Mit diesem Paukenschlag hatte nun wirklich keiner gerechnet, vor allem nicht Borussia Mönchengladbach!
Enthüllt: Darum sagte Favre ab
Eigentlich war die Trainernachfolge von Adi Hütter mehr oder weniger unter Dach und Fach: Lucien Favre hätte seine zweite Amtszeit antreten sollen, sagte der Borussia aber völlig überraschend ab – nach SPORT1-Informationen am Sonntag und nicht bereits vor circa zwei Wochen, wie teilweise berichtet wurde. (REAKTIONEN: Fans sauer auf Favre - und Gladbach)
Durchaus kurios: Die Verträge waren ausgehandelt, inklusive Favres Grundgehalt von 250.000 Euro, auch das Trainerteam bereits zusammengestellt. Treibende Kraft bei den Gesprächen war Präsident Rolf Königs, der den 64-Jährigen unbedingt zurückholen wollte. Mehrfach weilten die Bosse zu Gesprächen in der Schweiz, Favres Heimat. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Absage schwerer Schlag für Gladbach
„Natürlich haben wir uns mit Lucien Favre befasst“, sagte Sportdirektor Roland Virkus am Montag auf der Jahreshauptversammlung. „Glauben Sie mir, dass wir alles dafür getan haben. Lucien hat gesagt, er hat die Borussia im Herzen – aber er möchte nicht mehr in Deutschland arbeiten.“ Statt Aufbruchstimmung nach einer durchwachsenen Saison erlebten die Borussia-Mitglieder eine bittere Enttäuschung.
Doch woher rührt dieser Sinneswandel? Wie ist der Rückzieher von Favre zu erklären, der die Borussia bereits von 2011 bis 2015 – als er den fünfmaligen Deutschen Meister zuerst vor dem Abstieg rettete und dann in die Champions League führte – mit großem Erfolg trainiert hatte?
Wiederholungstäter Favre
Der Schweizer ist ein Wiederholungstäter.
Im Sommer 2021 waren sich Crystal Palace und Favre bereits über eine Zusammenarbeit einig, lediglich die Vertragsunterschrift fehlte, doch dann entschied er sich kurzfristig gegen ein Engagement bei den Londonern – auch weil er eine längere Auszeit vom Fußball brauche, hieß es seinerzeit.
Die hatte der Taktiktüftler seit seinem Aus bei Borussia Dortmund am 13. Dezember 2020 nun eigentlich, einem neuen Trainerjob scheint eigentlich nichts im Wege zu stehen. Trotzdem konnte er sich nicht zu einem Engagement bei Gladbach durchringen.
Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Sommer, Bensebaini, Stindl, Plea - wer geht noch?
Nach SPORT1-Informationen gab dem als Zögerer, Zweifler und Zauderer verschrienen Favre schlussendlich zu denken, dass der Borussia in Sachen Transfers finanziell die Hände gebunden, große Sprünge undenkbar sind – schließlich steht in Gladbach ein Umbruch an, einige Spieler werden dem Verein den Rücken kehren.
Auf Virkus und Co. wartet ein intensiver Transfersommer: In einem Jahr laufen zwölf Verträge aus, und da der Klub ablösefreie Wechsel 2023 verhindern will, dürfte der eine oder andere Stammspieler noch in diesem Sommer verkauft werden, um wichtige Einnahmen zu generieren.
Matthias Ginter ist bereits weg (ablösefrei zum SC Freiburg), zudem laufen 2023 u.a. die Verträge von Yann Sommer, Ramy Bensebaini, Jonas Hofmann, Lars Stindl, Christoph Kramer, Alassane Plea, Marcus Thuram und Breel Embolo aus. (ÜBERSICHT: Die fixen Transfers aller Bundesliga-Klubs)
Eine Herkulesaufgabe für den neuen Trainer, der eine schlagkräftige Mannschaft aufbauen muss! Womöglich eine, der sich Favre nicht gewachsen sah oder sich nicht stellen wollte, obwohl er von den Gladbach-Fans vehement gefordert wurde und verehrt wird wie einst Hennes Weisweiler.
Chaos-Abgang von Favre in Gladbach 2015
So merkwürdig nun seine Absage anmutet, so seltsam war auch sein Abgang 2015.
Nach sechs aufeinanderfolgenden Pflichtspielpleiten zum Saisonstart bot Favre am 20. September 2015 dem Gladbach-Präsidium seinen Rücktritt als Trainer an, der jedoch abgelehnt wurde. Kurz darauf veröffentlichte Favre eine Erklärung, in der er seinen sofortigen Rücktritt bekannt gab.
„Ich habe nicht mehr das Gefühl, der perfekte Trainer für Borussia Mönchengladbach zu sein“, teilte Favre damals mit. „Da muss ich ehrlich zu mir und meinen Partnern professionell sagen: Es geht um den Verein, um den Mythos Borussia! Ich muss diese Entscheidung für Borussia und die Zukunft treffen.“
- „Doppelpass on Tour“: Deutschlands beliebtester Fußballtalk geht auf große Deutschlandtour! Tourtermine und Tickets unter www.printyourticket.de/doppelpass oder unter der Ticket-Hotline (Tel. 06073 722740; Mo.-Fr., 10-15 Uhr)
Favre bisweilen zu stur?
Bei seinem Aus 2009 bei Hertha BSC soll neben einer sportlichen Krise, einer verfehlten Transferpolitik des Vereins auch das gestörte Verhältnis von Favre zur Mannschaft ein Grund für die Trennung gewesen sein. Auch bei Dortmund soll Favre nach und nach die Unterstützung der Mannschaft verloren haben.
Sturheit ist eines der Attribute, die Favre von seinen Kritikern zugeschrieben werden, auch fehlende Kommunikation stand immer wieder im Raum. Seine Befürworter sehen dagegen einen absoluten Fachmann sowie einen Menschen, der sich immer treu bleibt und nicht verbiegen lässt.
Für Gladbach kommt Favre nicht mehr in Frage, weshalb sich die Borussia wieder auf Trainersuche begeben muss. „Wir sind jetzt in diversen Gesprächen, endlich den passenden Trainer zu finden“, sagte Virkus. „Wir haben in den letzten Jahren keine guten Trainer-Entscheidungen getroffen. Diesmal wollen wir es besser machen.“
Nach SPORT1-Informationen sind der frühere BVB-Jugendtrainer Daniel Farke (zuletzt FK Krasnodar) und Manchester-City-Legende Vincent Kompany jetzt die Top-Kandidaten bei der Fohlenelf.