Nur drei Tage nach dem bitteren Verpassen der Deutschen Meisterschaft sind beim Borussia Dortmund die Blicke wieder nach vorne gerichtet. Am Dienstag traf sich die sportliche Führung um Trainer Edin Terzic, Sportdirektor Sebastian Kehl, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und der externe Berater Matthias Sammer am Mittag im Restaurant Acqua zur obligatorischen Saisonanalyse, um die richtigen Schlüsse aus der beinahe titelreifen Spielzeit zu ziehen.
Das wurde beim BVB-Gipfel besprochen
Anders als im Vorjahr, als die Sitzung die Trennung von Marco Rose zur Folge hatte, gab es diesmal keine personellen Konsequenzen. Terzic genießt von seinen Bossen die volle Rückendeckung und soll den BVB auch in die nächste Saison führen.
Die Elefantenrunde wollte vor allem die Planungen für die kommende Spielzeit konkretisieren. Allen voran die anstehende Transferperiode bringt für die Borussia große Aufgaben mit sich.
Sportliche Analyse
Eine um 15 Tore bessere Tordifferenz gab am 34. Spieltag letztendlich den Ausschlag, warum der FC Bayern den BVB hinter sich lassen konnte. Die beiden deutschen Vorzeigeklubs schlossen eine turbulente Saison mit jeweils 71 Punkten ab, am Ende jubelten die Bayern über die elfte Meisterschaft in Folge.
Aus Sicht des BVB ist dafür vor allem die Hinrunde verantwortlich, die die Schwarz-Gelben mit zu vielen Schwankungen und Ausrutschern abschlossen. Fünf Punkte betrug der Rückstand nach 17 Spieltagen auf den Rekordmeister, vor allem die Niederlagen in Wolfsburg (0:2) und in Mönchengladbach (2:4) gaben den Verantwortlichen Rätsel auf.
Zwar schloss der BVB die Saison auf Platz zwei der Auswärtstabelle ab, musste allerdings in 17 Auswärtsspielen sechs Niederlagen und drei Remis einstecken. Vor allem die liegengelassenen Punkte bei Abstiegskandidaten in Stuttgart (3:3), in Bochum (1:1) oder auf Schalke (2:2) schmerzten den BVB sehr, es soll mehr Konstanz in der neuen Saison her.
Neue Hierarchie
Auch die hierarchische Neuordnung war am Dienstag Thema in der Sitzung. Die Bosse haben längst erkannt, dass es eine gewisse Führungsschwäche im Kader gibt. Dabei hilft es auch nicht, dass mit Jude Bellingham der nominell dritte Kapitän des BVB den Klub wohl gen Real Madrid verlassen wird. Der Engländer war Teil des Mannschaftsrates, der nun neu aufgestellt werden soll.
Für eine verantwortungsvollere Rolle haben sich unter anderem Gregor Kobel und Nico Schlotterbeck in den Vordergrund gespielt, auch Sébastien Haller drängt in diese Rolle hinein. Der Spielerrat, der bislang aus Marco Reus, Mats Hummels, Niklas Süle, Emre Can und eben Bellingham besteht, bedarf wohl einer Neubesetzung - auch, weil BVB-Kapitän Reus nur noch in der zweiten Reihe steht und die Binde abgeben könnte.
Kader
Thema war auch die Neuausrichtung des Kaders, der zur neuen Saison stark verändert aussehen wird. Mit Mahmoud Dahoud (zieht es wohl ablösefrei zu Brighton & Hove Albion), Felix Passlack (VfL Bochum), Anthony Modeste, Raphael Guerreiro und Luca Unbehaun (Ziele unbekannt) stehen bereits fünf Abgänge fest, auch Nico Schulz und Thomas Meunier könnten im Sommer gehen.
Der Abgang von Bellingham nach Madrid gilt nur noch als Frage der Zeit. Wie die damit einhergehend erzielte Ablöse eingesetzt werden soll, war ebenfalls Thema. Der 19-Jährige hatte sich am Sonntag bereits bei einigen Mitarbeitern verabschiedet und sogar Geschenke verteilt. Zudem gab es eine gesonderte Besprechung mit der sportlichen Leitung und seiner Familie.
Bis zu 150 Millionen Euro ruft der BVB für die Dienste des Engländers auf, Gespräche mit Real laufen längst. Sollte Bellingham gehen, sollen mindestens zwei spielstarke Achter den Kader verstärken. Im Fokus steht dabei nach SPORT1-Informationen vor allem Edson Álvarez. Der Mexikaner von Ajax Amsterdam soll der nächste Neuzugang des BVB werden, nachdem mit Ramy Bensebaini bereits ein Ersatz für Guerreiro gefunden wurde.
Der BVB hatte den Berater von Álvarez bereits am Wochenende gegen Mainz ins Stadion eingeladen. Eine Einigung mit dem Spieler über Laufzeit und Vertrag wäre kein Problem. Auf der Sitzung soll vor allem besprochen werden, wie viel Geld für den giftigen Sechser und Mentalitätsspieler, der auch in der Innenverteidigung spielen kann, ausgegeben werden soll. Die Ablöse soll sich dabei auf 35 bis 40 Millionen Euro belaufen.
Noch hat der BVB dem niederländischen Klub kein Angebot unterbreitet, mit Sven Mislintat steht den BVB-Verantwortlichen ein bekannter Verhandlungspartner gegenüber. Der gebürtige Dortmunder arbeitete bereits als Chefscout und Leiter Profifußball für die Schwarz-Gelben und leitet seit April als Technischer Direktor die Geschicke bei Ajax.
Auch Rechtsverteidiger Ivan Fresneda von Real Valladolid soll bei Kehl und Co. hoch im Kurs stehen. Für die Dienste des Spaniers befindet sich Dortmund in der Pole Position.
Offensive Titel-Ansage zur neuen Saison?
In die am Samstag zu Ende gegangene Saison startete Dortmund ohne ein klares Meister-Ziel. Im Endspurt der Spielzeit korrigierte man dann diese Aussage.
Nun besprachen sich die Verantwortlichen, ob der Verein auch in der kommenden Saison offensiv mit dieser Botschaft nach außen gehen sollte. Man wird es hören, wenn der Auftakt näherrückt.