Kölns Identifikationsfigur schlechthin macht Schluss. Jonas Hector hängt mit 32 Jahren seine Fußballschuhe an den Nagel.
Ein Abschied, der schmerzt
Ab der kommenden Saison muss der Effzeh seinen Kapitän ersetzen, aber das wird wohl nicht zu machen sein. Denn Hector war für die Rheinländer schon immer mehr als nur ein Fußball-Profi - nämlich ein Vorbild auf allen Ebenen.
In Situationen, in denen andere Spieler dem Verein wohl den Rücken gekehrt hätten, war auf Hector Verlass. So wie beim Abstieg 2018, nach dem Hector trotz zahlreicher Angebote mit den Kölnern in die 2. Bundesliga ging - und den Klub in der Folge in die Erstklassigkeit zurückführte. Hector hätte die Kölner für internationale Topklubs verlassen können, aber er blieb bei seiner Liebe. „Gefühl ist wichtiger als Geld“, hatte er damals erklärt.
In seiner Laufbahn mied der Köln-Kapitän zumeist die Öffentlichkeit, verzichtet bis heute auf die sozialen Medien und studiert nebenbei BWL. Dinge, die nicht zum klassischen Fußballer passen und Hector deswegen demütig und bodenständig wirken lassen.
„Einer der letzten echten Typen im Fußball“
Für viele verkörpere er deswegen genau das, was einigen anderen Fußballern der aktuellen Zeit fehle.
Ein Fan auf Twitter hob die besondere Identifikation von Fußballfans mit Hector hervor: „Viel mehr als ein Kapitän. Einer der letzten echten Typen im Fußball. Kein Wappenküsser, keiner der sich künstlich in den Mittelpunkt spielt. Nur 100% Einsatz für den einen Verein. Und das in jedem einzelnen Spiel. Danke für alles, Jonas Hector. Vereinslegende. Fußballgott.“
Ein weiterer Anhänger betonte: „Es war mir eine große Ehre, Fan eines Vereins zu sein, in dem Jonas Hector so lange gespielt hat. So viel Dankbarkeit für alles.“
Ebenso schrieb ein User: „Warum genau jetzt. Schwerster Verlust und viel zu früh ... Werde ihn vermissen, aber kann ihn auch verstehen ... absolute Legende.“ Trauer herrschte bei vielen - so war auch zu lesen: „Jonas Hector, danke für alles, ich gehe jetzt weinen.“
Großer Applaus für Hector
Am Samstag drang der nicht enden wollende Beifall der Teamkollegen aus der Kabine in weite Teile der Sinsheimer Arena - im Anschluss an das 3:1 (2:0) bei der TSG Hoffenheim hatte der Kapitän seinen Mitspielern in bewegenden Worten das bevorstehende Ende seiner aktiven Karriere offenbart.
„Mit dem langen Applaus der Mannschaft wurde ein großer Spieler des 1. FC Köln gewürdigt“, beschrieb Sport-Geschäftsführer Christian Keller die emotionalen Momente.
„Nach meiner Familie war es mir wichtig, als erstes meine Mannschaft, das Trainerteam und den Staff zu informieren“, ließ sich Hector von seinem Klub zitieren, ohne selbst vor die Öffentlichkeit zu treten: „Für den Moment möchte ich nicht mehr sagen, als dass ich unheimlich dankbar für das bin, was wir beim FC zusammen haben.“ Keller bat darum, Hector in den nächsten Tagen erst einmal „in Ruhe“ zu lassen.
Köln vor Klassenerhalt
Der Sportchef ließ aber durchblicken, das der nahezu sichere Klassenerhalt zu der Bekanntgabe geführt habe. „Nach 35 erreichten Punkten war klar, dass er es der Mannschaft sagt. Es hat sich jetzt richtig für ihn angefühlt. Jeder einzelne seiner Beweggründe ist für uns nachvollziehbar“, äußerte Keller, ohne konkret auf die Ursachen für Hectors Schritt einzugehen: „Nach der Saison werden wir gebührend ‚Danke‘ sagen.“
Seit 2010 steht der gebürtige Saarbrücker, der vom kleinen saarländischen Klub SV Auersmacher zum FC gekommen war, in den Diensten der Rheinländer. Nach zwei Spielzeiten in der 2. Mannschaft gelang ihm 2012 der Sprung ins Profiteam. Dort bestritt Hector 223 Bundesligaspiele und erzielte dabei zwölf Tore. In der jüngeren Vergangenheit hatte er aber immer wieder mit Verletzungen und längeren Ausfällen zu kämpfen.
Aus der Nationalmannschaft war Hector schon im Herbst 2020 zurückgetreten. Nach seinem Debüt im November 2014 hatte er 42 weitere Male für Deutschland gespielt, stets in der Startelf. Dabei erzielte er drei Tore und gab zwölf Torvorlagen.
Flick wollte Hector zu DFB-Comeback überreden
Hector gehörte auch nach seinem Abschied zu den besten Linksverteidigern Deutschlands, das sah auch Hansi Flick so: Im Vorfeld der WM 2022 in Katar versuchte er erfolglos, den Kölner von einem Comeback zu überzeugen. Und auch anderswo fielen die Qualitäten auf. Nach seinen Einsätzen für Deutschland bei der EM 2016 und dem Confed-Cup 2017 waren zahlreiche Topklubs an Hector interessiert, doch der bodenständige Profi blieb dem FC treu.
Die Vermutung liegt nahe, dass Hector sein bevorstehendes Verschwinden aus der Öffentlichkeit kaum bedauern wird. Den FC-Fans dagegen wird er fehlen.
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Mit Sport-Informations-Dienst