Wer hätte das zu Jahresbeginn gedacht: Der FC Schalke 04 steht auf dem Relegationsrang.
Irrer Abstiegskracher auf Schalke
Mit einem 5:2 (2:1)-Sieg in der heimischen Veltins-Arena setzten sich die Gelsenkirchener in einem fulminanten Kellerduell gegen die Gäste der Hertha aus Berlin durch. Mit diesem wichtigen Erfolg im Abstiegskampf gaben die Schalker die Rote Laterne der Bundesliga an die Hertha weiter und sprangen selbst, zumindest vorübergehend, vor die Stuttgarter auf den Relegationsrang.
„Ich bin überglücklich, dass wir heute gewonnen haben. Wir sind wieder voll dabei“, jubelte Kenan Karaman bei DAZN. Marius Bülter analysierte: „Wir hatten nicht viele Torchancen. Aber die, die wir hatten, haben wir gemacht. Dann schießt man auch fünf Tore. So ein Spiel, wie heute, tut gut.“
Dabei konnte sich Schalke zweimal mit einem Blitzstart auszeichnen, Traumtore inklusive. Aufreger auf beiden Seiten waren die Wechsel der ersten Halbzeit: Während Ralf Fährmann verletzt den Platz verlassen musste, kam es bei der Hertha bereits nach 26 Minuten zu herben Unstimmigkeiten.
Schalke geht mit Traumtor in Führung
Das vermeintliche Endspiel im Abstiegskampf brauchte keinerlei Einführungszeit: Aus einem Herthaner Einwurf entwickelte sich der Schalker Konter. Tim Skarke schloss aus gut 17 Metern ab – und setzte den Ball passgenau ins rechte obere Toreck (3.).
Und die Schalker dachten gar nicht daran, den Fuß vom Gas zu nehmen: Ohne auch nur einen Zweikampf bestreiten zu müssen, durfte der furiose Skarke von rechts flanken und Marius Bülter vollkommen frei aus sechs Metern ins Tor der Alten Dame köpfen (12.).
Die Veltins-Arena in Gelsenkirchen schien bereits dann einem Tollhaus gleichzukommen – Gegenwehr: keine.
Pfiffe für Serdar - Cigerci sorgt für Ärger
Zumindest bis zur 21. Minute, als Dodi Lukebakio von der Strafraumgrenze zum Abschluss kam, Ralf Fährmann allerdings mit einer Glanztat den Ball aus der rechten unteren Torecke fischte.
Die desolate Leistung der Hertha wurde spätestens in der 26. Minute deutlich: Trainer Sandro Schwarz nahm Tolga Cigerci bereits da vom Feld, dieser verweigerte Co-Trainer Tamás Bódog, der ihn trösten wollte, anschließend den Handschlag.
Der Ex-Schalker Suat Serdar kam für ihn unter gellenden Pfiffen aufs Feld.
Fährmann verletzt raus
Doch auch Schalke musste einen bitteren Rückschlag hinnehmen: Torwart Ralf Fährmann musste in der 36. Minute mit muskulären Problemen im Oberschenkel raus, Trainer Thomas reis sagte nach dem Spiel: „Die Verletzungen überschatten so ein bisschen den Sieg. Bei „Ralle“ ist es muskulär, man muss abwarten, was rauskommt.“
Alexander Schwolow ersetzte den Stammkeeper. Die Leihgabe vom ausgerechnet direkten Konkurrenten aus Berlin musste in der Nachspielzeit der ersten Hälfte hinter sich greifen.
Die Schalker versäumen eine konsequente Klärung des Balles aus dem eigenen Strafraum, der Montenegriner Stefan Jovetic schnappte sich den Ball und legte ihn halblinks aus rund 15 Metern ins lange Eck (45.+3).
Trotz eines kleinen psychologischen Vorteils ging die Hertha mit 1:2 in die Pause.
Zweite Halbzeit - zweiter Blitzstart von Schalke
Die zweite Halbzeit startete mit einer Kopie der ersten: Bereits nach drei Minuten entwickelte sich erneut ein Schalker Konter, Kenan Karaman durfte auf der rechten Seite völlig alleine in den Sechzehnmeterraum eindringen und Terrode sein erstes Tor des Abends auflegen (48.). Die Hertha kassierte den 31. Gegentreffer des laufenden Kalenderjahres - schon zu diesem Zeitpunkt Ligahöchstwert! Doch es sollte noch schlimmer kommen.
In der zweiten Spielhälfte entwickelte sich die Partie dann zum erwarteten Duell im Abstiegskampf: Kaum fußballerische Exzellenz, dafür umso mehr Kampf im wahrsten Wortsinne.
In der 78. Minute stellten die Schalker dann endgültig die Weichen auf Sieg: Nach einem langen Ball rannte Christensen aus dem Herthaner Tor heraus, Bülter erwischt den Ball jedoch vor ihm. Mit seinem neunten Saisontreffer sorgte der Schalker Doppelpacker des Abends für das 4:1.
Hertha trifft, aber Blut-Schock bei Richter
Für den vermeintlich letzten Aufreger der Partie sorgte der Anschlusstreffer zum 2:4 (84.): Marco Richter rutschte in den Ball zum Anschlusstreffer, wollte zum Jubel rennen und wurde von Gegenspieler Matriciani mit dem Fingernagel am Auge getroffen. Dabei riss an der rechten Schläfe eine stark blutende Wunde auf. Richter musste behandelt werden, konnte aber weiterspielen.
Noch immer war die Partie aber nicht vorbei: Mit einem traumhaften Freistoß in der 92. Minute setzte Marcin Kaminski mit seinem ersten Bundesligatreffer den Schlusspunkt unter einen irren Abstiegskracher.
Wird es jetzt eng für Schwarz in Berlin?
Die Hertha spielt indes die zweitschlechteste Bundesliga-Saison ihrer Vereinsgeschichte seit Einführung der aktuellen Punkteregelung, schlechter waren die Berliner nur 2009/10 – und stiegen am Saisonende ab. Wird es nun eng für Trainer Sandro Schwarz?
Danach sah es zunächst nicht aus, auch wenn der Name Pal Dardai traditionell durch Berlin geistert.
Auf SPORT1-Nachfrage äußerte sich Schwarz selbst sehr offen. „Mir ist bewusst, dass es in der Lage viele Argumente dafür gibt“, meinte er zu einem möglichen Rauswurf: „Ich bin realistisch mit der Situation. Ich bin der Cheftrainer und verantwortlich. Ich weiß, wie es läuft.“
Marvin Plattenhardt sagte SPORT1 zur Trainerfrage hingegen: „Das Trainerteam arbeitet akribisch und bereitet uns gut vor. Das ist jetzt nicht die richtige Frage. Ich glaube, dass sie die richtigen sind.“
Auch Sportdirektor Benjamin Weber betonte: „Wir haben eine klare Haltung und Überzeugung, aber nach einem 2:5 auf Schalke ist es der falsche Zeitpunkt für eine Personaldiskussion.“
Am 29. Spieltag kommt Werder Bremen ins Olympiastadion, Schalke muss zum Champions-League-Aspiranten nach Freiburg.