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Bayern-Legende Sepp Maier über Chaos & Kahn-Ausraster: "Nicht mehr mein FC Bayern!"

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Bayern-Legende Sepp Maier über Chaos & Kahn-Ausraster: "Nicht mehr mein FC Bayern!"

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Kahn ausgerastet? „War bestimmt so“

Neben Hasan Salihamidzic ist auch Oliver Kahn dem Bayern-Beben zum Opfer gefallen. Kahns früherer Torwarttrainer Sepp Maier spricht exklusiv bei SPORT1 über die Hintergründe der Entlassung.
Die Bayern haben Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn rausgeworfen. Doch während der Ex-Sportvorstand Salihamidzic in Köln fröhlich den elften Meistertitel mitfeierte, kochte der bisherige Vorstandsvorsitzende Kahn zuhause vor Wut.
Neben Hasan Salihamidzic ist auch Oliver Kahn dem Bayern-Beben zum Opfer gefallen. Kahns früherer Torwarttrainer Sepp Maier spricht exklusiv bei SPORT1 über die Hintergründe der Entlassung.

Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn sind beim FC Bayern Geschichte! Beide müssen trotz Meistertitel ihre Posten räumen.

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Während Salihamidzic sein Aus souverän hinnahm, lief die Trennung von Kahn alles andere als geräuschlos ab. Sepp Maier (79) kennt den geschassten Bayern-Boss als dessen langjähriger Torwarttrainer bestens.

Im exklusiven SPORT1-Interview spricht Maier über Kahn und das Bayern-Beben.

Kahn-Aus: „Zeitpunkt war katastrophal, eines FC Bayern nicht würdig“

SPORT1: Herr Maier, wie sehr fühlen Sie mit Oliver Kahn?

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Sepp Maier: Ich fühle natürlich mit Oli. Diese Geschichte erinnert mich an meine Entlassung bei Bayern, als Jürgen Klinsmann Trainer war. Da habe ich auch nichts davon gewusst. Ich kann mich also gut in Olis Gemütslage reinversetzen.

SPORT1: Tut Ihnen Kahn leid?

Maier: Schon. Der Zeitpunkt der Abberufung war katastrophal. Das habe ich nicht verstanden und das ist eines FC Bayern nicht würdig. Wenn die Herren das eine Woche später gemacht hätten, wäre das für mich in Ordnung gewesen.

„Ganz ehrlich? Das ist nicht mehr mein FC Bayern“

SPORT1: Sind Sie enttäuscht von ihrem Klub?

Maier: Ganz ehrlich? Das ist nicht mehr mein FC Bayern. Ich habe nach wie vor großes Interesse, was sich da abspielt, ich war schließlich 50 Jahre im Verein tätig. Und ich kann sagen, dass ich zu 90 Prozent nur erfreuliche Sachen erlebt habe. Zu den unerfreulichen anderen zehn Prozent gehört unter anderem die aktuelle Situation. Die Sache mit Oli hat einen faden Beigeschmack. Das macht man einfach nicht, egal, was da vorgefallen ist. Man hätte Brazzo und Oli mit Würde verabschieden müssen. Das haben die beiden nicht verdient. Das war schlechter Stil. Die beiden haben so viel für den FC Bayern geleistet, das sind Legenden. Ähnlich wäre es, wenn mir die Bosse nach diesem Interview Hausverbot erteilen würden.

SPORT1: Kahn durfte nicht mit nach Köln fliegen und auch nicht mit der Mannschaft den Gewinn der Meisterschaft feiern. Kahn bezeichnete das als schlimmsten Tag seines Lebens.

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Maier: Das glaube ich nicht. Der schlimmste Tag in seinem Leben war, als er von Klinsmann erfuhr, dass er bei der WM 2006 in Deutschland nicht die Nummer 1 ist. Das war für Oli noch schlimmer.

SPORT1: Im Gespräch, als man Kahn die Abberufung mitgeteilt hat, rastete er offenbar aus. Können Sie sich das vorstellen?

Maier: Ich kenne Oli, das war bestimmt so. Aber es sollen sich auch die Oberen beim FC Bayern an die eigene Nase fassen, denn das Gespräch wurde eine Woche zu früh geführt. Von den Spielern hätte man sich immer noch verabschieden können. Hainer, Dreesen und Hoeneß haben bestimmt nicht mehr damit gerechnet, dass der FC Bayern noch Deutscher Meister wird. Oli und Brazzo haben nie daran gezweifelt. Oli sagte ja immer, dass im Fußball alles möglich ist. Und deshalb hat diese Verurteilung vor dem Köln-Spiel stattgefunden.

SPORT1: Am Samstag teilte Bayern auch SPORT1 zunächst mit, Kahn sei wegen einer Grippe nicht bei Spiel in Köln. Glauben Sie das?

Maier: Nein. Das war schon das Gespräch am Donnerstag, da ist er ausgerastet, so dass man sich am Freitag entschlossen hat, ihn nicht mitzunehmen. Oli war noch nie krank in seinem Leben. Man muss sich nur mal daran erinnern, wie Oli als Torwart ausgerastet ist: Gegen Andi Herzog, als er ihm die Ohren lang gezogen hat. Oder beim Kung-Fu-Tritt gegen Heiko Herrlich. Das ist Oli. Man kann sich nicht ändern.

SPORT1: Man hatte beim Köln-Spiel wohl Angst, dass es am Flughafen zu Handgreiflichkeiten zwischen Kahn und Jan-Christian Dreesen gekommen wäre.

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Maier: Das glaube ich nicht. Oli ist impulsiv und spontan, aber so weit wäre es sicher nicht gekommen. Doch momentan ist er schon sehr enttäuscht. Damit hätte Oli nicht gerechnet. Ich kann mir schon vorstellen, dass bei dem Gespräch einiges los war im Zimmer.

SPORT1: Mittlerweile gibt wieder versöhnlichere Töne und es soll wohl ein klärendes Gespräch geben.

Maier: Das ist die richtige Entscheidung. Es sind doch alles erwachsene Menschen. Hainer und Co. haben doch gewusst, wie Oli reagieren würde. Sie haben ihn auf diesen Chef-Sessel gesetzt, weil sie etwas von ihm erwartet haben. Aber es war die falsche Entscheidung. Das hat ja auch Uli Hoeneß gesagt.

„Oli war immer ein Einzelkämpfer“

SPORT1: Welchen großen Fehler hat Kahn gemacht? Salihamidzic hat sich auch mal bei Uli Hoeneß Rat geholt, das hat Kahn nicht. Fiel ihm das jetzt auf die Füße?

Maier: Oli war immer ein Einzelkämpfer. Er war nur auf den blanken Erfolg fixiert. Die Torhüter-Gruppe ist eine eigene Gruppe, die eigentlich nichts mit der Mannschaft zu tun hat. So ist es auch heute noch. Und so war auch Oli immer nur bei sich. Er hat nicht rechts und links geschaut. Als Torhüter geht das vielleicht, aber nicht, wenn man eine Führungs-Position beim FC Bayern hat. Dann ist das ein Unding. Man muss mit den Angestellten reden und sich deren Meinung anhören. Oli hat zu viel auf seine Berater gehört. Dabei hätte er gar keine Berater nötig gehabt. Er hat einfach sein Ding durchgezogen.

SPORT1: Hoeneß hat Kahn deshalb scharf kritisiert, seine Berater hätten für „katastrophal schlechte Stimmung“ gesorgt. Was sagen Sie dazu?

Maier: Ich finde es richtig, was Uli da gesagt hat. Was brauche ich Berater, wenn ich selbst aus dieser Materie komme? Oli ist ja intelligent genug, das mit seinen Mitarbeitern selbst zu organisieren. Ich habe auch etwas gegen sogenannte Manager im Fußball. Jeder schaut auf seine Interessen und alles wird komplizierter und teurer.

SPORT1: Hätte Kahn sich öfter den Rat von Hoeneß anhören sollen?

Maier: Ich weiß nicht, ob er dafür hätte an den Tegernsee fahren müssen. Uli hat den FC Bayern zu dem gemacht, was er heute ist. Aber die Angestellten beim FC Bayern müssen auch mal selbstständig werden. Uli ist nun mal nicht mehr da. Oli hat einen ganz eigenen Egoismus, den man aber auch braucht, wenn man weiterkommen will.

„Da müssen sich Brazzo und Oli nicht wundern“

SPORT1: Was hat Kahn denn konkret falsch gemacht?

Maier: Es sind in der abgelaufenen Saison viele Fehler gemacht worden. Nicht nur von Oli. Es fing damit an, dass man mit Julian Nagelsmann einen Trainer bei einem anderen Verein weggekauft und ihm dann einen Fünfjahresvertrag gegeben hat. Man wollte mit Nagelsmann eine neue Ära einleiten. Doch man hat gar keine neue Ära gebraucht. Man hatte zehn Mal die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Es war auch nicht die feine Art, dass Nagelsmann in einer Nacht- und Nebelaktion abserviert wurde. Das war kein guter Stil. Da müssen sich Brazzo und Oli nicht wundern, wenn sie auch so abserviert werden.

SPORT1: Der Verkauf von Robert Lewandowski war auch für viele Fans ein Fehler.

Maier: Mag sein, aber das kann ich nicht nachvollziehen. Man ist durch das bessere Torverhältnis in der abgelaufenen Saison Deutscher Meister geworden. Also hört mir auf mit Lewandowski.

SPORT1: Was kann Kahn jetzt? Man kann ihn sich nur beim FC Bayern vorstellen, oder?

Maier: Irgendwie schon. Aber er soll jetzt mal abschalten, viel Golf spielen und nicht mit der Presse reden. Ich glaube, die Zeit heilt Wunden. Es haben schon viele gesagt ‚Bayern ist nicht mehr interessant‘ und dann waren sie irgendwann doch wieder da. Ich hoffe sehr, dass Oli wieder zurückkommt. Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Ich kann mir Oli nicht bei einem anderen Klub vorstellen, das macht er auch nicht.

„Uli wird immer über dem FC Bayern schweben, solange er lebt“

SPORT1: Dreesen ist der Intimfeind von Kahn. Ist er der richtige Nachfolger?

Maier: Ja. Dreesen ist ein super Mann beim FC Bayern. Ich kenne ihn noch als Finanzchef und er ist ein zuvorkommender, freundlicher Mensch. Er hat immer ein offenes Ohr für die Mitarbeiter. Er hat sich mit Oli nicht so verstanden, weil da zwei Alphatiere aufeinander geprallt sind.

SPORT1: Ist Hainer zu gefühllos mit Kahn umgegangen?

Maier: Gefühllos war Hainer nicht. Die Entscheidung war sicher knallhart. Es war aber nicht nur einer schuld, sondern der gesamte Aufsichtsrat. Brazzo und Oli waren sicher nicht perfekt, aber sie haben ein riesiges Herz für den FC Bayern. Die Entscheidung gegen die beiden war nicht Bayern-like. Früher hat Uli alleine regiert und er hat alles richtig gemacht. Aber früher waren es andere Zeiten. Und Uli wird immer über dem FC Bayern schweben, solange er lebt. Man kann nicht mit den Argumenten wie früher arbeiten. Die Welt bleibt nicht stehen. Es wird leider immer unmenschlicher werden. Gerade im Fußball. Und das mit Brazzo und Oli war unmenschlich.

SPORT1: Was wünschen Sie Kahn?

Maier: Dass er genügend Abstand bekommt und sich von dieser Niederlage schnell erholt. Leicht ist das gerade sicher nicht für Oli. Es wird Zeit brauchen, bis er das verarbeitet hat.