Drei Siege aus den vergangenen drei Spielen: Nach einer Hinserie zum Vergessen kommt RB Leipzig unter Neu-Coach Domenico Tedesco allmählich in die Spur.
Nagelsmann-Zoff? Angeliño packt aus
Das sieht auch Angeliño so, der im Video-Talk mit SPORT1 von Tedesco schwärmt, Kritik am Spielstil von Ex-Trainer Jesse Marsch übt und mit Blick auf das Auswärtsspiel beim Tabellenführer FC Bayern selbstbewusst ankündigt: „Wir fahren nach München, um zu gewinnen.“ (Bundesliga: FC Bayern - RB Leipzig am Samstag ab 18.30 Uhr im TICKER)
Der 25-jährige Spanier macht zudem klar, warum er trotz seiner Nicht-Nominierung für das Pokalfinale in der vergangenen Saison kein Problem mit Julian Nagelsmann hat, was der in München schwächelnde Marcel Sabitzer braucht und wo er gerne in Zukunft spielen würde.
SPORT1: Angeliño, am Samstag geht es zum Topspiel nach München. Ihre Bilanz gegen den FC Bayern: zwei Unentschieden, eine Niederlage. Was muss passieren, damit es diesmal mit dem ersten Sieg klappt?
Angeliño: Das ist im Prinzip ganz simpel: Wir dürfen keine Fehler machen und müssen versuchen, ihre Schwächen zu nutzen und ihre Stärken zu minimieren. Wir sind gut drauf, der Trainerwechsel hat uns sehr gutgetan. Wir spielen viel besser als noch vor ein paar Monaten, es läuft sehr positiv für uns. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
SPORT1: Die Bayern sind trotzdem 18 Punkte vor Ihnen. Was sind die Gründe dafür?
Angeliño: Mit den Spielern und auch den finanziellen Möglichkeiten, die sie haben, sind sie schwierig zu schlagen. Sie sind eine gute Mannschaft, das zeigen sie seit mehreren Jahren. Aber wir sind ebenfalls eine gute Mannschaft und wir fahren nach München, um zu gewinnen. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Angeliño: „Mit Tedesco genießen wir Fußball“
SPORT1: Sie haben schon den Trainerwechsel angesprochen. Was läuft unter Domenico Tedesco besser als unter Jesse Marsch?
Angeliño: In Sachen Spielstil ist es ein großer Unterschied. Mit Tedesco genießen wir den Fußball mehr, denn wir spielen wieder so, wie es uns gefällt: Zwar immer noch aggressiv, schnell nach vorne, mit Pressing – aber auch mit dem Ball, mit viel Kontrolle. Nicht mehr wie beim Basketball, wo es ständig hoch und runter geht. Das Spiel auch mal zu kontrollieren, liegt uns eindeutig besser.
SPORT1: Klingt so, als seien Sie nicht besonders gut auf Marsch zu sprechen. Gab es persönliche Probleme zwischen der Mannschaft und ihm?
Angeliño: Nein, überhaupt nicht, es war eine Frage des Systems, der Spielidee. Es war sehr schwierig für uns als Mannschaft, uns dem Ganzen anzupassen. Wir haben nicht funktioniert. Ich bin mit dem neuen Trainer sehr zufrieden.
Angeliño: „Kein schlechtes Verhältnis“ zu Marsch
SPORT1: Wie kamen Sie denn mit Marsch klar?
Angeliño: Wir hatten kein schlechtes Verhältnis, nur unterschiedliche Denkweisen. Jede Denkweise ist zu respektieren, vor allem die des Trainers. Und es ist ja auch nicht so, dass wir es nicht versucht hätten. Wir haben alles gegeben, am Ende hat es nicht sein sollen. Abseits des Platzes hatte ich auf jeden Fall ein gutes Verhältnis zu ihm. Aber am Ende ist auch klar: Jeder will, dass wir erfolgreichen Fußball spielen, unsere Spiele gewinnen, Spaß haben. Natürlich finde ich es schade für ihn, dass es nicht geklappt hat. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
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SPORT1: Wie ist Tedesco als Trainer?
Angeliño: Er behandelt uns super, ich finde seinen Umgang mit uns perfekt. Andere Trainer lassen dich mehr oder weniger ein bisschen links liegen, suchen nicht das Gespräch. Er macht es sehr gut. Ich bin sehr glücklich, die anderen Spieler auch. Er ist sehr klar mit uns allen, spricht die Dinge direkt an. Und es funktioniert sehr gut.
Angeliño: Silva ohne schuld am schwachen Start
SPORT1: Unter Tedesco scheint auch Star-Neuzugang André Silva endlich in Form zu kommen. Warum hatte der Portugiese Startschwierigkeiten?
Angeliño: Wir sind schlecht in die Saison gestartet. Das lag nicht an ihm. Wir haben ihn nicht in die Abschlusssituationen gebracht, in die man ihn bringen muss. Wir haben einen anderen Fußball gespielt, der nicht wirklich zu ihm passte. Jetztkommt er häufiger zu Torchancen und macht auch seine Tore. Das ist gut, denn damit hilft er uns.
SPORT1: In welcher Rolle fühlen Sie sich wohler: Etwas offensiver, so wie derzeit unter Tedesco, oder als defensiver Linksverteidiger?
Angeliño: Ich mag es, offensiv zu spielen, Chancen zu kreieren. Die Position, auf der ich in den vergangenen Monaten spielte, fühlte sich für mich so an, als würde ich zwar irgendwie da sein, aber nicht richtig eingebunden sein. Ich hatte kaum den Ball. Jetzt ist es zum Glück anders.
SPORT1: Welchen Linksverteidigern eifern Sie nach?
Angeliño: Meine großen Vorbilder sind bis heute Roberto Carlos und Marcelo. Ihnen habe ich am liebsten zugeschaut, weil sie ihre Rollen sehr offensiv interpretiert haben.
Angeliño will in die Champions League
SPORT1: Welche Ziele haben Sie für den Rest der Saison?
Angeliño: Wir wollen uns als Mannschaft weiter verbessern. Wir haben jetzt eine große Chance im DFB-Pokal und freuen uns auf die sehr schwierige Aufgabe in der Europa League (gegen Real Sociedad; Anm. d. Red.). In der Liga ist die Marschroute klar: Wir müssen die Champions-League-Plätze erreichen.
SPORT1: Das Aufeinandertreffen mit den Bayern ist auch ein Aufeinandertreffen mit Julian Nagelsmann, Dayot Upamecano und Marcel Sabitzer. Fehlen sie Ihnen?
Angeliño: Klar vermisst du so einen Trainer und solche Spieler. Ich habe mich mit ihnen allen sehr gut verstanden und freue mich, sie wieder zu sehen.
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SPORT1: Wie erklären Sie sich, dass ein Spieler wie Sabitzer bei den Bayern überhaupt nicht auf sein Top-Niveau gelangt?
Angeliño: Spieler wie er fühlen sich nur wohl, wenn sie kontinuierlich spielen und auch mal Fehler machen dürfen, ohne danach auf der Bank zu landen. Für mich ist es bei Sabitzer eindeutig eine Frage der Spielpraxis. Mir geht es ähnlich: Wenn ich nicht regelmäßig spiele, kann ich auch nicht meine Bestform erreichen.
Angeliño: So lief das mit Nagelsmann
SPORT1: Zwischen Nagelsmann und Ihnen gab es am Ende der vergangenen Saison einen kleinen Zwist. Ihre Nicht-Nominierung für das DFB-Pokalfinale sorgte für Verwirrung. Nagelsmann sprach von einer Verletzung, Sie hingegen meldeten sich fit. Können Sie das aufklären?
Angeliño: Ich war in der Phase verletzt. Viele haben es anders aufgenommen, aber das ist die Wahrheit. Es war allerdings kein großes Ding. Zwei oder drei Tage vor dem Finale hatte ich wieder Probleme an demselben Muskel, an dem ich schon zuvor verletzt war. Am Ende traf der Trainer die Entscheidung, mich nicht mit in den Kader zu nehmen. Ich hätte spielen können, aber das Risiko war da, dass ich mich schwer an diesem Muskel verletze. Ich bin jemand, der immer spielen will. Ich wollte dabei sein, das war ein Finale und da waren mir die Schmerzen egal.
SPORT1: Wie blicken Sie heute auf Nagelsmanns Entscheidung, auf Sie zu verzichten?
Angeliño: Im Nachhinein muss ich sagen, dass es das Beste für mich war, denn so konnte ich mich von der Verletzung erholen. Klar ist es schade, wenn du bei einem solchen Spiel nicht dabei sein kannst. Aber ich habe mit ihm überhaupt kein Problem. Wir haben direkt nach dem Spiel miteinander gesprochen, da gab es keine Auseinandersetzung oder so. Alles gut. Ich habe mich immer sehr gut mit ihm verstanden.
Angeliño sieht Parallelen zu Sabitzer
SPORT1: Wie tickt Nagelsmann als Trainer? Sehen Sie Parallelen zwischen ihm und Ihrem früheren Coach Pep Guardiola?
Angeliño: Ja, mit Julian und Pep war es ähnlich wie jetzt mit Tedesco. Du genießt den Fußball, weil du mehr den Ball hast und nicht irgendwelche Sachen versuchst, die nicht zur Mannschaft passen. Mit solchen Trainern hast du einfach viel Spaß.
SPORT1: Dennoch haben Sie keine allzu guten Erinnerungen an Ihre Zusammenarbeit mit Guardiola. Er ließ Sie bei Manchester City kaum zum Zug kommen.
Angeliño: Ich war bereit zu spielen. Die Situation kann man mit der von Sabitzer bei Bayern vergleichen. Es geht um regelmäßige Spielzeit. Die hatte ich nicht. Meine Saisonvorbereitung war auch damals nicht besonders gut, aber aus meiner Sicht war ich bereit für Einsätze. Zum Glück kam dann der Anruf von Julian. Er hat sich mit Pep über mich ausgetauscht und sofort auf mich gesetzt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Mit dem Wechsel nach Leipzig konnte ich in meiner Entwicklung definitiv einen Schritt nach vorne machen.
Angeliño „zerbricht nicht“ wegen Nationalmannschaft
SPORT1: Vor zwei Jahren wechselten Sie zu RB. Seither sind Sie Stammspieler, zeigen gute Leistungen. Trotzdem sind Sie bei der spanischen Nationalmannschaft kein Thema. Warum?
Angeliño: Es stimmt, dass ich bisher noch nicht nominiert wurde. Aber das zerbricht mir nicht den Kopf. Ich bin glücklich, hier in Leipzig zu spielen und meine Freizeit mit meinem Sohn zu genießen. Und das ist ehrlich gesagt das Allerschönste.
SPORT1: Sind Leipzig und die Bundesliga zu „klein“, um aufzufallen?
Angeliño: Es mag schon sein, dass der Fokus in Spanien vielleicht nicht so auf der Bundesliga liegt wie auf der Premier League oder der spanischen Liga. Aber so ist es halt. Ich bin jetzt hier, arbeite hart, und wenn irgendwann der Anruf kommt, super. Aber wenn nicht, dann ist es so, dann arbeite ich trotzdem weiter und genieße den Fußball weiterhin.
Angeliño hat Traumverein in Spanien
SPORT1: Spanischen Medienberichten zufolge stehen Sie auf dem Zettel mehrerer Top-Klubs aus La Liga. Würden Sie eines Tages gerne in Ihrer Heimat spielen?
Angeliño: Irgendwann ja, das wäre eine schöne Sache. Ich bin hier sehr zufrieden, aber natürlich würde ich eines Tages gerne nach Spanien zurückkehren.
SPORT1: Haben Sie einen Traumverein in Spanien? Real? Barça?
Angeliño: Ich habe immer gesagt, dass ich wieder für meinen Heimatverein Depor (Deportivo La Coruña; Anm. d. Red.) auflaufen möchte. Ja, dort werde ich eines Tages spielen!