„Der Fußball ist mein Leben. Und Eintracht Frankfurt ist mein Leben!“
Der „Fußballgott“ geht endgültig
Es sind Worte, die es im modernen Profi-Fußball so nur noch äußerst selten zu hören gibt. Der Mann, der sie äußerte, erlebt am 31. August den etwas verspäteten Abschluss einer großartigen Spielerkarriere (Das Abschiedsspiel für Alex Meier ab 19 Uhr auf SPORT1).
Über 30.000 Fans werden dabei sein, wenn der „Fußballgott“ Alex Meier seine Abschiedspartie mit Eintracht-Größen wie Jay-Jay Okocha, Martin Hinteregger oder Tony Yeboah in seinem Wohnzimmer erhält.
Die Corona-Pandemie hat für etliche Verschiebungen gesorgt, der letzte Auftritt im Trikot der Hessen liegt bereits über vier Jahre zurück. Zwischenzeitlich verbrachte er noch zwei Jahre bei St. Pauli und in Sidney. Doch der Beziehung zu den Frankfurter taten diese Ausflüge keinen Abbruch, die gegenseitige Liebe ist weiterhin riesengroß. (ÜBERSICHT: Die fixen Transfers aller Bundesliga-Klubs)
Eine Karriere, nach der Fußball-Romantiker lechzen
Die Karriere von Meier ist das, wonach Fußball-Romantiker förmlich lechzen. Ein Angebot aus China im Januar 2016? Der Ex-Profi lehnte es ab, nachdem der Klub ein Stopp-Schild setzte. Streik? Niemals! Ein Interviewmarathon mit Giftpeilen, um den Abgang im tiefsten Kampf um den Klassenerhalt zu erzwingen? Gab es nicht. Vorstandssprecher Axel Hellmann stellte deshalb nicht umsonst fest: „Für mich gehört Alex Meier fest zu Eintracht Frankfurt.“ Und damit übertreibt der Jurist mit Blick auf dessen Vita sicherlich nicht. (Alex Meier im Interview: „Eine super Geste von Niko Kovac)
Als Meier im Sommer 2004 bei den Hessen nach dem Abstieg in Liga zwei anheuerte, da war eine solche Karriere noch nicht absehbar. Fast schon schüchtern unterschrieb „der Lange“, 1,96 Meter ist er groß, Autogramme. Auch bei Gesprächen mit Journalisten blieb er zurückhaltend.
Dabei dauerte es bei seinem Debüt nur 78 Minuten, bis das Netz erstmals wackelte. Und es war ein typischer Meier, den die Frankfurter Fans am 9. August 2004 am Tivoli in Aachen zu sehen bekamen: Vorlage Patrick Ochs – und im Rückraum stand die Nummer 14, die souverän mit der Innenseite den Rest erledigte.
Die große Stärke? Meiers Innenseite
Wie viele seiner insgesamt 137 Eintracht-Tore er in seinen 379 Auftritten auf diese Art und Weise erzielte? Das weiß wohl nicht mal mehr Meier selbst. Und trotzdem dauerte es fast acht Jahre, bis die Fans den gebürtigen Hanseaten vollumfänglich in ihr Herz geschlossen haben. Es gab zwischenzeitlich Momente, in denen die Stimmung gegen den heutigen Frankfurter „Fußballgott“ beinahe schon feindselig war.
Erinnern wir uns zurück: Im Januar 2007 kam Caio aus Brasilien an den Main. Der damals teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte sollte die mausgrauen Eintracht-Hallen zum Strahlen bringen. (Story: Caio - die teuerste Schnapsidee Frankfurts)
Doch Trainer Friedhelm Funkel hielt in seiner Amtszeit von 2004 bis 2009 stets an Meier fest. Die Folge? Heute undenkbar laute Pfiffe gegen den „Fußballgott“, bevor der Anpfiff überhaupt ertönte. Und wenn „der Lange“ dann doch wieder einen Ball in die Maschen köpfte, war bei aller Erleichterung über den Treffer auch Frust auf den Tribünen zu spüren.
„Die ersten Jahre waren nicht ganz einfach“
„Die ersten Jahre waren nicht ganz einfach für mich“, gab Meier zu. Der ständige Abstiegskampf zerrte am Nervenkostüm des gesamten Vereins und für einen Teil der Anhängerschaft stand das Gesicht des Angreifers als Symbol für graues Mittelmaß. War Meier vielleicht zu sehr der Typ Streber in der Eintracht-Klasse? Heribert Bruchhagen sagte einst: „Es gibt keinen vorbildlicheren Profi als ihn. Er fällt nicht durch Schlagzeilen, sondern durch Leistung auf. Für Spieler wie ihn lohnt es sich, täglich im Büro zu arbeiten.“
Doch lohnte es sich auch, für ihn ins Stadion zu gehen? Die Meinungen darüber - sie waren in der Kurve jahrelang geteilt. Der eine Teil der Arena schützte und vertraute ihm. Die andere Hälfte wartete förmlich auf den ersten Fehlpass. Das Problem für die anfangs zahlreichen Kritiker? Auch die Nachfolger Michael Skibbe, Armin Veh und Thomas Schaaf setzten auf ihn. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Eintracht-Legende Meier: Vom Buhmann zum „Fußballgott“
Dabei schien spätestens im Frühjahr 2011 alles vorbei zu sein. Der Klub stürzte in der „Rückrunde der Schande“ von Rang sechs auf 17 ab. Ein großer Teil der Fankurve hätte den Sündenbock Meier am liebsten per Schubkarren zu einem anderen Verein geschoben worden. Doch Veh setzte beim Neubeginn auf ihn – und behielt damit recht. Zehn Monate später stand der direkte Wiederaufstieg. Und Meier? Der traf 17-mal und war mit Abstand bester Eintracht- und Zweitliga-Spieler. Der Buhmann reifte peu à peu zum „Fußballgott“.
Meier bestätigte diese Leistungen nach der Rückkehr in Liga eins nicht nur. Er hielt dem Klub die Stange, führte ihn ins internationale Geschäft, wurde 2015 mit 19 Treffern Torschützenkönig und zum Abschluss Pokalsieger. „Er trifft mit dem Fuß, er trifft mit dem Kopf, er trifft, wie er will – sogar mit dem Zopf. Alex Meier, Fußballgott!“ Die Fans widmeten ihrem Liebling sogar einen Song, sie ließen ihn auch in schwereren Momenten nicht mehr fallen. Plötzlich „Fußballgott“ und Vereinslegende. Wow!
Hellmann lobt Meier: „Vereinstreu, demütig, bescheiden“
„Das bedeutet mir sehr viel. Ich habe ein super Verhältnis zu den Fans“, sagte Meier, der in diesem Moment seiner emotionalen Seite freien Lauf lässt: „Wenn man gefeiert wird, dann ist man stolz. Den Namen „Fußballgott“ bekommt nicht jeder. Ich will mich bei allen in der Stadt bedanken. Wenn ich angesprochen werde, sind alle freundlich zu mir.“
Es sind genaue diese Eigenschaften, die ihn zu diesem besonderen Eintracht-Spieler haben heranwachsen lassen. Hellmann fasste zusammen: „Meier hat diese Vereinstreue. Er ist zugleich aber auch demütig und bescheiden.“ Inzwischen ist der Klub Eintracht Frankfurt nicht mehr ohne Alex Meier vorstellbar. Profi, Trainer, Markenbotschafter – er ist wirklich ein Gesicht des Klubs. Ein Abschiedsspiel im Stadtwald, es ist die Krönung für den Mann mit dem markanten Zopf.