Seit rund fünf Jahren ist der Videobeweis ein fester Bestandteil der Bundesliga.
Elfer für Werner? Das sagt Drees
Was im Profifußball eigentlich für mehr Gerechtigkeit sorgen sollte, steht seit jeher in der Kritik. So reagierte Schalkes Sportdirektor Rouven Schröder zuletzt hämisch auf die Frage, was er dem berüchtigten „Kölner Keller“ auf die Glückwunschkarte zum Geburtstag schreiben würde und antwortete: „Gute Besserung!“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Nun zog Dr. Jochen Drees, VAR-Projekteiter des Deutschen Fußballbunds, im STAHLWERK Doppelpass bei SPORT1 eine Zwischenbilanz und äußerte sich über Stärken sowie noch vorhandene Schwächen des Systems.
VAR-Chef: Faktische Entscheidungen „laufen sehr gut“
Zunächst nahm Drees aber zu einem ganz aktuellen Beispiel Stellung - dem von Deniz Aytekin nicht gegebenen Foulelfmeter nach einem Kontakt zwischen Union-Kapitän Christopher Trimmel und Leipzig-Stürmer Timo Werner.
„Das ist ein sehr schönes Beispiel, wo wir darüber diskutieren müssen, wie das wahrgenommen und bewertet wird. Die Szene finde ich sehr komplex, weil sie aus zwei Teilen besteht. Der Referee hat den Oberkörpereinsatz wahrgenommen und als zu leicht bewertet“, sagte Drees.
Der Referee wollte sich bei dieser Szene nicht endgültig festlegen: „Ich möchte nicht sagen, dass das auf keinen Fall ein Strafstoß ist. Es gibt Teile dafür, die sprechen für Strafstoß.“ Es gebe aber auch „Teile, die dagegen sprechen.“
Drees: „Es läuft natürlich nicht alles gut. Wir sind immer dabei, Dinge nachzujustieren“ räumte der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter ein. „Aber man muss auch sagen: Sehr gut laufen faktische Entscheidungen, die so genannten schwarz-weiß Entscheidungen wie zum Beispiel: War der Ball im Aus, war er im Tor?“
„Können 100 Prozent nie erreichen“
Anders sehe es laut Drees aus, wenn Aktionen dem Ermessen der Unparteiischen unterliegen.
„Handelt es sich um eine Strafstoß-Entscheidung oder nicht? Da nach Außen hin eine klare Linie festzulegen, ist schwer unter der Fragestellung: Was ist offensichtlich klar beziehungsweise war falsch. Das können wir auch nie 100 Prozent erreichen. Da sagen die Betroffenen ja auch Verschiedenes, je nachdem ob man darüber mit einem Stürmer oder einem Abwehrspieler redet“, fügte der 52-Jährige hinzu.
Drees zeigte sich außerdem offen gegenüber eventueller Neuerungen beim Thema Videobeweis. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
„Wir tun gut daran, auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen und zu gucken, wie in anderen Sportarten damit umgegangen wird. Das muss man da aber auch bis zum Ende richtig durchdiskutieren“, erklärte der VAR-Chef.
VAR-Revolution nach US-Vorbild?
Zuletzt lehnte Drees ein Vorbild aus dem US-Sport nicht kategorisch ab: Dabei könnten Bundesliga-Trainer in Zukunft die Möglichkeit erhalten, bei Schiedsrichter-Entscheidungen mithilfe des Videoassistenten Einspruch einzulegen.
Trotz der vorhandenen Schwächen sprach sich Werder-Geschäftsführer Frank Baumann im Doppelpass für den Einsatz der technischen Hilfe aus: „Es läuft nicht alles optimal, aber ich bin ein klarer Befürworter des VAR. Es werden deutlich weniger Fehlentscheidungen getroffen.“ (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
„Ich glaube, dass der Videobeweis auch präventiv wirkt. Dinge, wie die Zahl der Tätlichkeiten und Schwalben, sind zurückgegangen. Wir kritisieren in Deutschland ja immer viel und auch schnell. Ich würde den Videobeweis deshalb auf gar keinen Fall abschaffen wollen“, ergänzte Baumann.