Vor drei Jahren, am 24. Februar 2021, fiel eine Entscheidung, von der die deutsche Nationalmannschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit noch lange profitierten wird.
Musialas wichtige Entscheidung
Der damals 17-jährige Jamal Musiala vom FC Bayern München gab an diesem Tag bekannt, dass er künftig für Deutschland spielen werde - und nicht für England.
„Am Ende habe ich einfach auf das Gefühl gehört, das mir über einen langen Zeitraum immer wieder sagte, dass es die richtige Entscheidung ist, für Deutschland zu spielen, das Land, in dem ich geboren wurde“, begründete das umworbene Offensiv-Juwel damals seinen Beschluss.
Eine Entscheidung, die in England nicht gerade gut ankam. Beim FC Bayern habe Musiala „mit acht deutschen Nationalspielern trainiert, die die Gelegenheit hatten, ihn zu beeinflussen. Es ist schade“, erklärte Nationaltrainer Gareth Southgate im September 2022. Und: „Seine Zukunft ist mir völlig gleichgültig.“
Zur Erinnerung: Als 7-Jähriger war Musiala mit seiner Familie aus dem hessischen Fulda auf die Insel gezogen, wo seine Mutter Carolin ein Auslandssemester an der Universität in Southampton antrat. Was nur ein vorübergehender Aufenthalt werden sollte, entwickelte sich zu einer langfristigen Liebesgeschichte.
Musiala spielt in der Jugend für England und Deutschland
Musiala verbrachte den Großteil seiner Jugend in der Hauptstadt London, wo er in der Nachwuchsakademie des FC Chelsea zu einem Top-Talent heranwuchs. Als Doppelstaatsbürger durchlief er die englischen Nachwuchsnationalmannschaften, spielte aber auch für die deutsche U16.
Erst im Sommer 2019 ging es für die Familie zurück nach Deutschland und der FC Bayern nahm Musiala unter Vertrag. Mit jenem Wechsel schwanden auch die Chancen des englischen Fußballverbands, den Youngster langfristig davon zu überzeugen, für die Three Lions zu spielen.
Letztendlich leistete vor allem der damalige Bundestrainer Joachim Löw einen Großteil der Überzeugungsarbeit, dass sich Musiala für Deutschland entschied. Auch Hansi Flick, zu jenem Zeitpunkt noch Trainer des FC Bayern und ohnehin großer Musiala-Förderer, trug seinen Teil dazu bei.
Erster Turniereinsatz bei der EM 2021
Dass sich die Bemühungen um den Mittelfeldspieler bezahlt machen sollten, wurde bereits schnell deutlich. Bei der EM 2021 bereitete Musiala zwei Minuten nach seiner Einwechslung im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn den rettenden 2:2-Ausgleich vor. Seitdem ist er der große Hoffnungsträger im DFB-Team.
In seiner vorausgehenden Debütsaison 2020/21 war er im Alter von 17 Jahren und 115 Tagen zwischenzeitlich zum jüngsten Bundesliga-Spieler in der Bayern-Geschichte avanciert. Außerdem trug er sich insgesamt siebenmal in die Torschützenliste des deutschen Rekordmeisters ein. Darunter sein erster Treffer in der Champions League, womit er zum jüngsten Bayern-Torschützen in der Königsklasse avancierte.
In der Folgesaison gelang Musiala der endgültige Durchbruch in München: In 40 Pflichtspielen steuerte er 14 Scorerpunkte bei. So wurde zunehmend klar, dass der gebürtige Stuttgarter ab sofort auch in der Nationalmannschaft eine tragende Rolle einnehmen sollte.
Hoffnungsträger vor der WM 2022
Spätestens im Vorfeld der WM 2022 zeigte sich ganz Fußball-Deutschland von den Qualitäten Musialas begeistert. Lothar Matthäus ordnete den aufstrebenden Profi sogar als kommenden Weltfußballer ein, während Hansi Flick, damals noch Bundestrainer, ein ums andere Mal ins Schwärmen geriet.
Und Musiala selbst? Der wollte vor der WM vom Status des Hoffnungsträgers nichts wissen, gab sich gewohnt bescheiden. „Ich will jetzt keinen Extra-Druck, ich will einfach spielen, der Mannschaft helfen und so viel gewinnen wie möglich“, sagte er am Rande des Länderspiels gegen seine zweite Heimat England.
Jedenfalls stand für Musiala rückblickend fest, dass er mit Deutschland die richtige Wahl getroffen habe: „Ich habe die Entscheidung zusammen mit meiner Familie getroffen und bin glücklich damit. Ich bereue sie nicht.“
Aufstieg zum Nationalspieler des Jahres 2022
Zwar schied die deutsche Mannschaft in Katar bereits in der WM-Vorrunde aus, doch Musiala kristallisierte sich als einer der wenigen Lichtblicke heraus. Er begeisterte die Zuschauer in den Stadien und vor den Fernsehgeräten mit atemberaubenden Dribblings, kreativen Ideen und genialen Ballverarbeitungen.
Erinnerungen an den jungen Lionel Messi wurden wach, der 2006 in Deutschland zum ersten Mal die große WM-Bühne betrat - und etliche Menschen in seinen Bann zog. Musialas einziges Manko bei der WM: sein Torabschluss. Er vergab in den Spielen gegen Japan, Spanien und Costa Rica mehrere Großchancen, hatte aber auch Pfostenpech.
Honoriert wurden die Auftritte des Youngsters schließlich auch durch die Fans. Diese wählten Musiala mit gehörigem Abstand zum Nationalspieler des Jahres 2022. Die Auszeichnung sei „ein Ansporn, weiter an mir zu arbeiten, noch besser zu werden und hoffentlich auch wieder mit der Nationalmannschaft erfolgreich zu sein. Das ist mein großes Ziel“, kündigte Musiala an.
Nächste Chance bei der EM 2024
Die nächste Chance, bei einem großen Turnier zu glänzen, bietet sich ihm bei der EM im eigenen Land im Sommer 2024. Mit gerade einmal 20 Jahren kommt Musiala drei Jahre nach seiner Entscheidung für Deutschland bereits auf 25 Länderspiele, in denen ihm zwei Treffer und drei Vorlagen gelangen.
Beim FC Bayern läuft es für Musiala persönlich mal besser, mal schlechter. In der aktuellen Spielzeit erzielte er bislang wettbewerbsübergreifend acht Tore und gab drei Assists in 26 Einsätzen.
Angesichts seiner Entwicklung und seines Potenzials kann sich Deutschland aber nicht glücklich genug schätzen, dass Musialas Entschluss im Februar 2021 zugunsten des DFB-Teams ausfiel.