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BVB: Nachwuchstrainer stellt DFB an den Pranger -„Deutschland ist international abgehängt“

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BVB: Nachwuchstrainer stellt DFB an den Pranger -„Deutschland ist international abgehängt“

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BVB-Nachwuchscoach schlägt Alarm!

BVB-Nachwuchscoach Mike Tullberg spricht im Exklusiv-Interview mit SPORT1 über das Erfolgsgeheimnis seiner U19. Der Talent-Schmied aus Dortmund poltert gegen die Ausbildungsstruktur im deutschen Fußball.
Das Landesgericht Frankfurt hat ein erstes Urteil gefallen im Prozess um die Berichterstattung über das Alter von BVB-Profi Yousouffa Moukoko.
Patrick Berger
BVB-Nachwuchscoach Mike Tullberg spricht im Exklusiv-Interview mit SPORT1 über das Erfolgsgeheimnis seiner U19. Der Talent-Schmied aus Dortmund poltert gegen die Ausbildungsstruktur im deutschen Fußball.

Er ist Dortmunds Talente-Flüsterer!

Mike Tullberg hat seit Übernahme der Dortmunder U19 im Juli 2020 kein einziges Ligaspiel verloren. In 33 Partien holte er 28 Siege und fünf Remis. Punkteschnitt: 2,60!

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Am Dienstag (ab 16 Uhr im LIVETICKER) empfängt Tullberg mit der U19 im Achtelfinale der Youth League, quasi der Junioren-Champions League, zuhause die Top-Talente von Paris Saint-Germain.

Bei den Franzosen spielt mit Ethan Mbappé kein Geringerer als der Bruder von Superstar Kylian.

Im SPORT1-Interview spricht der 37 Jahre alte Däne Tullberg, der Spieler wie Youssoufa Moukoko, Jamie Bynoe-Gittens, Ansgar Knauff oder Tom Rothe entwickelte, über das Geheimnis hinter seinem Erfolg und Probleme im deutschen Nachwuchs.

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„Wir haben das erfolgreichste Jahr der U19 gespielt“

SPORT1: Herr Tullberg, Sie sind in der Bundesliga Staffel West seit zweieinhalb Jahren ungeschlagen. Verraten Sie uns bitte Ihr Geheimnis?

Mike Tullberg: Ich rede nicht so gerne über mich. Ich habe ein großes Trainerteam um mich herum, wir ziehen alle an einem Strang. Wir konzentrieren uns immer auf Heute und nicht auf Morgen. Letztes Jahr hatten wir eine herausragende Mannschaft mit Tom Rothe, Jamie Bynoe-Gittens, Lion Semic oder Youssoufa Moukoko. Beim 6:1-Sieg am letzten Bundesliga-Spieltag gegen Wolfsburg waren alle vier oben dabei. Das macht uns stolz. Wir haben das erfolgreichste Jahr der U19 gespielt. Dieses Jahr ist klar: Wenn man schon so viele Spieler im Herrenbereich stellt, wird es schwierig. Ich schätze die Erfolge in diesem Jahr demnach höher ein. Wir haben qualitativ vielleicht nicht die beste Mannschaft, aber wir haben Wille.

SPORT1: Wie meinen Sie das?

Mike Tullberg: In Edinburgh hatten wir mit Paris Brunner und Cole Campbell zwei U17-Spieler auf den Flügeln, in Kopenhagen spielte mit Kjell Wätjen ein 17-Jähriger und beim 3:3 bei Manchester City hat mit Tyler Meiser sogar ein 15-Jähriger gespielt. Wir haben den Mut, jüngere Spieler reinzuwerfen - so wie unsere Profis auch. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

„Ich habe ihn mehr am Apparat als meine Frau“

SPORT1: Mit wem telefonieren Sie eigentlich am meisten: Mit Lars Ricken, Edin Terzic oder Sebastian Kehl?

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Mike Tullberg: Ich spreche mit allen dreien sehr viel. Edin habe ich schon als Co-Trainer kennengelernt. Ich schätze ihn sehr, nicht nur als Trainer, sondern auch als Freund. Zu Kehl habe ich auch einen guten Draht. Mit Lars arbeite ich aber am engsten. Ich habe ihn mehr am Apparat als meine Frau. (lacht) Der Austausch ist sehr eng. Die Wege hier sind ohnehin kurz. Wir sind ein bodenständiger und familiärer Verein, obwohl wir so groß sind.

SPORT1: Am Dienstag treffen Sie mit der U19 auf PSG. Ist das für Sie Europas beste Mannschaft im Nachwuchs?

Mike Tullberg: Wenn sie einen guten Tag erwischen, sind sie die Besten! Wenn wir Spieler wie Soumaila Coulibaly, Rothe, Bynoe-Gittens oder Moukoko zur Verfügung hätten, wäre es vielleicht ausgeglichen. Aber es geht nicht darum, wen wir nicht haben. Ich war vor diesem Spiel ehrlich zu den Jungs und habe gesagt: Von zehn Spielen gegen PSG verlieren wir neun. Aber die neun Spiele interessieren nicht. Mir geht es um dieses eine Spiel, indem wir eine Chance haben. Wir können die Überraschung schaffen.

SPORT1: Auf der Tribüne wird es nur so von Scouts wimmeln. Ist das zusätzlicher Druck für die Jungs, weil sie sich für einen Top-Klub empfehlen können?

Mike Tullberg: Die Jungs sind beim BVB und damit bei einem der größten Vereine der Welt. Es geht nicht um andere Vereine, sondern um uns.

SPORT1: Sie treffen auf Spielmacher Ethan Mbappé, der 16 Jahre junge Bruder von Superstar Kylian. Wie wollen Sie das Mega-Talent stoppen?

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„Wir laufen anderen Nationen hinterher!“

Mike Tullberg: Es wäre unfair, Paris nur auf Mbappé zu beschränken. Die haben 18 Schlüsselspieler und einfach eine brutale Qualität. Das ist eher selten im Jugendbereich. Sie spielen einen geilen Fußball. Ihre individuelle Qualität ist einfach besser. Unsere Chance liegt darin, dass wir über die mannschaftliche Geschlossenheit kommen.

SPORT1: Sie sind im Sommer mit der U19 Deutscher Meister geworden und backen mit Blick auf die beiden PSG-Duelle ziemlich kleine Brötchen. Hinkt der deutsche Nachwuchs im Vergleich zum französischen hinterher?

Mike Tullberg: Deutschland ist international abgehängt. Wir laufen anderen Nationen hinterher. So wie der Bundesliga-Wettbewerb aufgeteilt ist, macht das wenig Sinn. Wir haben 60 Mannschaften in den Bundesliga-Staffeln und damit viel zu wenige Spiele auf gleichem Niveau. Wir haben seit 2020 kein Ligaspiel mehr verloren. Die Strukturen in Deutschland sind nicht förderlich, damit man sich mit den Besten in Europa messen kann. Das sieht man auch an dem Abschneiden deutscher Teams in der Youth League. Das hat schon seine Gründe. International sind wir nicht wettbewerbsfähig. Demnach sind wir stolz, dass wir es trotzdem so weit geschafft haben.

SPORT1: Haben Sie einen Lösungsvorschlag?

Mike Tullberg: Es ist schwierig. Wenn die 20 besten Mannschaften in Deutschland in Hin- und Rückspielen gegeneinander spielen würden, hätten wir nur Topspiele. Aktuell spielen ja die besten Teams aus den Staffeln in Halbfinale und Finale um die Meisterschaft. Das ist mehr ein Pokal-Wettbewerb. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir müssen auch Spiele gegen vermeintlich schwächere Teams haben, auch das gehört zur Entwicklung dazu, aber auf Dauer ist das nicht gut.

„Wille, Herz, Leidenschaft, Entschlossenheit - das ist auch eine Form von Qualität“

SPORT1: Sie haben zuletzt in einem Interview gesagt, dass es „mehr Wille und weniger Talent“ brauche. Wie meinen Sie das?

Mike Tullberg: Talent haben in dem Bereich alle, am Ende entscheidet vor allem der Wille. Wille, Herz, Leidenschaft, Entschlossenheit - das ist auch eine Form von Qualität.

SPORT1: Julian Rijkhoff ist ein Schlüsselspieler in Ihrer Mannschaft. Der BVB hat den 18 Jahre alten Angreifer langfristig gebunden. Schafft er als nächster Spieler den Durchbruch?

Mike Tullberg: Julian ist ein toller Junge, sehr fleißig und professionell. Er hat sich entwickelt, muss aber noch einige Dinge verbessern, bevor er in den Herrenbereich geht. Er hat noch einen Weg zu gehen, das weiß er selbst. Physis, Durchsetzungsvermögen – daran müssen und werden wir arbeiten. Die Grundvoraussetzung hat er aber. Er benimmt sich wie ein Voll-Profi. Neben ihm haben wir aber auch andere spannende Spieler. Nnamdi Collins hat nochmal einen Sprung gemacht und spielt schon die gesamte Rückrunde in der 3. Liga. Unsere Quote ist sowieso ganz gut.

SPORT1: Jamie Bynoe-Gittens sorgt jetzt bei den Profis für Furore. Haben Sie damit gerechnet?

Mike Tullberg: Er ist seinen Weg gegangen. Am Anfang, als er ganz neu in Dortmund war und aus einer langen Pause kam, bin ich mit ihm manchmal ein paar Runden gejoggt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich der Unfittere bin. Mittlerweile ist das definitiv anders (lacht). Er kann so unglaublich viel. Es freut uns, dass er sein Können oben zeigt. Wir tauschen oft Nachrichten aus und ich habe ihm zu seinen Toren in den letzten Wochen gratuliert.