seite“
Schalkes Teammanager Gerald Asamoah sah darin allerdings keine Fehlentscheidung: „Man muss sagen, dass es dumm vom Mainzer Abwehrspieler war. Marius Bülter kann da gar nichts mehr machen.“
Der Ex-Nationalspieler ergänzte: „Ich sehe ja schon von der Bank, dass Bülter gezogen wurde und habe den Vierten Schiedsrichter alarmiert (lacht). Diesmal war das Glück auf unserer Seite. Ich saß auf der Bank und habe überlegt, was man mit dem 2:2 anfangen kann. Und dann fällt das Tor. Es ist schön, dass man uns in der Tabelle jetzt woanders sieht.“
Durch den zweiten Dreier in Folge verlassen die Königsblauen eine Woche nach der späten Wiederauferstehung gegen Bremen erstmals seit dem 8. Spieltag wieder die Abstiegsränge, während die Mainzer im Kampf um das internationale Geschäft einen Rückschlag hinnehmen müssen.
Während Schalkes Trainer Thomas Reis nach dem Spiel von „einem klaren Elfer“ sprach, ruderte Mainz-Coach Svensson auf der PK nach der 2:3-Pleite ein wenig zurück: „Es sind Emotionen, heftige Worte“.
Dennoch rückte er von seiner vorigen Einschätzung nicht ab: „Die Wortwahl war überzogen, das waren Emotionen, aber meine Meinung hat sich nicht geändert. Es ist meine klare Meinung, dass dieser Pfiff ein Fehler ist. Dann kann man bei jedem Eckball schauen, wer hält wen fest. Dann gibt es noch ein paar Elfmeter.“
Letztendlich wurde der Elfer gegeben und verwandelt. An dieser Entscheidung ist trotz all der Emotionen nicht mehr zu rütteln.