Zum zehnten Mal in Folge hat sich der FC Bayern in der abgelaufenen Bundesligasaison den Meistertitel gesichert. Von ungefähr kommt die Dominanz des Rekordmeisters nach Meinung von Ex-Coach Jürgen Klinsmann nicht. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Klinsmann: FCB reißt Gegnern Stücke raus
„Natürlich haben die Bayern eine enorme Qualität, aber sie haben auch den Wettbewerbsvorteil, den Konkurrenten immer schädigen zu können, indem sie denen, die ihnen zu nahe kommen, wichtige Stücke herausreißen. Das ist seit 40 Jahren so“, erklärte er im Interview mit der Rheinischen Post.
Klinsmann ergänzte: „Den Konkurrenten fehlt aber auch die letzte Entschlossenheit. Es wäre wichtig, dass Borussia Dortmund, RB Leipzig oder Leverkusen mehr Konstanz und mehr Mut haben im Wettbewerb mit den Bayern. Es ist viel Kopfsache. Auch da sind die Bayern im Vorteil. Sie haben sich die Selbstverständlichkeit, vorn wegzugehen, über Jahrzehnte erarbeitet.“
Klinsmann: Premier League einen Schritt voraus
In der Champions League lief es für den FCB mit dem unerwarteten Aus gegen Villarreal derweil nicht so gut. Ohnehin hat die Bundesliga in der Königsklasse in der zurückliegenden Spielzeit nicht unbedingt einen Fußabdruck hinterlassen.
Nach Meinung von Klinsmann tun sich die Vereine hierzulande – genau wie in Italien und Spanien – im Vergleich zur Premier League schwer.
„Die Premier League hat eine unglaubliche Dynamik, in ihrer DNA ist so viel Energie. Wenn man von der Bundesliga auf ein Premier-League-Spiel wechselt, ist das, also ob man einen Gang höher schaltet. Das ist nicht nur mit Geld zu erklären. Es ist auch ein kulturelles Phänomen. Der Rhythmus, in dem in England gespielt wird, der hohe Stellenwert jedes Wettbewerbs. Da wird einfach seit über 30 Jahren tolle Arbeit gemacht.“
Hertha-Abstieg wäre „Katastrophe“ gewesen
Bei seinem Ex-Klub Hertha BSC lief es in den vergangenen Jahren dagegen nicht wirklich rund. Nur knapp konnten die Berliner in der Relegation gegen den HSV den Abstieg verhindern. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
„Für die Hertha wäre der Abstieg eine Katastrophe gewesen, bei all dem finanziellen Aufwand, der betrieben wird. Dass er vermieden wurde, ist gut, aber das darf nicht über alles andere hinwegtäuschen“, meint der 57-Jährige.
Blickt Klinsmann auf die Berliner, kommen ihm bei der Frage nach Verbesserungspotenzial unzählige Dinge in den Sinn: „Die Zusammenstellung des Teams, das Zwischenmenschliche, die Energie im Klub, die Verantwortlichkeiten, die Rolle der Gremien – es muss alles passen.“
Rückkehr in die Bundesliga unwahrscheinlich
Eine Sache stört den früheren Trainer aber ganz besonders. „Für die Hertha wäre es wichtig, dass endlich ein echtes Fußball-Stadion kommt, im Olympiastadion fängt Hertha die Saison mit minus zehn bis 15 Punkten an, weil es keine Heimspiel-Atmosphäre gibt.“
Nach seinen Stationen bei den Bayern und der Hertha kann sich Klinsmann ein erneutes Engagement in der Bundesliga übrigens nur schwer vorstellen.
„Ausschließen kann man im Fußball nichts, darum muss man für alles offen sein. Ich bin schon oft überrascht worden in meinem Leben, hätte nie gedacht, dass ich die USA übernehme oder bei der Hertha tätig werde. Aber es ist eher unwahrscheinlich, dass ich noch mal in der Bundesliga auftauche.“