Wenn man bei Google etwas tiefer sucht, findet man schnell Zitate, die Max Eberl heute in keinem guten Licht dastehen lassen. Als Gladbacher Manager hat er mehrfach und ausführlich die Praktiken angeprangert, die RB Leipzig zu dem machen, was Fans ein „Konstrukt“ nennen.
Alles richtig gemacht, Max Eberl!
Da waren zum Beispiel die permanenten Spielerwechsel von der einen Red-Bull-Filiale in Salzburg zum Red-Bull-Standort in Leipzig, die Eberl störten. Er fühlte sich als Konkurrent übervorteilt: „Das hat für mich einen faden Beigeschmack, weil sie im Grunde zwei Kader haben.“ (News: So kritisierte Eberl einst RB Leipzig)
Oder die Ausgabenpolitik bei RB Leipzig. Red Bull verlieh halt Flügel. Eberl sagte: „Das zeigt ja schon ein einfacher Blick auf das Transferdefizit der vergangenen vier Jahre: RB gab, wie man hören konnte, etwa 150 Millionen Euro für Spieler aus und nahm im Gegenzug kaum etwas ein.“
Das Portal T-Online listete die damaligen Eberl-Aussagen wortwörtlich und mit Quellenangaben auf, nachdem am Montag der Wechsel von Eberl zu RB Leipzig als perfekt vermeldet worden war, und trifft damit einen wunden Punkt: Was will Max Eberl eigentlich bei RB Leipzig?
Der Journalist Günter Klein wagte umgehend eine düstere Prognose:
Ist es anmaßend, Max Eberl für seinen Jobwechsel zu kritisieren? Ganz sicher in der Form, wie es das Fanprojekt bei Borussia Mönchengladbach kürzlich getan hat, als es persönliche Attacken gegen Eberl ritt und ihm, versteckt oder nicht, Heuchelei vorwarf.
Was will Eberl in Leipzig?
Wer Zweifel daran hat, dass Max Eberl krank war und echte Tränen weinte, als er in jener Pressekonferenz zu Jahresbeginn seinen Burnout erklärte, verlässt den gemeinsamen Boden für einen aufrichtigen Diskurs. Auch Fußballmanager erleben persönliche Krisenmomente. Er hat seinen gezeigt. („Will raus“: Eberls Abschied)
Die Abkehr von widerwärtigen Vorwürfen heißt aber nicht, dass man nicht bei einem Manager wie bei Trainern und Spielern einen Vereinswechsel hinterfragen darf und sollte. Die Ablöse, höchstwahrscheinlich weit über den kolportierten 2,5 Mio. Euro, verlangt ein Nachhaken.
Man muss die Frage stellen dürfen: Was bietet RB Leipzig, was Max Eberl nicht schon in Mönchengladbach hatte? Zunächst: einen Tapetenwechsel. Das ist ein Argument, das man bei einem Menschen, der sich überlastet fühlt, nicht unterschätzen sollte. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga).
In Gladbach war Max Eberl, wie man in der Managersprache gerne sagt, auserzählt. Mehr als die Qualifikation zur Champions League war nicht zu holen, und sobald eine Leistungsdelle die Nerven ohnehin strapazierte, reagierte das Publikum im Borussenpark nicht eben zimperlich.
Da hat RB Leipzig sein Publikum, man muss es so sagen, besser im Griff. Aus der Sicht eines Traditionsvereins mag man Entstehung und Führung eines Vereins ohne Mitglieder (ausdrücklich: aus gutem Grund) kritisieren. Aus Sicht eines Managers stellt sich die Situation anders dar.
In Leipzig wartet Eberls Kerngeschäft
Max Eberl wird sich bei RB Leipzig auf sein Kerngeschäft konzentrieren können: auf das Suchen und Finden von Talenten und Leistungsträgern, auf die gemeinsame Kaderplanung mit dem Trainerstab, auf das Austarieren der wirtschaftlichen Konsequenzen. Und alles ohne Nebengeräusche. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga).
Ihm kann es gleichgültig sein, wie der Rest der Republik darüber denkt. Leipzig wird ihm eine Oase errichten, wie man es schon bei seinem Vor-Vorgänger Ralf Rangnick getan hat, der hier ebenfalls nach überstandener Schwächephase eine neue Heimat gefunden hat.
Man könnte Max Eberl für diesen Schritt jetzt kritisieren. Man könnte aber auch zu dem Schluss kommen: Alles richtig gemacht, Max Eberl! Bis zum Dienstbeginn Mitte Dezember darf er sich gedanklich darauf vorbereiten. Vorher verbietet sich jede anmaßende Besserwisserei von außen.
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