Es läuft nicht rund für Borussia Dortmund.
Dortmunds wahre Schwachstelle
Nach 16 Spieltagen steht für den achtmaligen deutschen Meister lediglich Rang sechs zu Buche. Damit muss der BVB neben RB Leipzig auch noch Eintracht Frankfurt, Union Berlin und SC Freiburg bei der Bayern-Jagd aktuell den Vortritt lassen. Ein Zustand, der dem Selbstverständnis im Signal Iduna Park nicht gerecht wird. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Natürlich fehlt den Schwarz-Gelben ein Erling Haaland, der im Sommer zu Manchester City gewechselt war und seither in der Premier League einen Rekord nach dem anderen knackt. Mit gerade einmal 29 Toren zappelte der Ball zehnmal weniger im gegnerischen Tor als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison. (NEWS: Haaland? „Wird langsam albern“)
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Dass die Mannschaft von Trainer Edin Terzic aber auch nach dem Abgang des Norwegers Offensivpower hat, bewies sie beim 4:3-Heimsieg gegen FC Augsburg. Überhaupt dient der irre Schlagabtausch mit den Fuggerstädtern, bei dem Haaland-Nachfolger Sébastien Haller sein BVB-Debüt nach Krebserkrankung gab, zur perfekten Blaupause für das Dortmunder Spiel - im Guten wie im Schlechten. (DATEN: Ergebnisse der Bundesliga)
Zu viel Last auf Özcan?
Offensiv zündete der BVB ein Feuerwerk. Aus 27 Torschüssen resultierten am Ende vier Treffer. Zur Wahrheit gehört jedoch, dass auf der anderen Seite des Feldes der Ball ebenfalls dreimal im Netz landete.
Im defensiven Mittelfeld war Salih Özcan für die Absicherung zuständig. Die Statistik zeigt jedoch auf: Dortmunds Nummer sechs bringt nicht die nötige Zweikampfhärte mit, um dieser Rolle allein gerecht zu werden. Laut dem Datendienstleister Deltatre kommt Özcan in seiner bisherigen Karriere auf lediglich 47,8 Prozent gewonnener Zweikämpfe, in der laufenden Saison sank dieser Wert auf 44,6 Prozent.
Dortmunder Schwäche nach eigenem Ballverlust
Besonders deutlich wird Dortmunds Anfälligkeit nach eigenem Ballverlust. Ganze zehn Gegentore fielen nach einem verlorenen Ball eines BVB-Akteurs - das ist Negativrekord in der Liga.
Auch Jude Bellingham war schon dreimal mit einem Ballverlust direkt an einem Gegentreffer beteiligt.
Der Engländer schaltet sich sehr gerne ins Angriffsspiel ein, wie auch gegen die Fuggerstädter, als er nicht nur das 1:0 selbst erzielte, sondern auch das 4:3 von Giovanni Reyna auflegte. Doch der Offensivdrang des 19-Jährigen geht zu Lasten der defensiven Stabilität - vor allem bei unnötigen Ballverlusten.
Gegen Augsburg verlor erst Nico Schlotterbeck vor dem zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich der Augsburger den Ball an Dion Beljo. Vor dem zweiten Gegentreffer patzte Özcan in einem Zweikampf gegen Arne Engels, der dann den entscheidenden Pass spielte. Das Augsburger Tor Nummer drei leitete dann erneut Schlotterbeck mit einem Fehlpass ein.
„Wir haben vor jedem Gegentor den Ball und verlieren ihn. Das sind dann offensive Themen. Warum haben wir die Bälle verloren?“, monierte Terzic nach der Partie und wurde konkret: „Beim ersten Gegentor, wo Nico an den Ball kommt, wird er vom Gegner nach außen gedrängt und hat keine Option, weder für den Rückpass noch für den Long-Line-Pass auf Donyell Malen.“
Terzic fordert Unterstützung: „Müssen uns besser helfen“
Er appellierte an seine Spieler: „Da müssen wir uns einfach besser helfen, mehr unterstützen, dass wir die Jungs nicht im Eins-gegen-Eins lassen und gepresst werden können.“
Auch wenn Schlotterbeck an zwei Gegentoren beteiligt war, steht der im Sommer vom SC Freiburg transferierte Innenverteidiger mit 68 Prozent gewonnener Zweikämpfe in dieser Rubrik an der Spitze im BVB-internen Ranking.
Was gegen Augsburg auch bezeichnend war: Mit Ermedin Demirovic (Tor zum 2:2) gelang den Gästen lediglich ein Stürmertor. Mit Arne Maier (zum 1:1) und David Colina (zum 3:3) trafen ein Mittelfeld- und ein Abwehrspieler. Und hier kommt das nächste Problem der Dortmunder zum Tragen.
Das Mittelfeld macht Dortmund Sorgen
Denn die gegnerischen Angreifer hat das Terzic-Team meist im Griff, überhaupt kassierte die Borussia erst sechs Treffer durch gegnerische Stürmer. Kein anderes Team hat hier eine bessere Bilanz aufzuweisen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Dafür dürfen sich die gegnerischen Mittelfeldreihen in schöner Regelmäßigkeit in die Torschützenliste eintragen. Bereits 15 Mal jubelte ein Mittelfeldspieler gegen den BVB - bei 63 Prozent aller Gegentore. Damit steht Dortmund auf Rang vier in dieser unrühmlichen Tabelle. Lediglich der VfL Bochum sowie die Aufsteiger Schalke 04 und der SV Werder Bremen sind noch anfälliger in dieser Rubrik.
Die Daten zeigen, dass die Offensivausrichtung des Vizemeisters zu riskant ist, um ohne dominanten Sechser zu funktionieren. In der Vergangenheit war diese Position regelmäßig mit starken Abräumern besetzt. Egal ob mit Sebastian Kehl, mittlerweile Sportdirektor beim BVB, Sven Bender oder auch einem Axel Witsel als Stabilisator.
Solange Terzic und sein Team diese Problematik nicht in den Griff bekommen, müssen sich Schlotterbeck, Niklas Süle und Mats Hummels weiterhin auf mehr Arbeit einstellen als ihnen lieb ist.
Und der BVB sollte sich nicht immer drauf verlassen, dass man schon irgendwie ein Tor mehr schießt als der Gegner - auch wenn solche Spektakel wie gegen den FC Augsburg die Fans in Ekstase versetzen. (DATEN: Spielplan der Bundesliga)