Die Fußspuren, in die Sportvorstand Markus Krösche im Juni 2021 bei Eintracht Frankfurt getreten ist, waren groß.
Warum Frankfurts Höhenflug anhält
Unter Fredi Bobic starteten die Hessen in ihre erfolgreichste Phase der Neuzeit. DFB-Pokal-Sieg, Europa-League-Halbfinale, Rekordverkäufe durch die Büffelherde, Platz fünf in der Bundesliga – der Weg des Traditionsklubs zeigte unentwegt steil nach oben und setzt sich unter Krösche mit dem Europa-League-Triumph und dem Einzug ins Champions-League-Achtelfinale fort. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
18 Monate nach Amtsantritt ist zudem die klare Handschrift des 42-Jährigen, der zuvor bei RB Leipzig und dem SC Paderborn tätig war, erkennbar.
SPORT1 nennt vor dem Top-Spiel der Eintracht beim FC Bayern (am 28. Januar ab 18.30 Uhr im LIVETICKER) vier Punkte, die Krösche verändert hat und den Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß zuletzt im STAHLWERK Doppelpass als „guten Mann“ bezeichnete. (NEWS: Nackenschlag für Frankfurt: Top-Star fehlt gegen Bayern)
1. Neue Transferstrategie
In der Zeit von Fredi Bobic war der Deadline-Day ein von den Fans förmlich herbeigesehnter Tag. Die Last-Minute-Transfers des heutigen Hertha-Machers waren beliebt und spektakulär zugleich, sie haben die Hessen weit nach vorne gebracht.
Spieler wie Kevin Trapp, André Silva, Ante Rebic, Martin Hinteregger, Almamy Touré oder Tuta kamen in der Sommer- oder Wintertransferperiode am allerletzten Tag und wurden im Lauf der Jahre zu Stützen. (DATEN: Ergebnisse der Bundesliga)
Krösche hingegen wählt einen anderen Weg. Profis wie Randal Kolo Muani, Rafael Borré, Mario Götze, Jesper Lindström oder Lucas Alario kamen frühzeitig und konnten sich so (sofern nicht für Länderspiele abgestellt) eine lange Zeit an den neuen Klub gewöhnen.
„Für den Trainer ist es wichtig, zu Beginn einer Vorbereitung kein Stückwerk vorzufinden, sondern einen möglichst kompletten Kader. Dazu müssen wir früh handeln, um diese Voraussetzungen zu haben“, erklärte Krösche seinen Weg.
Natürlich muss auch die Eintracht kurzfristig handeln, wenn ein „unmoralisches Angebot“ reinflattert. (NEWS: Bald zu groß für die Eintracht?) Doch Krösche möchte diese Last-Minute-Deals möglichst vermeiden.
2. Andere Kommunikation bei der Zielsetzung
Bobic hatte die Fan-Gemeinde bei seiner Installation als neuer Sportvorstand im Juni 2016 zunächst einmal geschockt. „Wir sind ein Ausbildungsverein“, gab der Europameister die Richtung beim stolzen Traditionsklub vor.
Jahre später korrigierte er das Ziel im STAHLWERK Doppelpass nach oben: „Wir sind ein gehobener Ausbildungsverein.“ Nach den millionenschweren Abgängen von Luka Jovic oder Sébastien Haller konnte Bobic in einem höheren Regal shoppen gehen. Doch von dem Begriff „Ausbildungsverein“ hat er sich nicht gelöst.
Nur wenige Monate nach Amtsantritt stellte Krösche klar: „Eintracht Frankfurt ist kein Ausbildungsverein!“
Er kann einen Spieler nicht immer halten, wenn ein Top-Klub aus Spanien oder Italien anklopft. Die Kommunikation nach außen ist dennoch eine andere. (DATEN: Spielplan der Bundesliga)
Krösche geht es zuvorderst nicht um den schnellen Verkauf, sondern vor allem um das Erreichen der Ziele. So blieb er im Sommer 2021 knallhart, als Lazio Rom Superstar Filip Kostic den Kopf verdrehte und damit zum Trainingsstreik bewegte.
Bei Schlussmann Trapp biss Manchester United auf Granit, wollte die geforderten 20 bis 25 Millionen Euro nicht bezahlen. Krösche zeigte in diesen Bereichen klare Kante und unterstrich so seine Worte. (NEWS: Eintracht-Kritik: Hat Hoeneß recht?)
3. Veränderter Mitarbeiterstab
Bobic hat engste Vertraute wie Referent Sebastian Zelichowski, Matthias Borst (Leiter Spielkonzeption) oder Thomas Westphal (Teammanager) nach Berlin mitgenommen.
Ex-Sportdirektor Bruno Hübner beendete 2021 seine Karriere, Vertrauensfigur Ben Manga – zuerst Erfolgs-Scout, zuletzt als Direktor Profifußball tätig - wechselte im Dezember zum englischen Zweitligisten FC Watford. Mit ihm verließen auch Späher wie Helena Costa oder Raffael Tonello den Klub. (NEWS: Deshalb verlässt der „Perlentaucher“ die Eintracht)
Dieser Umbruch ging über rund 18 Monate. Krösche ist stets mit seinem persönlichen Referenten Ole Siegel, den er noch aus gemeinsamen Paderborner Zeiten kannte, unterwegs.
Timmo Hardung (kam mit Krösche aus Leipzig) wird nach dem Abgang von Manga noch wichtiger, erhält als Leiter der Lizenzspielerabteilung mehr Verantwortung. Der Transfer des US-Amerikaners Paxten Aaronson etwa geht vor allem auf dessen Konto. (NEWS: US-Juwel will die Bundesliga erobern)
Die Anzahl der Scouts wurde deutlich verringert, Krösche setzt vor allem auf Daten- statt Livescouting. Bastian Quentmeier (Datenanalyst) und Sebastian Frank (Chefscout) haben dabei Hauptrollen inne. Ob die zuvor sehr starke Arbeit von Manga und seinem großen Team damit gleichwertig ersetzt werden kann, muss die Zukunft zeigen.
4. Förderung der Jugend
Aymen Barkok war das letzte Talent, das den Sprung vom Nachwuchsleistungszentrum zu den Profis geschafft hat – im Herbst 2016. Seitdem gingen alle Versuche, die Jugendarbeit erfolgreich voranzutreiben, schief. (NEWS: Alles Wichtige zu Eintracht Frankfurt)
Bobic installierte zunächst Marco Pezzaiuoli als Technischen Direktor, Weltmeister Andreas Möller folgte ihm nach. Trotz sehr ordentlicher U19-Saison griff Glasner nicht auf die Talente zurück. Eine richtige Nähe zwischen dem Profi- und Jugendbereich entstand in den fünf Bobic-Jahren insgesamt nicht. (NEWS: Matthäus traut Eintracht Meisterschaft zu)
Krösche hat hier zügig Akzente gesetzt. Mit Alexander Richter kam vom VfL Bochum ein neuer NLZ-Leiter zur Eintracht. Als großer Meilenstein wird intern und bei großen Teilen des Umfelds die Wiedereinführung der zweiten Mannschaft, die aktuell in der fünftklassigen Hessenliga spielt, gesehen. Der Aufstieg in die Regionalliga ist Pflicht, damit die Talente auf höherem Niveau entwickelt werden können. Es wird Zeit benötigen, bis diese Umstellungen greifen und Früchte tragen. Um auf einem überhitzten Transfermarkt noch besser agieren zu können, ist eine starke Nachwuchsarbeit, die bei Eintracht jahrelang keine große Rolle gespielt hat, unumgänglich.
Nicht nur Erfolge unter Krösche
Natürlich hat auch Krösche in seiner Zeit bei den Hessen bislang nicht nur Erfolge vorzuweisen. Es gab teils millionenschwere Fehlgriffe mit Sam Lammers, Jens Petter Hauge oder Luca Pellegrini. Zudem wurde bei Daichi Kamada und Evan N‘Dicka das Ziel, nicht mit auslaufenden Verträgen in die Saison zu gehen, verfehlt. Es drohen dadurch ablösefreie Abgänge von Leistungsträgern.
Insgesamt aber geht die seit Jahren positive verlaufende Entwicklung bei der Eintracht bislang auch unter Krösche, wenngleich die Herangehensweise eine andere als unter Bobic ist, weiter. 31 Hinrundenpunkte und Rang vier sprechen dabei eine deutliche Sprache. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)