Es könnte der traurige Tiefpunkt eines teuren Missverständnisses werden.
Ein riesiges Missverständnis
Nico Schulz droht juristischer Ärger, nachdem seine Ex-Freundin eine Strafanzeige wegen häuslicher Gewalt gestellt hat - ein heftiger Vorwurf. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
„Der Spieler bestreitet die gegen ihn erhobenen Strafvorwürfe. Nico Schulz hat uns mitgeteilt, dass er sich mit Hilfe anwaltlichen Beistands gegen diese Vorwürfe zur Wehr setzen wird und obendrein die Unschuldsvermutung für sich in Anspruch nimmt“, verkündete der BVB in einem Statement.
Da es sich noch um ein schwebendes Verfahren handele, könne der Verein derzeit nicht über „arbeitsrechtliche und disziplinarische Maßnahmen verlässlich und rechtssicher entscheiden“, hieß es in der Mitteilung weiter.
Ganz egal, wie diese Posse enden wird, Schulz‘ Ruf wird mit Sicherheit einen Schaden davontragen.
Ohnehin befindet sich der einstige Hoffnungsträger in Dortmund auf dem Abstellgleis - und die Suche nach einem neuen Arbeitgeber gestaltet sich seit geraumer Zeit schwierig.
Schulz: „Gemeinsam können wir Großes erreichen.“
Dabei begann im Sommer 2019 alles so verheißungsvoll. Als Nico Schulz von der TSG 1899 Hoffenheim zu Borussia Dortmund wechselte, waren sich beide Seiten klar: Das passt.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke war von der Verpflichtung des Außenverteidigers regelrecht begeistert.
Zusammen mit Achraf Hakimi (damals noch von Real Madrid ausgeliehen) würde Schulz ein Außenverteidiger-Pärchen bilden, das seinesgleichen sucht: „Achraf Hakimi und Nico Schulz - schnellere Außenverteidiger als wir wird niemand haben.“
Für den damaligen Sportdirektor Michael Zorc war der Neuzugang ein Spieler, der das Gesicht der Mannschaft prägen könne.
Und auch für Schulz selbst war Dortmund die perfekte Wahl: „Gemeinsam können wir Großes erreichen.“
BVB hofft auf Abgang von Nico Schulz
Drei Jahre später ist die Realität eine andere.
Anstatt ein Leistungsträger im Team zu sein, wollen die Verantwortlichen den 29-Jährigen nicht erst jetzt fast um jeden Preis von der Gehaltsliste kriegen. Diese belastet er immerhin mit einem jährlichen Salär von sieben Millionen Euro.
Da der Vertrag noch bis 2024 läuft, geht es also um 14 Millionen Euro. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Zusammen mit der damaligen Ablösesumme von 25,5 Millionen Euro und den bisher gezahlten Gehältern könnte sich dieses Transfer-Missverständnis am Ende auf eine Summe über 60 Millionen Euro belaufen.
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Terzic: „Auch Nico kennt seine Situation“
Um dieses Worst-Case-Szenario zu vermeiden, haben die BVB-Verantwortlichen den Druck auf den gebürtigen Berliner schon vor Wochen erhöht.
BVB-Coach Edin Terzic machte in der Vorbereitung öffentlich klar, dass Schulz keine Zukunft mehr in Dortmund habe. Es werde mit allen Spielern „offen und ehrlich über ihre Situation und Perspektive“ gesprochen. „Auch Nico kennt seine Situation.“ (NEWS: BVB drängt Schulz zum Wechsel)
Spätestens da war klar: In der neuen Spielzeit wird Schulz bei der Borussia wohl keine Spielzeit mehr bekommen.
Karrierehoch im Sommer 2019
Wie aber kam es zu diesem beispiellosen Absturz eines Hoffnungsträgers?
Als er zum BVB wechselte, hatte Schulz gerade seine beste Bundesliga-Saison hinter sich. Für Hoffenheim absolvierte er 30 Ligaspiele, erzielte dabei ein Tor und legte sechs weitere Treffer auf.
In der Nationalmannschaft hatte er im September 2018 ebenfalls sein Debüt gefeiert und galt als kommender Außenverteidiger in der DFB-Elf. Zwölf Spiele mit dem Bundesadler auf der Brust bestritt er bis zu seinem Wechsel nach Dortmund - danach kam kein einziges mehr dazu.
Verletzungspech beschleunigt Absturz
In Dortmund kam er nie richtig in Tritt. Vier der ersten sieben Ligaspiele für den BVB verpasste er wegen einer Fußverletzung.
Danach kam er über die Rolle eines Ergänzungsspielers nicht hinaus. In der Rückrunde musste er erneut für fünf Spiele wegen einer Muskelverletzung pausieren, was die Premierensaison für Schwarz-Gelb endgültig zum Flop werden ließ.
Auch die zweite Spielzeit begann mehr als unglücklich. Erst ließ ihn eine Wadenverletzung den Saisonstart verpassen, danach setzte ihn ein Muskelfaserriss außer Gefecht. Erneut musste er in den ersten sieben Spielen fünfmal verletzt zuschauen und war für die Startelf früh aus dem Rennen.
14-mal saß er in jener Spielzeit 90 Minuten lang auf der Bank. Dem stehen lediglich 13 Bundesligaeinsätze gegenüber - nur sechs davon in der Startelf.
Die letzte Spielzeit war wieder eine Mischung aus Verletzungspausen, Ersatzbank und Tribüne.
Besonders bitter: In drei Jahren Dortmund konnte sich Schulz bei drei verschiedenen Trainern nicht durchsetzen. Im April bekam beim 6:1-Erfolg der Dortmunder gegen den VfL Wolfsburg sogar der erst 17-jährige Tom Rothe aus der A-Jugend den Vorzug vor Schulz.
Vielleicht der endgültige Beweis, dass Schulz und Dortmund nicht mehr die erhoffte Erfolgsstory werden würde, die sich alle Verantwortlichen 2019 versprochen hatten.
Transfer von Nico Schulz? Das wird schwierig
Nun geht es für den BVB nur noch darum, den Schaden so gering wie möglich zu halten.
Eine mögliche Ablöse dürfte sich jedoch in Grenzen halten. Interessenten sind aktuell keine in Sicht. Vor einigen Wochen wurde er mit Lazio Rom in Verbindung gebracht, Sportdirektor Igli Tare dementierte jedoch bei SPORT1. (ÜBERSICHT: Die fixen Transfers aller Bundesliga-Klubs)
Zudem wird die damalige Ablösesumme nicht ansatzweise wieder hereingeholt werden können. Sein Marktwert ist von damals 25 Millionen Euro auf laut transfermarkt.de aktuell vier Millionen abgestürzt.
Doch selbst diese Summe wird schon schwer zu erreichen sein - speziell seit dem drohenden Ärger rund um die Strafanzeige.
Schulz droht die Tribüne in Dortmund
Sollte Schulz nach Ende der Transferperiode immer noch in Dortmund sein, wird er sich wahrscheinlich auf der Tribüne wiederfinden.
Bereits nach dem Spiel gegen Freiburg (Bundesliga: SC Freiburg - Borussia Dortmund, Freitag ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) ist laut der Bild geplant, dass Schulz am Samstag in Dortmund mit den Reservisten trainiert.
In der Hierarchie der Linksverteidiger ist er jedoch hinter Raphael Guerreiro und den beiden Youngstern Rothe und Prince Aning nur noch die Nummer vier. Die Rolle des Backups wird ihm zugetraut, sollte auf der Position des Linksverteidigers Not am Mann sein.
Ein Luxus, der den BVB nur für diese eine Saison sieben Millionen Euro kosten würde.