Auf den Stadionsprecher hörte in diesen Augenblicken niemand mehr.
VfB-Ekstase: „Fritzle lag auf mir“
Der hatte die Fans des VfB Stuttgart nach dem Schlusspfiff gebeten, doch bitte nicht den Innenraum zu betreten - vergeblich. Nach einem Finale, das an Dramatik kaum noch zu überbieten war, strömten die VfB-Fans auf den Rasen. Sie wollten diese unglaublichen Momente und Emotionen mit ihrer Mannschaft gemeinsam feiern.
Borna Sosa konnte sich kaum aus den Umarmungen der Fans befreien, Sasa Kalajdzic wurde von den Menschenmassen umringt und auf Händen getragen. In Windeseile war der Rasen der Mercedes-Benz Arena nicht mehr zu sehen. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
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Fans stürmen Spielfeld - VfB-Boss mit skurrilem Interview
Die Bilder ließen erahnen, wie dramatisch es in den Schlussminuten des 34. Bundesliga-Spieltages zugegangen war. Rund zehn Minuten vor dem Ende sah es nicht danach aus, als würde Stuttgart der Relegation noch entgehen können.
Doch erst erzielte Youssoufa Moukoko in Dortmund das 2:1 für den BVB gegen Hertha BSC, wenige Minuten später ließ Wataru Endo im Schwabenland alle Dämme brechen. Sein Kopfballtreffer in der Nachspielzeit zum 2:1-Sieg sorgte für das zwischenzeitlich nicht mehr möglich gehaltene Happy End einer schwierigen Stuttgarter Saison.
Wenige Augenblicke nach Schlusspfiff war das Stuttgarter Stadion bereits zur Partymeile verkommen. Fans belagerten das Spielfeld, nahmen Stücke des Rasens als Andenken mit. Das Tor diente als Sitzfläche - sehr zum Leidwesen des Gestänges, das sich doch stark durchbog. Spieler und Verantwortliche der Stuttgarter verschwanden in den Menschenmassen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Nicht nur die Fans wurden nach dem Last-Minute-Drama von ihren Emotionen übermannt. Auch Vorstandsboss Alexander Wehrle zeigte sich nach dem Spiel überwältigt - und sorgte so für ein skurriles Interview.
„Wir hatten vorhin noch die 92er-Mannschaft da. Wir haben noch gesagt: Damals in der 86. Minute Guido Buchwald zum entscheidenden Treffer (zur Meisterschaft 1992), und heute …“ Plötzlich fing Wehrle an zu schreien und fiel Sky-Moderator Patrick Wasserziehr um den Hals.
Als er sich wieder gefangen hatte, ergänzte der ehemalige Köln-Boss: „Natürlich war nach dem Punkt in München das Momentum für uns. Natürlich haben wir daran geglaubt. Im Spiel müssen wir das 2:0, 3:0 machen, und dann …“. Wieder fiel er Wasserziehr schreiend um den Hals und verschwand.
Matarazzo vergisst Siegtorschützen
Auch Siegtorschütze Endo, der in der ersten Hälfte noch zwei Großchancen liegengelassen hatte, zeigte sich ergriffen von seinen Emotionen. „Ich konnte es nicht glauben. Wir wussten, dass jemand treffen musste. Das war dann ich. Unglaublich“, erklärte er. Es sei der schönste Augenblick seiner bisherigen Karriere gewesen.
Als dann Matarazzo ans Mikro trat, waren seine Spieler bereits in die Kabine verschwunden - und feierten dort ausgelassen weiter. „Ich brauche nicht mehr denken. Ich habe so einen Schädel nach so viel Schreien“, verriet der Stuttgart-Coach.
Der Moment des Siegtreffers sei Ekstase gewesen, erklärte er - und machte dann ein kurioses Geständnis. „Ich weiß gar nicht mehr, wer das Tor geschossen hat. Ich weiß nicht mehr, was passiert ist. Ich sehe auf einmal nur, dass Fritzle (das Stuttgart-Maskottchen, Amn. d. Red.) auf mir liegt.“ Es sei schöner Moment für alle Spieler, für alle Fans und alle, die Teil des VfB seien, gewesen.
Party-Marathon angekündigt
Nach der zwischenzeitlichen Führung der Berliner sei die Stimmung bei den Stuttgartern etwas bedrückt gewesen. „Die Jungs haben sicherlich auch das Ergebnis (aus Dortmund) mitbekommen und nicht so die Energie mit hineingebracht“, sagte Matarazzo und ergänzte: „Mit jedem Tor, das Dortmund schoss, hatten die Spieler mehr Mut gehabt. Es war ein absolutes Willenstor zum Schluss. Ich freue mich sehr für die Jungs.“
Was ihm dieser spezielle Moment bedeute, beschrieb Matarazzo so: „Einen Moment wie heute vergisst man nie - sein ganzes Leben lang.“ (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Sein T-Shirt, mit dem er zum Interview erschien, sei übrigens nicht aufgrund von Schweiß komplett durchnässt. „Waldi (Waldemar Anton, Anm. d. Red) hat mit einer Flasche Champagner herumgespritzt.“ Es sei in der Kabine extrem laut gewesen.
Die Spieler tanzten in der Kabine auf Bänken und Tischen, jubelten, lachten, sangen, grölten. Und sie werden damit vermutlich noch den ganzen Abend weiter machen. Matarazzo kündigte eine „Aprés-Party“ im Stadion an. Danach werde mit der Mannschaft an einem anderen Ort weitergefeiert.
Es dürfte eine lange Nacht werden.