Es war eine bemerkenswerte Pressekonferenz mit einem Oliver Mintzlaff, wie er sich in der Öffentlichkeit noch nie gezeigt hat.
Wird RB das Image zum Verhängnis?
„Uns hat das hier auch alles betroffen. Uns hat das auch extremst beschäftigt. Und ich bin auch emotional angegriffen“, sagte der Geschäftsführer von RB Leipzig bei der Pressekonferenz vor dem Pokalspiel bei Hannover 96 (Mittwoch ab 17 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 und im Stream).
Er verteidigte sich auf hochemotionale Weise gegen die Kritik, die den Sachsen rund um das eigentlich anstehende Achtelfinale der Europa League gegen Spartak Moskau, zu dem es nun gar nicht kommen wird, entgegengeweht war - und hatte dabei sogar Tränen in den Augen.
„So kenne ich ihn eigentlich nicht“, sagt Guido Schäfer bei SPORT1 zu dem Auftritt, den er als „authentisch“ bewertet. Ex-Profi Schäfer ist RB-Experte und schreibt für die Leipziger Volkszeitung.
Doch warum wurde der starke Mann der Leipziger so emotional? Die Gründe sind vielschichtig.
Scharfe Kritik an RB Leipzig: Das ging der PK voraus
RB Leipzig geriet in die Kritik, weil der Klub in einer schwierigen Lage zunächst zurückhaltend agierte. Statt sich unmittelbar für einen Boykott der Partie gegen Moskau auszusprechen, hielt RB die Füße still. Das sorgte für Unmut bei einigen Fußball-Fans.
Am Montag schloss dann die UEFA alle Mannschaften aus Russland von ihren Wettbewerben aus. Eine Reaktion auf den Angriffskrieg der Russen in der Ukraine. Die Folge: Leipzig steht kampflos im Viertelfinale der Europa League. (Russlands Krieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf den Sport: Alle News im Liveticker)
Untätig war RB zuvor aber nicht geblieben, wie Mintzlaff erklärte. „Wir haben natürlich mit Aleksander Ceferin (Präsident der UEFA, Anm. d. Red.) gesprochen und gesagt: ‚Unter den Voraussetzungen können wir nicht spielen. Und wir bitten jetzt die UEFA, uns hier zu unterstützen.‘ Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätten wir natürlich auch selber unsere Entscheidung getroffen.“
Auch mit der DFL sei der Klub in Kontakt gewesen, verriet der 46-Jährige. Daher kann er die teils scharfe Kritik nicht nachvollziehen.
RB-Statement zur Europa League sorgt für Wirbel
Hinzu kam, dass RB auch ein Statement rund um das kampflose Weiterkommen in der Europa League abgegeben hatte.
In diesem wurde eine Verurteilung der Ereignisse in der Ukraine zwar klar und deutlich kommuniziert, doch auch der sportliche Aspekt war prominent vertreten, da davon gesprochen wurde, dass sich die Leipziger als erste deutsche Mannschaft für das Viertelfinale im europäischen Wettbewerb qualifiziert haben. Auch das wurde kritisiert. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
„Oliver hat gesagt, dass ihnen das erste Statement verrutscht ist“, erklärt Schäfer: „Er hat recht. Den sportlichen Aspekt hätte man komplett weglassen können. Ansonsten glaube ich, dass sie sich in der Thematik nichts zu Schulden kommen lassen haben. Ich finde, dass das Prozedere in Ordnung war. Ich hätte die sportliche Note aus dem Statement herausgelassen.“
Wurde das Image von RB Leipzig zum Problem?
Mintzlaff vermutete aber eben auch, dass die Kritik auf die Marke und den Klub RB Leipzig abzielt. „Will ich damit das Klischee bedienen, dass RB Leipzig ja nur ein Konstrukt ist und nur Geld verdienen will? Und nur seine Marke pushen will? Da kann ich dann halt nur mit dem Kopf schütteln“, ärgerte sich der gebürtige Bonner.
Wurde RB also das allgemeine Image rund um den Investor Red Bull zum Verhängnis?
„Er war nicht wegen der Kritik an RB Leipzig so emotional bewegt, sondern weil uns die Gesamtgemengelage alle mitnimmt, auch ihn als so gewieften Manager“, glaubt Schäfer, sieht den von Mintzlaff angesprochenen Punkt aber ähnlich: „Es gibt Leute, die meinen, dass er sich selbst leidgetan habe. RB Leipzig kann es nie richtig machen. Wie sie es machen, ist es falsch.“
„Bei Leipzig sind sie unglaublich sensibel, wie über sie berichtet wird“, sagt der ehemalige Fußballer, der ab Ende der 1990er-Jahre fast ein Jahrzehnt bei Mainz 05 spielte. Einen Rat hat er für Mintzlaff und Co. parat: „Ich würde ihnen den Tipp geben, nicht jede Zeile zu lesen und sich darauf zu stürzen. Da wäre weniger Lesen und sich Angucken mehr.“
Ist Mintzlaffs Kritik an den Medien gerechtfertigt?
Einen Tipp hatte auch Mintzlaff parat - und zwar für die Medien im Allgemeinen.
„Wenn ich Journalist wäre, hätte ich mal gefragt: Warum findet dann überhaupt noch ein Fußballspiel statt, wenn Krieg ist? Das ist doch mal die Frage“, sagte er: „Warum findet dies statt und jenes statt? Das sind doch mal Fragen, die könnten wir uns doch auch eher nochmal alle stellen. Ob wir in der jetzigen Situation überhaupt Fußballspiele spielen können?“
Schäfer glaubt nicht, dass eine Unterbrechung des Fußballs richtig wäre: „Die Zeichen, die gesetzt werden, sind gut. Ob das Wladimir Putin berührt, das weiß ich nicht. Er hat es aber geschafft, die Weltgemeinschaft zusammenzukommen lassen. Es sind wichtige Zeichen, die in die Welt herausgehen. Daher würde ich schon sagen: Lasst den Ball weiter rollen!“