Er ist einer von bislang elf Zugängen bei Schalke 04. U21-Star Tom Krauß wurde in der vergangenen Saison von RB Leipzig an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen und verpasste mit dem Club den Aufstieg.
S04-Youngster: Mit Kuranyi fing es an
Nun wird Krauß mit dem FC Schalke Bundesliga-Erfahrungen sammeln dürfen, im Falle des Klassenerhalts müssen die Königsblauen den 21 Jahre alten Mittelfeldspieler für drei Millionen Euro fest kaufen.
Im SPORT1-Interview spricht Krauß, der Bayern-Neuzugang Sadio Mané nach eigener Aussage „wehtun“ will, über seine bisherige Karriere, Vergleiche zu Leon Goretzka und sein großes Vorbild.
SPORT1: Sie haben nach ihrem Wechsel zu Schalke betont, dass Sie jetzt bei ihrem „Herzensverein“ spielen. Erklären Sie uns bitte: Wie wird man als gebürtiger Leipziger Schalke-Fan?
Krauß: Ich hatte früher einen Kumpel, der großer Schalke-Fan war, zudem hat mein Opa früher auch dem Verein die Daumen gedrückt. So kam das dann auch bei mir. Es hat damals mit der erfolgreichen Champions-League-Zeit angefangen. Ich wollte immer schon für diesen tollen Verein spielen. Es ist unglaublich schön, dass sich dieses Jahr die Möglichkeit ergeben hat.
SPORT1: Von welchem Schalke-Spieler waren Sie früher Fan?
Krauß: Es hat alles mit Kevin Kuranyi angefangen, obwohl er auf einer ganz anderen Position als ich gespielt hat. Meine Mutter fand ihn schon immer toll und ich dann irgendwann auch. Ich unterhalte mich zurzeit viel mit Ralle (Ralf Fährmann) über diese Zeit. Ralle habe ich früher als Fan schon bewundert, jetzt spiele ich mit ihm zusammen. Ich frage ihn manchmal: „Wie war es mit Raul? Wie waren die Spieler damals drauf? Wie hast du das im Training empfunden?“
Krauß: Schalke „keine Zwischenstation“
SPORT1: Waren Sie als Kind denn oft im Stadion?
Krauß: Leider war ich als Fan selbst nicht da, weil ich parallel immer schon am Wochenende in der Jugend mit Leipzig gespielt habe. Tatsächlich war mein erstes Mal in der Arena vergangene Saison beim Spiel mit Nürnberg. Es war schon ein Wahnsinn als ich da eingelaufen bin. Das Stadion und die Fans, das ist schon eine Wucht!
SPORT1: Sie tragen auf Schalke die Nummer 6. In der Vergangenheit haben auch schon große Namen wie Olaf Thon, Yves Eigenrauch, Sead Kolasinac oder Hamit Altintop damit gespielt. Altintop hat es über Schalke nach Bayern und Madrid geschafft. Ein Weg, der für Sie vorstellbar ist?
Krauß: Das waren alles Riesenspieler, mit denen ich mich nicht vergleichen möchte. Um auf Ihre Frage zu kommen: Ich sehe Schalke nicht als Zwischenstation an. Ich habe noch nie in der 1. Liga gespielt und möchte mich hier beweisen. Meine Lieblingsnummer ist eigentlich die 14. Die hätte ich gerne genommen. Rouven Schröder hat aber direkt gesagt, dass Lee die Nummer behalten will. Das habe ich natürlich verstanden. Die 6 war frei und so habe ich sie gerne genommen, auch wenn ich kein klassischer Sechser bin, sondern eher ein Achter. Ich weiß, wer schon alles die 6 auf Schalke getragen hat. Aber Druck mache ich mir deshalb nicht.
Goretzka-Vergleiche? „Sehe mich schon ähnlich!“
SPORT1: Die Fans vergleichen Sie jetzt schon mit Leon Goretzka. Schmeichelt Ihnen das?
Krauß: Da muss ich noch ein paar Kilos an Muskeln zulegen (lacht). Vom Spielertypen her sehe ich mich schon ähnlich wie Goretzka. Ich bin ein Box-to-Box-Spieler, der offensiv und defensiv seine Akzente setzen kann. Am meisten schaue ich mir aber was von Joshua Kimmich ab, der wie ich auch in Leipzig war. Er hatte nicht so viel Talent wie manch andere, hat es aber durch harte Arbeit unheimlich weit geschafft. Bei mir ist es ähnlich. Ich bin nicht der talentierteste Kicker und muss daher noch mehr Fleiß investieren. Sebastian Hoeneß hat früher mal zu mir gesagt, dass ich in seinen Augen zu den unterschätztesten Spielern gehöre.
SPORT1: Sie haben gesagt, dass Sie Sadio Mané im direkten Duell wehtun wollen. Freuen Sie sich am meisten auf das Duell gegen ihn?
Krauß: Er hat eine Riesen-Klasse und ist eine Bereicherung für die Liga. Ich habe ihn früher im TV in der Champions League spielen sehen, jetzt spiele ich vielleicht gegen ihn. Wenn das so kommt, will ich ihn natürlich nicht an mir vorbeilassen und werde alles daransetzen, um ihn mit fairen Mitteln zu stoppen. So war das gemeint. (ÜBERSICHT: Die fixen Transfers aller Bundesliga-Klubs)
SPORT1: Neben Schalke waren nach unseren Infos auch Augsburg und Köln an Ihnen interessiert. War Trainer Frank Kramer am Ende ausschlaggebend?
Krauß: Ich kenne ihn aus der U18-Nationalmannschaft, er hat mir damals viel Vertrauen geschenkt und mich zum Kapitän gemacht. Natürlich war es am Ende auch ein Pluspunkt, dass er auf Schalke übernommen hat. Es waren aber auch die guten Gespräche mit Rouven Schröder. Er hat sich sehr früh und intensiv mit mir beschäftigt. Mir war wichtig, dass mich der ganze Verein will und nicht nur der Trainer. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
SPORT1: Am 34. Spieltag haben Sie mit Nürnberg gegen Schalke gespielt. Wussten Sie da schon, dass Sie gegen Ihren künftigen Arbeitgeber kicken?
Krauß: Noch nicht, aber es gab schon Kontakt und durchaus Gedanken dazu in meinem Kopf. Da war aber noch nichts final.
Terodde? „Das ist Extraklasse“
SPORT1: Welcher Spieler imponiert Ihnen am meisten auf Schalke?
Krauß: Ich bin von Simon Terodde total begeistert. Als er noch in Hamburg gespielt hat, habe ich mir das Trikot von ihm nach dem Spiel besorgt. Es hat einen Ehrenplatz bei mir zuhause. Er hat vor dem Tor einen unglaublichen Riecher. Das habe ich so noch nicht erlebt. Das ist Extraklasse. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
SPORT1: Ihr Vater war früher selbst Fußball-Profi bei Leipzig, Halle und Zwickau, er wurde zudem mit Bayer Leverkusen A-Jugend-Vizemeister. Ist er Ihr größter Kritiker?
Krauß: Das nicht. Ich hole mir aber nach den Spielen immer zuerst die Meinung vom Papa ab. Er ist sehr ehrlich zu mir. Zum Glück hat er mir auch in der Jugend viel Freiraum gegeben. Er hat als junger Spieler selbst Fehler gemacht und mich immer gemahnt: „Mach bitte nicht die gleichen Fehler!“ Ich bin mit 16 oder 17 nicht feiern gegangen, sondern zuhause geblieben. Dafür bin ich ihm dankbar. Ohne ihn und meine Familie wäre ich jetzt nicht hier.
SPORT1: Ihr Vater soll Ihnen vor jedem Spiel die gleiche WhatsApp-Nachricht schicken.
Krauß: Das stimmt. Er schreibt immer zweieinhalb Stunden vor dem Spiel: Viel Glück für das Spiel!
SPORT1: Sind Sie auch abergläubisch?
Krauß: Ja, ich trage immer ein Tape an meinem rechten Handgelenk. Das mache ich seit der U15. Mittlerweile trage ich rechts auch ein Armband, das ich von meiner Freundin geschenkt bekommen habe. Das überklebe ich dann und habe es während des Spiels immer dabei.
Revierderby „das geilste Spiel der Saison“
SPORT1: Sie werden mit Schalke im Revierderby auf den BVB und ihren U21-Kollegen Youssoufa Moukoko treffen. Wie groß ist die Vorfreude?
Krauß: Unfassbar groß. Das wird das geilste Spiel der Saison. Mouki ist ein überragender Spieler, wir spielen bei der U21 zusammen und ich lege ihm immer mal ein paar Dinger auf. Ich freue mich auf ihn.
SPORT1: Sie wurden in der Jugend bei RB Leipzig ausgebildet, kamen aber vor zwei Jahren am 34. Spieltag gegen Augsburg nur zu einem Drei-Minuten-Einsatz unter Julian Nagelsmann. Sind Sie im Nachhinein enttäuscht über die wenige Spielzeit?
Krauß: Mein Ziel war immer, als gebürtiger Leipziger ein Spiel für diesen Verein zu machen. Darauf bin ich stolz. Natürlich hätte ich gerne mehr gespielt. Aber ich konnte in dem Jahr unter Julian Nagelsmann extrem viel lernen. Die Erfahrung war total wichtig für meinen weiteren Weg. Der Schritt nach Nürnberg, wo ich zuletzt zwei Jahre auf einem hohen Niveau gespielt habe, war wichtig.
Krauß: „Leipzig hat mir das nicht zugetraut“
SPORT1: Leipzig hat Schalke eine Kaufpflicht gewehrt. Bei Aufstieg gibt RB Sie für drei Millionen Euro ab. Hätten Sie sich gewünscht, dass der Verein mehr um Sie kämpft?
Krauß: Sie wussten früh von dem Interesse der Schalker. Ich habe RB gesagt, dass ich unbedingt dahin will. Was RB damit macht, kann ich nicht beeinflussen. Ich kann die Situation aber richtig einschätzen: Die Konkurrenz im Zentrum ist bei RB enorm hoch. Sie haben mir das nicht zugetraut. Traurig bin ich deshalb aber nicht. Denn umso schöner ist es, dass ich jetzt für meinen Herzensverein spielen kann.
SPORT1: Gab es Gespräche mit Trainer Domenico Tedesco?
Krauß: Nein.
SPORT1: Ziel auf Schalke ist der Klassenerhalt. Welchen Teil wollen Sie dazu beitragen?
Krauß: Ich will auf dem Platz meine Seele lassen und immer 100 Prozent geben. Die Fans sollen merken, dass ich alles für den Verein gebe. Ich bin keiner, der drei Leute ausschnickt, sondern eher ein aggressiver Typ, der mal dazwischenhaut und die Fans mitreißen kann. Ich glaube, dass ich mit meiner Art ganz gut zu Schalke passe.